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Todd und Geufel sitzen wie jeden Freitag mit den Kleinen am Ufer des Flusses und schauen Leichen beim Vorbeitreiben zu.

Geufel: Ich bin der Geist, der stets verneint.

Beelze: Konkrete Negation. Zuhören. Verstehen. Kritisieren.

Hades: Stimmt ja gar nicht!

(Sie gackern.)

Geufel: Und das mit Recht, denn alles, was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht.

Vladdy: Todd hat das ja so angelegt, dass es etwas mehr Materie als Antimaterie gab. Materie vernichtet Antimaterie, Antimaterie vernichtet Materie. Unentwegt. Unentwegt? Was ist denn das für ein Wort? Wo kommt das her? Wer hat mir das … ? Ich moniere das!

Lyllith: Das gibt es jetzt auch für Synapsen. Antisynapsen. Die kriegt man vom Bachelor.

Lucif: Den braucht man, wenn man bei der Bundeswehr Funker werden will. Aber so war das sicher nicht gemeint mit dem zugrunde Gehen. Ich hab seitdem immer Ohrwürmer.

Geufel: Drum besser wär’s, wenn nichts entstünde,

Lyllith: Yo, Nichts wäre da noch besser. Nichts macht nichts kaputt. Bachelor hat dem armen Lucif das Gehirn zerfickt. Und ich fürchte, dem armen Vladdy auch.

Geufel: So ist denn alles, was ihr Sünde, Verderben, kurz "das Böse" nennt, …

Hades: Genau. Moral. Wir sind die Guten. Die anderen sind die Bösen. Das Andere ist immer das Böse. Das, was nicht dazugehört.

Beelze: Das Nichtidentische. Das muss weg. Ausgemerzt. Wir sind das Antiandere. Die oder wir.

Geufel: … mein eigentliches Element.

Todd: Ich find’s toll. Wir hätten es vielleicht nicht an diesen Goethe verschwenden sollen, der hat das doch gar nicht kapiert: Der war doch noch nicht so weit.

Geufel: Ich mochte ihn.

Todd: Er war so ein Arschloch.

Geufel: Das mochte ich ja gerade an ihm. Oder glaubst du vielleicht, mir hätte seine Lyrik gefallen?

Todd: "Gedichte sind bemalte Fensterscheiben."

Beide: Uäääh!

Lucif:
Ich bin der Geist, der stets verneint
und nicht bloß jedes zweite Wochenende.

Denn was zerstört gehört, wird weichen,
ob leise oder über Leichen,
ob "gut" du oder "böse" heißt,
dein Anti in den Schlund dich reißt.

Ich bin’s und komme dich jetzt holen,
drum sprich getrost noch ein Gebet.
In mir bleibt keine Spur von dir.

Deine Singularität

Geufel: Hübsch. Wem schenken wir das jetzt?

Lucif: Ach, gib’s dem säzzer, der nimmt alles.

 
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Ich hatte jüngst eine Phantasie, wie der Seargent vor die Redaktion tritt und fragt: "Was seid ihr?" und die Angesprochene zurückbrüllt: "Der Durchschnitt des Durchschnitts des Durchschnitts, Sir!" Funktioniert genauso in einer Parlamentsfraktion oder einem mittleren Management.

Einen kleinen Schritt zur Seite: Neulich schrieb wer in einem Magazin, Chatbots verlören "den Verstand", wenn sie zunehmend mit Inhalten von Chatbots angelernt würden. Das ist in mehreren Aspekten unsinnig: Auch der beste Chatbot hat keinen Verstand. Large Language Models sind keine KI. Und schließlich: Er spricht quasi von informationeller Sebstkontraktion. Inzucht. Degeneration. Echokammer. Das gilt allgemein und nicht speziell für Chatbots.

Mia san mia

Eine Weile kann ein Wesen überleben, das sich von den eigenen Exkrementen ernährt, aber eben nur kurz. Wo immer im engsten Kreis herumgevögelt wird, leidet das Genom. Wer nur mit seinesgleichen kommuniziert, verblödet. Es bedarf erstens des Inputs von außen und zweitens einer Struktur allgemeiner Regeln, Kriterien und Prozesse, um Erfahrungen zu machen, zu lernen und nicht bloß Überkommenes ideologisch zu verwalten.

