geostrategie


 
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Anjatanja Borbeck und die aggressiven Kräfte des Wertewestens schämen sich nicht, in aller Welt von einer regelbasierten Ordnung® zu schwadronieren, sie permanent einzufordern und wiederholt militärische Drohungen damit zu verknüpfen.

Das Beste daran aber ist der Orwellsche Kern, denn sie benennen diese Regeln nicht. Diejenigen, die es längst gibt und ihre Institutionen – Völkerrecht, UNO und internationale Gerichtshöfe – werden von NATO und EU unterminiert oder gar nicht erst anerkannt. Wenn sie "Regeln" sagen, meinen sie nichts anderes als Willkür, und das haben die Staaten der Erde auch längst erkannt.

Taube Nüsse

Während der Westen derart die Diplomatie zu Grabe getragen hat und lässig die Beine übereinander schlägt, nimmt er nicht einmal zur Kenntnis, wenn es darauf die passende Antwort gibt. Die woken Antirassisten pfeifen auf alles, was nicht ihrem kulturell-politischen Imperialismus gehorcht, sprich: den wirtschaftlichen Interessen ihrer Führungsmacht.

Die Anderen halten sich derweil an Regeln, die niemand aufschreiben muss: Nichteinmischung in innere Angelegenheiten, Verantwortung für das je eigene Land, Kooperation zum gegenseitigen Vorteil, diplomatische Bemühungen bei abweichenden Interessen, Kompromisse. Selbst Kriegsgegner reden miteinander, so vernünftig sie es hinbekommen – siehe Indien und China.

Die da Regeln fordern, setzen sich eifrig über alles hinweg, halten es mit Folter, Mord und Krieg, wenn es ihnen passt, pfeifen aufs Völkerrecht, verhängen beliebig Sanktionen, lassen ganze Völker hungern und darben. Dabei erheben sie noch den Anspruch, alle müssten das mitmachen, und schicken folgerichtig ihre impertinentesten Eiferer um den Globus, die das krakeelend einfordern.

Daheim und unterwegs

Wer die internationale Presse liest, trifft auf Reaktionen von höflich formulierter Verwunderung bis offener Abscheu, umfassend jedenfalls und wenig überraschend auf deutliche Ablehnung. Die Außenpolitik des Wertewestens taugt zu keinem Dialog. Sie kennt daher auch nur mehr einen Modus: die Drohung.

Daheim wird das von willigen Lautsprechern journalistisch als Kampf für Freiheit und Menschenrechte verkauft. Gut, dass die so leicht verunsicherte Bevölkerung gleichzeitig vor den Desinformationskanälen der Feindsender geschützt wird.

 
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Seltsam. Ich habe einen Text aus September letzten Jahres gefunden, der offenbar hier nicht veröffentlicht wurde. Na dann holen wir das mal nach:

Wenn der Anti-Imperialismus der US-Regierung auf deutschen Antifaschismus trifft, der Hitler und Auschwitz überall in der Welt bekämpft, wird es blutig. Das war so im Jugoslawienkrieg, in dem der Grüne Kriegstreiber den Pazifismus beerdigte, indem er "Nie wieder Krieg" mit dem perversen Slogan "Nie wieder Auschwitz" neutralisierte, und es ist so, weil seine eifrige Nachfolgerin bis zum letzten Ukrainer im "Vernichtungskrieg" kämpfen will.

Allüberall finden der Wertewesten und seine deutschen Nazienkel Hitlers: Milosevic, Saddam, Assad, Putin, Xi – die Feinde des Westens sind Hitlers. Ihre Konflikte sind Vernichtungskriege, ihre Gefangenen sitzen in Konzentrationslagern, sie sind das inkarnierte Böse. Sie wollen die Welt unterwerfen und alles vernichten.

Der große Friedensplan

Der Wertewesten stemmt sich mit aller Macht dagegen, bringt Menschenrechte, das Gute und Kaugummi. Dafür plant er Sanktionen gegen das Böse und eine Zukunft für die Unterdrückten.

Der Siegeszug der Antifaschisten und Anti-Imperialisten hat aktuell einen weiteren wichtigen Aspekt zur Befreiung der Menschheit von allem Übel entdeckt: Der Wertewesten will für die Entkolonialisierung der Welt sorgen, wie sie durch Russland und China betrieben wird. Wie machen die das? Indem ihre Staaten existieren. Das soll sich ändern – selbstverständlich ohne dass sich irgendwer bedroht fühlen muss durch das Verteidigungsbündnis der Friedensbringer.

Ergänzend sind Konzepte in Vorbereitung, die endlich die Ausbeutung armer Nordamerikaner und Westeuropäer durch die Despotien Afrikas beenden. Auch Südamerika und Asien dürfen hier nicht aus dem Fokus geraten, sind hier doch reichlich Diktatoren am Ruder, die nur darauf warten, weitere Vernichtungskriege vom Zaun ihrer Konzentrationslager zu brechen. Wir Antifaschisten müssen in dieser schweren Zeit zusammenhalten, für eine endgültig befreite Welt.

 
ds

Vor 15 Jahren zündelte die NATO gerade an Russlands Grenze, damals war Georgien der Testballon. Im Unterschied zum aktuellen unprovozierten Angriffskrieg haben die Russen damals nicht lange gefackelt und den Brand gelöscht, ehe er so richtig in Fahrt kam.

Dabei haben sie ganz nebenbei die These ad absurdum geführt, sie wollten irgendwas wegen Reichsgründung annektieren. Oder gehört Georgien heute zu Russland? Nein, dazu musste die NATO hunderttausende Soldaten von ihrem Nützlichen Idioten Selenski opfern lassen, damit Russland diese Konsequenz zog, um die ukrainischen Russen vor dem nun NATO-geförderten Völkermord zu bewahren.

Freunde des Westens

2008: Die Bush-Administration versucht, mit olivgrünen Hilfsgütern “Vertrauen zu schaffen“, meint der “Focus”. Dass dahinter eine weitere irrwitzige Provokation der kalten Krieger aus der Bush-Truppe steckt, kommt ihnen nicht in den Sinn.

Hätten die Russen Humor, würden sie Kuba fix hochrüsten und sie animieren, in Puerto Rico einzumarschieren. Kost’ ja nix. Sicher hätten die westlichen Medien vollstes Verständnis dafür und würden eine Intervention der USA als brutalen Akt der Aggression brandmarken.

Derweil deutet sich eine Lösung des Georgien-Problems an. Saakaschwili verzichtet auf Abchasien und Südossetien, dafür bekommt sein stolzes Land einen neuen Namen und wird US-Bundesstaat. Georgewia ist damit automatisch in der NATO – und endlich sicher vor den russischen Kriegstreibern.

Schon damals wurde Russland mit einer NATO-Mitgliedschaft eines benachbarten Aggressors gedroht, fröhlich Gegenteiltag gespielt und die große Propagandatrommel gerührt. Georgien war dann wohl doch eine Nummer zu klein und Saakaschwili ein paar Umdrehungen zu irre. Die Fortsetzung gab es bekanntlich ab 2014 in der Ukraine.

 
ds

Quelle: Pixabay

Die sogenannte "Zeitenwende" ist nichts anderes als ein Religionskrieg des protestantischen Kapitalismus gegen den Rest der Welt. Es finden sich hier alle Aspekte eines Glaubenskriegs. Auf der einen Seite steht der alte Hegemon, der westliche Kapitalismus. Er ist somit das reaktionäre Element, im Gegensatz zur Zeit seiner Entstehung. Er ist aber durch seine ideologische Dichte gleichzeitig ein Hort des Eifers und des Fanatismus.