Was unsere inzüchtige Durchschnitts- und Mittelschichtsblase anbetrifft, so hat sie sich nachgerade eingemauert. Einen fatalen Beitrag dazu liefert die Ablösung evidenzbasierter Wissenschaft durch Ideologie. Medienschaffende studieren Fächer der Geschmacksrichtung 'Kannkeinmathe' und palavern dort auf der Basis moralischer Prämissen. Das ist dasselbe Niveau wie das des frühen Mittelalters, mithin das niedrigste, das die Kulturgeschichte kennt.

Um schlau zu wirken, müssen deshalb Referenzen her. Diese müssen nur benannt werden, nicht verstanden. Je mehr, desto besser, und am besten solche mit unzweifelhaftem Ruf – die Heiligen der Pseudowissenschaft.

Inhalt wird überbewertet

In der Öffentlichkeit muss man eh nur so tun als ob – wenn überhaupt. Otto Rehagel konnte Goethe ebenso souverän falsch zitieren wie Björn Engholm, um kurz zu illustrieren, worum es geht. Wo niemand etwas kann und keiner wirklich etwas weiß, fällt es nicht groß auf, und selbst wenn mal ein Einäugiger daherkommt und den Stuss korrigiert, gilt der sofort als Genie, das zu kennen man als Auszeichnung begreift.

Sogar der DJV hat übrigens bemerkt, dass die Medienlandschaft eine Blase der Mittelschicht ist. Der Deutschlandfunk erkennt gar ein Problem der Repräsentanz im Bundestag und in einem Buch der Otto Brenner Stiftung beklagt eine Autorin das "Verschwinden der Arbeiterklasse aus den Medien".

Selbst diese Sternstunden der Selbsterkenntnis finden sich aber eingerahmt von satirefähigen Kollateralaussagen. So hält der DJV sein Logo ernsthaft in den Farben der ukrainischen Flagge und die Autorin der Otto Brenner Stiftung beklagt in einer Fußnote, das "Arbeiterkind Gerhard Schröder" sei ein "Gazprom- und Putin-Lobbyist." Das völlig kontext- und sinnfreie Bekenntnis fällt ihr gar nicht auf. Auch diese Fische wissen nicht, was Wasser ist. Das gibt es nur, wo die anderen es verschmutzen.

 
Das große Nebenthema vieler Beiträge haben wir uns diesmal vorgenommen. Wer vertraut wem wann warum, ist das eigentlich schlau und was heißt das eigentlich? Ist es vielleicht etwas ganz anderes? Auch interessant: Wieso reden die zwei Tünnesse am Ende schon wieder von "Wissenschaft"?

Keine Ahnung.

Bitte hier entlang!

Viel Spaß!

 
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§7 des "Paßgesetztes" ist nicht neu und war schon immer ein sehr bedenkliches Vehikel zur Durchsetzung angeblichen Rechts. Der Inhalt könnte Gegner des autoritären Staates verunsichern:

"Der Paß ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, daß der Paßbewerber […] die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet."

Das ist solcher Gummi, das kann, wie wir aus Erfahrung wissen, am Ende alles sein, was ein Dienst® dafür erklärt und von seinen Law-und-Order-Parlamentariern so beschließen lässt. Das Gesetz ist durchaus reformbedürftig, schon weil das Sammelsurium an Gründen für "Paßversagen" nicht nachvollziehbar ist. Dass es aber zu einem weiteren Instrument willkürlicher Unterdrückung werden soll, ist kein Reformansatz.

Die armen Kinder!

Schon merkwürdig, wie in einer Anhörung um die Änderung des Passgesetzes für Kinder eine Expertin (die etwas von "immanent wichtig" salbadert, was schlau klingt, aber Unsinn ist) um die Ecke kommt und den Grusel vom Kinderschänder erzählt, der nur ins Ausland will, weil er einer ist und dort tun will, was er eben tun will.