Im letzten großen Glaubenskrieg, 1618-1648, bot die aufkeimende Renaissance die Möglichkeit, dass sich hinter den fanatischen Kämpfen der Mythologen eine neue Rationalität entwickelte. Diese floss erst 200 Jahre später auch in Gesellschafts- und Staatskonzepte ein – um weitere 200 Jahre später mit der Dekadenz des Imperiums wieder zu zerfallen. Wo einst rational argumentiert wurde, zumal in den Parlamenten, herrschen wieder Fanatismus, Kriegsgeschrei und Clanwesen.

Fanatismus, Aggression

Das Feindbild ist wie in jedem Glaubenskrieg das Fremde, Andere. Dieses qualifiziert sich heute durch zwei Merkmale: Es organisiert sich nicht neoliberal-bürgerlich, vor allem aber steht es dem westlichen Kapital nicht zur Verfügung. Es verweigert sich den Strukturen von IWF, G7, EU und USA oder wurde als gefährliche Konkurrenz davon ausgeschlossen. Schlimmstenfalls wendet es sich vom Dollar ab.

An dieser Stelle steht dem Westen ein rationaler Diskurs nicht zur Verfügung, weil er sonst seinen ökonomischen Kern als einzig relevantes Kriterium für seine Politik und Geostrategie offenbaren müsste. Sein innerer Halt, die ideologische Beherrschung seiner Bürger, schließt das aber aus. Die Zwänge im Westen sind unsichtbar, weil sie den Einzelnen selbst auferlegt werden. Der Zwang ist so verinnerlicht oder monetarisiert, dass es keines ausdrücklichen Befehls bedarf. Wo aber Autorität noch sichtbar wird – bei der globalen Konkurrenz – wird das als Unfreiheit und 'Diktatur' markiert, die es zu bekämpfen gelte.

Während sich der Westen so immer fanatischer (und militanter) ideologisiert, haben die vermeintlichen Diktaturen im Rest der Welt gelernt, wie man lebt, leben lässt und kooperiert. Da die Restwelt von den alten Kolonialmächten inzwischen wirtschaftlich unabhängig wird, bleibt dem Westen nur mehr die Aggression oder der Niedergang. Dass Aggression das Mittel der Wahl ist, hängt auch mit der Zerstörung des Rationalen Diskurses zusammen und damit, dass der religiöse Kern nie überwunden wurde. Das bleibt noch immer eine große Aufgabe.

 
ds

Die Lügen der NATOpresse werden in den Redaktionen willenlos kopiert und eingefügt, vervielfältigt und verklappt. Das Maß an Ignoranz, das sie dafür an den Tag legen, ist eines von Orwellschen Dimensionen. Die Übersetzung von "ignorance" mit "Unwissen" reicht nicht ganz an den Sinn heran. Man muss schon die Wahrnehmung so filtern, dass man nichts mehr merkt. Ignoranz in Vollendung also.

Wovon redet der Mann schon wieder? Na zum Beispiel vom ersten Angriffskrieg in Europa® seit irgendwann, während der letzte noch immer schwelt und derzeit wieder in eine heiße Phase zu gehen droht. Wer erklärt den journalistischen Eselsmützen, was "Jugoslawien" heißt? Wer haut ihnen das Buch mit der jüngsten Geschichte um die Ohren?

Operation dies und das

Aber schon die Verengung "in Europa" ist ja der Propaganda unterste Schublade. Die NATO führt seit Jahrzehnten permanent Kriege. Was muss man eigentlich tun, um Afghanistan schon zu vergessen oder zu neutralisieren, weil es nicht in fucking Europa liegt? In Guantanamo sitzen immer noch Folterobjekte. Aber ich möchte heute einmal an eine Absurdität erinnern, die einem ins Gesicht und gleich durchs Hirn springt wie weiland die Protonen durch Anatoli Bugorski.

Der "War on Drugs" trug amerikanische Bomben und Granaten vor allen einmal quer durch Mittel- und Südamerika; Mexiko, Panama, Honduras, Kolumbien. Und während ein angeblicher Kampf gegen Kriminalität, der, im Ausland geführt, nichts anderes ist als ein Angriffskrieg, für jeden Blutdurst herhalten musste, verschob die CIA ihrerseits Tonnenweise Dope und finanzierte damit weitere illegale Interventionen. Das, meine Freunde, sind die Guten.

So, und was haben wir denn jetzt da im Amerikaland für ein Problem? Zigtausende sterben jedes Jahr an Opiaten. Die Sucht gab’s auf Rezept, die meisten Mittel dazu auch. Die Pharmaindustrie sagt danke, und jetzt übernimmt die Dunkle Seite. So sind sie, die Guten. Das ist ihre Legalität, das sind ihre Maßnahmen, das nennen sie "Frieden und Freiheit". Und bei der Tagesschau freuen wir uns aufs Wetter wie damals auf das "Gehet hin in Frieden".

 
ds

Wir haben Waffen geschickt. Wir haben mehr Waffen geschickt. Jetzt müssen wir unbedingt noch mehr Waffen schicken. Für den Sieg, für den Frieden, für die Freiheit, für die Kinder in der Ukraine. Wir müssen helfen. Mehr Waffen, die mehr Menschen töten – im Übrigen hauptsächlich auf der Seite derer, die sie abschießen. Das nennt ihr "Hilfe". Woher kenne ich noch gleich das Konzept?

Wenn die Todesstrafe keine Morde verhindert, brauchen wir mehr Todesurteile. Wenn Folter Terrorismus nicht eindämmt, muss mehr gefoltert werden. Wenn 'Härte' gegen Schuldige nicht hilft, muss sie gegen jeden Verdächtigen geübt werden. Christlicher Sadomasochismus und religiöse Allmachtsphantasien prägen die Atmosphäre aus Angst und Erregung.

Sadomasochismus

Daher rührt auch die Prüderie, die damit einhergeht. Sex ist Lustverlust. Die Spannung des Eifers steigt ins Unermessliche, wenn Triebabfuhr verboten ist. Der Blümchensex profitiert ebenso davon, weil alles nur noch geil ist. Ein Wunder, dass wir leben, wo der Tod überall lauert, wo der Kampf Gut gegen Böse ein ständiger Krieg ist, die wirren Hirne aufgeladen mit Phantasien von Gewalt und Untergang. Das Armageddon ist immer und überall.

Nun ist solcher Wahnsinn ein nettes Hobby; wenn damit aber Probleme bewältigt werden sollen, wird es wüst. Da Fanatismus keine Kompromisse zulässt, sucht sich das Schema Gut/Böse/Schuld/Sühne immer neue Opfer, die Einschläge des Bösen kommen dabei immer näher. Die Urheber dieses Wahns sind völlig unfähig, sich selbst als solche zu erkennen. Am Ende ist alles Feind, Tod, Vernichtung. "Last Man Standing" heißt das Spiel.

Endspiel

Genau so halten sie es auch mit dem Reichtum: Die reich sind, leisten etwas. Es ist ihr Geld, und selbst aus ihren toten kalten Händen wird es ihnen keiner nehmen außer den Erben ihrer Dynastie. Wer mehr hat, hat mehr verdient. Die protestantische, evangelische oder evangelikale Geschmacksrichtung des Schwachsinns hält das für gottgewollt. Gott kennt die Guten und belohnt sie.

Das ist das Schöne am Glauben: Er passt immer, denn was eigentlich nicht passt, ist dann halt eine Prüfung. Gut/Böse, Schwarz/Weiß. Der Hass, den sie damit säen, ist ansteckend. Ich stimme ihnen zu: Gebt ihnen mehr Waffen, gleich zu Weihnachten, und zwar allen, die keine Lumpenpazifisten sein wollen. Kämpft alle für unsere Freiheit, sonst nimmt der nächste Böse sich noch etwas, das ihm nicht gehört.

 
ds

Die atlantische Filterblase ist ein Phänomen: Sie bildet sich um ein Bedeutungsvakuum und besteht im Kern aus Neusprech und Buzzwordbingo. Der aktuelle Schlager heißt "Regelbasierte Ordnung". Was soll das sein?