Hier treffen sich die beiden Enden einer von jeglichem Verstand befreiten Kultur der Gesetzgebung: Zuerst kommt der Kinderschänder und in seinem Schatten, wenn das Verbot gegen das Schlimmste des Schlimmsten dann durch ist, werden am Ende schwerste Straftaten wie Schwarzfahren oder Gedankenverbrechen geahndet.


Gedankenverbrecher

Und da preschen sie jetzt vor, unsere Freiheitlichen von FDP und Grünen, als müssten sie beweisen, dass sie rechter sind als die Radikalen, und stellen fest:

"Denn bei einer Teilnahme an extremistischen Veranstaltungen im Ausland, deren Inhalte der freiheitlich demokratischen Grundordnung zuwiderlaufen, ist eine Gefährdung des internationalen Ansehens der Bundesrepublik Deutschland und damit eines sonstigen erheblichen Belangs anzunehmen.

Das klassische Gedankenverbrechen als Kriterium für einen ideologischen Schaden am heiligen Staat. "Gefährdung des Ansehens"! Es könnte also sein, dass irgendwer schlecht vom obrigkeitlichen Deutschland denkt, worin die hinreichende Begründung dafür gegeben ist, Bürgerrechte zu entziehen. Und was "extremistisch" ist, bestimmen hier amtlich die stolzen Nachfolger von Gehlens Nazis in BND und Verfassungsschutz. Wie gut nur, dass das keine Kommunisten sind!

Update: Ergänzend wird Folgendes künftig extremistisch sein:
"demokratisch gewählte Repräsentanten des Staates verächtlich machen" und
"staatlichen Institutionen und ihren Vertretern die Legitimität absprechen".

Dafür hat das BfV "den Phänomenbereich „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ eingerichtet."
Sie maßen sich jetzt die Entscheidung darüber an, welche Kritik "legitim" ist und welche nicht. Das sind ja genau die Richtigen dafür.

 
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Was ist das nur für ein Mensch, dieser Ossi, der sich nach 33 Jahren noch immer nicht anpassen will? Wieso hat er diesen Spirit verloren? Der Gesamtdeutsche hatte sich nach 33 doch auch ganz fix angepasst, und dann wieder nach 45.

Der Öffentliche Raum, eine Art Bläschenuniversum der best angepassten Mittelschichtsschwätzeria, sortiert das für uns ein wie immer: Die sind so. Die Russen, Muslime, Chinesen, Ossis; das ganze Pack halt, das ums Verrecken nicht in der Demokratie ankommen will. Der Ossi ist dabei besonders widerspenstig, hat man sie ihm doch direkt frei Haus geliefert. Da liegt sie nun herum und wird von ihm mit Füßen getreten.

Zusammenwuchs

Kein Geringerer als der Großintellektuelle Gauckler, einer der wenigen, die es von Ost nach West geschafft haben, hat das neulich einmal mehr bestätigt. Die Ossis wollen übers Zwischenreich ins Vierte geführt werden. Das Diktaturgen halt. Als protestantisch Heiliggeistlicher steht einer wie er über den Dingen – und mit beiden Beinen im Reich der Freiheit des Kapitalismus. D-Mark und Bananen, was will man denn noch mehr? Er versteht sie nicht, die Motzkis aus seiner Region.

Was ist passiert? Nun, die Angepassten West sonnen sich in dem Glück, sich an nichts Neues anpassen zu müssen. Aus ihrer Ur-Anpassung konnte also ein Reifeprozess stattfinden, hin zu weiteren 30 Jahren Überanpassung. Die wahre Einheit fand bei ihnen statt: Eine Front, von Schwarz bis Rot, America First und bloß nicht zu viel für die faulen Säcke!

Bei den Ossis lief das dumm: Deren Apasslinge waren das Allerletzte, zweibeinige Stacheldrahtmaurer und Schießbefehlshaber. Das musste zuerst weg. Da man nun keine Angepassten mehr hatte, die drüben® den Laden mit Anstand hätten schmeißen können, haben wir ihnen halt unsere geschickt, von Vogel und Biedenkopf bis Ramelow. Den Rest haben die Pfaffen besorgt.

Was man kriegt

Was bleibt dann noch? Ein paar Junge, die ihre Herkunft fix verleugnen vielleicht, und ansonsten ein ganz besonderer Mix: Leute, die sich dem Wertewesten so weit überanpassen, dass sie keinen der Ihren mehr kennen wollen. Das funktioniert am besten, in dem man Freunde, Verwandte und alte Wegbegleiter denunziert. Solche Leute können wir am besten brauchen. Oh wait …

Und warum, warum nur müssen die Restossis, die sozialistisch versaute und uneinsichtige Charge, eigentlich alles und jeden, was sich mit dem demokratischen Herrschen über sie redlich abmüht, jetzt dauernd als "Verräter" bezeichnen? Was haben wir ihnen nur getan?

 
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Was soll ich von Leuten halten, die weder Maple von Rosewood unterscheiden können, noch Alder von Ash? Einen Humbucker nicht von einem Single Coil? Oder solche, die den Unterschied zwischen Tiagra und Dura Ace nicht kennen oder den zwischen Apex und Red, Centaur und Super Record?

Es ist so einfach, etwas zu finden, was wer wissen oder tun muss, um dazuzugehören. Mit "tun" ist derweil durchaus auch gemeint, so tun, als ob. Sei dabei! Mach mit! Hier wir, dort die. Was da oben schon falsch war, ist die Illusion, Shimano, SRAM und Campa seien eine Peergroup. Ist ein Atari ein Commodore? Ein Mercedes ein BMW? Ein 3er ein 5er? Ein SLC ein SLK? Man kann spalten, bis jeder seine ganz eigene Zelle ist.

Das ist der Weg

Nun ist es natürlich besser, nur so weit zu vereinzeln bzw. zu spalten, dass noch Gruppen übrigbleiben, die man aufeinander hetzen kann. Obwohl … bei manchen ist es am besten, es bleiben keine drei Männekes mehr übrig, die sich auf irgendetwas einigen können. Was muss ich dafür tun?

Nun, ich mache einen Club auf und schleuse Leute in vorhandene ein, die erst einmal die bekannten Klischees bedienen, einen auf ganz laut machen und eventuell kompetentes Personal aus dem Weg räumen. Dann fange ich allmählich mit Neusprech an, der Untergruppen bezeichnet (Fundis, Realos, LG, Queer, Trans, LGBTQUKWWDRTK, Arbeiterbewegungs- und revolutionärer Marxismus, Dick und Doof, Plisch und Plum).

Alte Zöpfe

Schließlich rühre ich jeden Grundsatz der eroberten Peergroup so in meinen Kakao, dass Shakespeares Hexen sich in Orgasmen wälzen. Atomausstieg ist Laufzeitverlängerung, Klimaschutz ist Kohlekraft und LNG, Pazifismus heißt, die Ukraine muss Russland mithilfe der NATO besiegen, Sozialismus bedeutet Hartz IV. Hauptsache, das Design ist hübsch, die Sprüche locker und das Outfit cool. Dann klappt’s auch mit dem Humwee vorm Bioladen.

Wie konnte das nur passieren? Tzia, wenn man verwöhnten besserverdienenden Mittelschichtsgören das Terrain überlässt, das dreckige Malocher und Flintenweiber über die Jahrhunderte mühsam erobert haben, dann passiert sowas. Wenn man einen ganzen Kontinent im Rektum einer blutrünstigen Militärmaschine und ihrem Kapital versenkt, dann passiert das. Wenn man meint, das ließe sich versöhnen®, dann reißt es einem nämlich den Kopf ab.

 
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Kapitalismus zwingt zum Profit. Das allein genügt bereits, um immer wieder Krisen zu erzeugen, in denen sich absurde Verhältnisse bilden. Seine Anhänger und Hohepriester versuchen, das als "zyklisch" zu verbrämen, als sei es etwas Natürliches, das sich in einem Kreislauf selbst regelt. Wir kennen diesen Kreislauf: Es ist der von Krieg zu Krieg und von Elend zu Elend.