Jede Ordnung besteht darin, eine Regelhaftigkeit zu sein. Sie grenzt sich gerade gegen das ab, wo ihre Regeln nicht gelten; das definiert sie. Wie fast immer, wenn der Große Bruder große Worte wählt, meint es eigentlich das Gegenteil. Es ist das mit großer Geste abgelegte Bekenntnis, hinter dem das Verbrechen an allem und jedem gedeiht. Als gäbe es keine Regeln oder Institutionen.

Die USA und ihre Vasallen haben aber die UNO missbraucht, die EU missbraucht, das Völkerrecht missbraucht. Aktuell missbrauchen sie mit der OSZE eine der wichtigsten Einrichtungen, die geschaffen wurden, um das Schlimmste zu verhindern. Was soll man erwarten von Leuten, die ihr eigenes Wahlsystem missbrauchen, es bis zur Unkenntlichkeit schänden? Regeln? Ordnung, ausgerechnet von denen, die Failed States hinterlassen, wo immer sie mit ihren Bomben den Frieden bringen?

Alles wieder gut

Die Propagandatechniken, die über den Atlantik wabern, sind wie so vieles der Herrschaftstechniken des Imperiums von den Nazis übernommen worden. Justiert wurde das durch Verquickung mit einem skurrilen Freiheitsversprechen, wo die Nazis auf totalen Zwang gesetzt haben. In der Krise tauchen die Zwänge wieder auf, aber das Instrumentarium fehlt. Man kann Uniformierte, die im Stechschritt durch die Straßen nageln, und offizielle Blockwarte nicht als Freiheit verkaufen.

Der Fehler in der Analyse liegt aber schon da, wo die Nazis nach 12 Jahren bereits am Ende waren. Auch die Militärstrategie wurde justiert durch den asymmetrischen Stellvertreter-Weltkrieg, den das Imperium gegen den Feind Russland aber komplett überreizt hat. "Regelbasierte Ordnung"? Sie haben weder noch. In der Phase des Verfalls versinken Imperien stets im Chaos. Dieses setzt ganz auf PR und schreibt einfach "Ordnung" auf die Ruinen. Jetzt nur noch feste dran glauben, dann wird alles wieder wie früher.

Alles? Nicht ganz. Im Zerfall werden die Vasallenstaaten erfahren, dass ihr williger Gehorsam einen Preis hat. Mit dem Hegemon wird man nicht mehr leben können; ohne ihn bleibt nur mehr die Rücksichtlosigkeit des neuen Militarismus bei einem extremen Auseinanderdriften der nationalen Interessen. Dann gehen womöglich auch aktuelle 'Freunde' wieder aufeinander los. Ganz wie früher.

 
ef

Das sieht doch gut aus. Diese Munition sollte allemal für ein paar Tage reichen. Wie ich lese, käme die Bundeswehr ja auch immerhin einige Stunden hin, bis ihre Reserven verballert wären. Dafür haben sie aber erstklassige Unternehmensberater, die im Krisenfall dem Feind mit Stellenabbau drohen können.

Vor diesem Hintergrund ist es umso interessanter, wie unser täglicher Gegenteiltag im Kindergarten der atlantischen Medien die Niederlage Russlands feiert, weil den Russen seit Monaten täglich die Munition ausgeht. Der Nachschub funktioniert nicht, die Moral ist ganz schlimm, sie fliehen in Scharen.

Sieg! Sieg! Sieg!