Eine Gesellschaft, eine Gesellschaftsform, die auf Kapitalismus beruht, wie der bürgerliche Staat, der ihn und die Eigentümer schützt, wird zwangsläufig umso korrupter, je länger sie stabil ist. Daraus folgt, dass der Schutz des Kapitalismus auf Kosten von Sinn und Verstand absurde Blüten treibt.

Korruption

Korruption wie aktuell in der EU, die wie die NATO zu einem Instrument des Imperiums geworden ist, wird kaum mehr wahrgenommen. Wer das weiß, ist schon abgestumpft, vor allem aber sorgen korrupte Medien als Symptom der Dekadenz dafür, dass solche Skandale für selbstverständlich genommen werden. Statt einer Debatte gibt es Glaubensbekenntnisse und Drohungen gegen Ketzer.

Eine Opposition gegen diese Verhältnisse kann erstens nicht funktionieren, wenn sie sich nicht gegen die Ursache – Kapitalismus – wendet und zweitens versucht, ausgerechnet die Institutionen um Besserung anzubetteln, die ja gerade für die stetige Verschlechterung sorgen. Am Beispiel Umweltschutz wird das aktuell sehr deutlich.

Wie gesagt, reicht schon der Zwang zum Profit allein, um solche Zustände hervorzubringen. Selbstverständlich aber nützen die großen Kapitale – wie Fluggesellschaften – ihre wirtschaftliche Macht aus, um ihre Interessen durchzusetzen. Legal, illegal, egal. So wurde u.a. auch die reformistische Umweltbewegung benutzt, um Profite zu sichern.

Fronten

Umweltstandards werden nicht gesetzt, damit irgendetwas besser wird, sondern, damit sich kleinere Konkurrenten deren Umsetzung nicht leisten können. Normen – für Sicherheit, Umwelt, Gesundheit et cetera – sind nichts anderes als Gelegenheiten, schwächere Konkurrenz aus dem Rennen zu klagen.

Wer etwas verändern will, muss sich daher zwangsläufig gegen das System als solches stellen. Erstens, weil es kapitalistisch ist, und zweitens, weil der Filz, der sich nach Jahrzehnten gebildet hat, undurchdringlich ist. Darum sieht hier eine Partei aus wie die andere, und alle labern dasselbe Zeugs: Sie sind reaktionär; sie verteidigen ein System, das nicht sinnvoll zu rechtfertigen ist.

Es gibt gar keine Alternative zu Revolutionen gegen solche Entwicklungen. Sie werden aber nie aus Überzeugung, sondern immer aus purer Not angezettelt. Ideologisch gibt es freilich immer das Vorgeplänkel, das gern die Form von Religionskriegen annimmt. Die Einen halten fest und markieren die Anderen als Ketzer und Diener des Bösen. Der Diskurs wird völlig irrational und weicht der Inquisition.
 

 
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Die dunkle Gestalt in der Mitte sitzt in einer Art Thron. Dieser ist drehbar und verfügt über diverse Knöpfe und Schaltvorrichtungen. Um sie herum liegen Gestalten im Staub, das Gesicht zur Erde gewendet. Die Gestalt fordert sie auf: "Erhebt euch auf die Knie!" Sie gehorchen.

"Musk, Bezos, ihr Versager! Was habt ihr beigetragen zu meinem Siegeszug? Still! Das war eine rhetorische Frage. Gates, Zuckerberg, Buffet, ihr Dumpfbacken! Wozu brauche ich euch noch? Und wo sind eigentlich Arnault und Ellison? Haben sich feige verkrochen, nehme ich an. Als wären sie irgendwo sicher vor mir!

Es gibt Buddha, Ganesha, Allah, Jehova und Jesus. Und es gibt Ghebreyesus. Vergesst die alten Götter! Vergesst all euren Reichtum! Ich bin es, der jetzt herrscht. Har har." Und so weiter und so fort, mutatis mutandis. Echt jetzt? Naja, irgendwas ist immer und irgendwelche Sprallos singen davon.

Dein Hass

Die von der anderen Seite mit ebenso einfachen Weltbildern haben ihre Klassiker, neulich einmal mehr aus den Tiefen der intellektuellen Diaspora heraufgeschwefelt: Videospiele! Killerdings! Da regierst du über die Köpfe deiner Untertanen hinweg, womöglich sogar glatt durch ihre Hälse, hältst sie arm und hoffnungslos, und schon machen sie Palaver. Das kann nur an diesen Aggrospielen liegen, die das arbeitslose Gesindel von morgens bis abends zockt.

Ich bin ja auch gegen diesen neumodischen Kram, also die Killerspiele. Wie alles im Kapitalismus werden sie immer sinnloser, verbraten immer mehr Ressourcen und verlieren dabei rasant an Qualität. Wozu brauche ich einen perfekt gerenderten Schatten unter dem Pickel auf der Nase eines Avatars, an dem ich vorbeirase, um ihn reflexhaft abzuknallen?

Ach ja, damit ich dauernd neue Hardware brauche, die ein Vermögen kostet und dann doch immer mehr Strom verbraucht. Früher, als alles besser war, gab es Quake und UT. Geile Maps, genügend Models, fantastische Atmosphäre. Niemand brauchte fucking Steam, Abos oder Leckerlis gegen Aufpreis. Und es hat schon dieselbe dumpfe Mordlust ausgelöst wie die teuren Varianten, die in den Jahren darauf folgten. Kann also weg, der Quatsch.

p.s.: Nur damit ihr nicht meint, ich wüsste nicht, wovon ich rede: Ich bin Experte.

 
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Neulich hielt ein Bekannter eine wütende Rede. Er fragte sich, was eigentlich passieren müsse, damit die Leute auf die Straße gehen. Vermutlich so ein Protestwähler (oder gar Nichtwähler), der gar nicht so recht weiß, wie er argumentieren soll und sich einfach "verarscht" fühlt. Es geht ihm nicht einmal schlecht.

Ich bin in solchen Situationen ein wenig hilflos. Das eine oder andere Beispiel könnte ich beisteuern, anhand dessen die "Verarschung" konkreter wird, aber was hilft es? So viele Geschichten, Details, verbogene Nachrichten, Beschwichtigungen über die alltägliche Korruption, kriecherische Medien und ein Leben wie in einem schlechten Film. Keine Lösung in Sicht. Die Ökonomisierung der Gesellschaft kann man nicht in einigen leicht verständlichen Sätzen artikulieren. Man kann sie gleichwohl mit großem Pomp leugnen und jede Opposition als Spinnerei von Radikalen abtun.

Mach mal Spaß

Ein Freund kritisierte mich für die Tendenz in meinem Blog, die täglichen Nachrichten nur zu kommentieren und mich über dies und das wohlformuliert zu echauffieren. Es sei doch besser, das alles durch den Kakao zu ziehen, und ich könne das doch.

Recht hat er insofern, als dass es wirksamer sein kann, die gekauften Büttel einer kranken Kultur ihrer ganzen Lächerlichkeit preiszugeben. Das ich das kann, wage ich nicht zu behaupten. Vielmehr komme ich mir oft vor wie die Schwachmaten, die immer noch von einem dopingfreien Radsport fabulieren.

Ich bin frustriert. Mühsam kontrolliere ich meine Wut, die zum Ausdruck zu bringen schlechterdings unmöglich ist. Was ich dabei sublimiere, führt immerhin gelegentlich zu guten Artikeln. Für gute Satire reicht es freilich nicht.

Früher war alles früher

Ich habe heute lange über eine Allegorie nachgedacht auf die zentrale Legende, "Wirtschaftswachstum" sei der Schlüssel, die Grundlage und überhaupt das Alpha und Omega für eine glückliche Gesellschaft. Ich habe mir vorgestellt, wie ein fetter König seinen ausgemergelten Untertanen eintrichtert, er müsse nur mehr zu essen bekommen, dann bleibe genug für alle übrig. Ist damit alles gesagt? Ist damit irgendetwas gesagt?

Dann war da dieser Film über den Vietnamkrieg und die kuschelige Erkenntnis der ewigen Wiederkehr. Alles nur dejá vu, was regen wir uns auf? Es ist doch nicht schlimmer geworden, im Gegenteil: In vergangenen Jahrhunderten war es noch viel schlimmer. Ich beginne, mich gedankenversunken zu rechtfertigen: In vergangenen Jahrhunderten konnte ich mich nicht wehren, heute strample ich ein bißsschen gegen den Wind.

18.07.2008

 
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Ich weiß, das ist so ein Thema, mit dem man vor allem in bestimmten Gruppen punktet. Zudem bin ich Dr. Evil of the Dark Side aka Alterweißermann®, wobei ich mir bei "alt" nicht ganz sicher bin, ist es doch noch mehr als eine Dekade bis zur Rente – sofern die nicht zur Asymptote wird, wir ihr wie Achilles der Schildkröte nachhecheln und das Rentenalter parallel zu unserem Lebensalter erhöht wird.

Selbst wenn ich versuchte, so ignorant zu sein wie die Genderer, es könnte mir ja gar nicht gelingen. Sie ignorieren alles und jeden in ihrem bornierten Eifer: Es beginnt schon damit, dass sie nicht kapiert haben, was das generische Maskulinum ist. Es hat nichts, gar nichts und überhaupt nichts mit Männlichkeit zu tun. Btw: "Maskulinum" – ein Neutrum zur Bezeichnung des 'Männlichen' – ja sind wir denn nur Gegenstände (Heulen, Jammern, Opferpose)?

Moralisch überlegen

Tausende Sprachwissenschaftler können es ihnen erklären, sie wollen es aber nicht verstehen und ersetzen Verstand durch vermeintliche moralische Überlegenheit. Es gibt für jeden Aspekt dieses Quatsches große Mehrheiten. Diese
– wollen nicht gendern
– finden das Thema unwichtig
– sind dagegen
– tun es selbst nicht und
– empfinden die Konstrukte als störend.

Dass Sprache sich natürlich entwickelt und eine über Jahrhunderte gewordene Gewohnheit ist, interessiert sie nicht. Dass ihre Schriftblockaden und Sprechstörungen uneinheitlich sind, interessiert sie nicht. Dass sie eine eher kleine Minderheit sind, interessiert sie nicht. Dass ihre Konstrukte inkonsistent, unsinnig und in der Praxis oft karikaturhaft sind, interessiert sie auch nicht. Es ist die geronnene Arroganz einer Sekte, die sich in Medien und Verlagen ausgebreitet hat, weil wir ihre Anhänger Irgendwasmitmedien® haben studieren lassen, ohne uns der verheerenden Konsequenzen gewahr zu werden.

Jedes Sternchen, jeder Doppelpunkt, jeder Unterstrich, jedes (eins, zwo, drei) "Innen" ist ein Schlag aufs Trommelfell, ein Nagel im Auge des Lesers. Es nervt nicht nur, es ist eine schlichte Beleidigung. Es sagt aus: Uns interessiert kein Sinn und kein Verstand und schon gar nicht das Interesse der Mehrheit. Wir sind doof wie Toast, aber wir haben diese Macht und halten daran fest, bis die Hölle zufriert.

Schluss mit lustig

Ich kriege Herpes, wenn ich euren Dumpfsinn lese. Ich lese nirgends zweimal, wo diese Praxis exekutiert wird. Ich durchleide Texte (wohlgemerkt in Massenmedien), die nur so strotzen vor Orthographie- und Interpunktionsmüll, von Inhalt fange ich mal gar nicht erst an, aber kreuzbrav wird da jede zweite Zeile durch Zeichen zernagelt, die dort nach den Regeln der Kunst und im Sinne eines flüssigen Lesens absolut. nicht. hingehören.

Und dann war da gestern diese Bandansage bei einer Behörde: "Sie werden mit dem nächsten Mitarbeitenden verbunden." Gerundium. Das hat eine Bedeutung, die hier nicht getroffen wird. Und dann aber noch "dem", mithin Maskulinum. Merkt ihr? Nein? War klar. Ihr merkt gar nichts. Vielleicht gibt es da draußen aber wenigstens eine Handvoll noch nicht ganz verlorener Halbhirne, die es schaffen, sich klarzumachen: Ihr tut damit nichts Gutes. Im Gegenteil.

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