Derweil werden Bakhmut und Avdiivka eingekreist, irgendwie fliegen den gebeutelten Ukrainern täglich zehntausende Granaten um die Ohren und von den 100.000 Toten, die Uschi v.d.L. gestern für ein paar Sekunden wenigstens erwähnte, wenn auch nicht im Geringsten bedauert, lässt Prawda-Selenski heute 90.000 wiederauferstehen. Ostern im Advent. Dazu ein Zitat vom Feindsender:

"Ich habe den Eindruck, dass sie unsere Stellungen mit ihren eigenen Leichen zupflastern wollen […] Man kann es unmöglich irgendwie anders nennen. Sie entsorgen einfach den aktivsten Teil der männlichen Bevölkerung." Aus Gründen kompletter Verblendung glaubt der Autor an die Darstellung des Feindes. Er behauptet dabei, das ergebe sich aus dem Fortgang der Ereignisse an der Front, über die er sich mehrfach täglich desinformieren lässt.

Seine Tochter hat ihn derweil belehrt, dass man manche Dinge kommen sieht, wenn man die Augen nicht verschließt. Noch ein Zitat, im Anschluss an das Titelfoto:
"Ich weiß schon immer: Wenn der Gin jetzt kommt, wird das nicht gut enden." Das, um ein vorletztes Zitat anzuschließen, noch einmal vom Feindsender:

Kinder lieben die NATO

"Jemand, der sich ernsthaft Gedanken über Kriege macht, [hätte darauf geachtet], es nicht dazu kommen zu lassen, weil das Ergebnis, das letztlich eintreten wird, von vorneherein absehbar war.
Das war der Zeitpunkt, an dem vernünftige Menschen sich Gedanken darüber gemacht hätten, welche Folgen ein Krieg bringt, und darüber nachgedacht hätten, wie viele wohl sterben würden, wie viele Häuser und ganze Orte danach in Schutt und Asche liegen werden, wie viele Kinder elternlos bleiben werden. All diese Dinge bringen Kriege nun bekanntlich einmal mit sich. Im Dezember des letzten Jahres war ein passender Moment für solche Gedanken, auch für die Überlegung, dass da ein Winter kommen wird, der für jeden schwer wird, der kein Dach über dem Kopf hat.
"

Und zum Abschluss noch einmal ein weiterer Satz des Jahrhunderts zum Kontrast, einer von den Guten, nein, der Besten überhaupt: "Nun werden Eltern beim Frühstück von ihren Kindern gefragt: Mama, was sind eigentlich Atomwaffen? Andere wiederum sagen: Ich mag die Nato wirklich." Das Praktische am Spätkapitalismus ist ja die große Auswahl. Man kann sich die Wirklichkeit aussuchen, die man sich leisten kann, und sie kaufen.

 
ef

Die USA haben für ihre politischen Interessen ganz selbstverständlich auch die (jüngere) Geschichte ausgebeutet und das Narrativ des Siegs der Guten gegen die Bösen aufgesetzt. Die Blaupause des Naziregimes, seinerseits Zeiterscheinung und auf vielen Ebenen einen extremer Sonderfall, diente fortan als Projektion aller Feinde des 'Westens'.

Das Nazireich hatte Besonderheiten, die sich erstklassig für jedes Greuelmärchen eigneten: Es war extrem hierarchisch aufgebaut, der Treueeid wurde auf den Führer persönlich geleistet, der der allmächtigen Partei vorstand. Die Gewaltenteilung war de facto aufgelöst. Alle staatlichen Institutionen dienten der Partei und ihrer kruden Ideologie.

Schnittmuster

Die Medien waren nicht nur gleichgeschaltet, sondern das beherrschende Massenmedium (Radio) erstens neu und zweitens ganz in der Hand des Regimes. Folgerichtig wurde im Krieg dann auch schon das Hören fremder Sender schwer betraft. Die Todesstrafe wurde willkürlich verhängt. Zudem zeichnete das Regime ein historisch einmaliger Vernichtungswille und dessen Umsetzung aus. All diese kumulierenden Effekte hatten jeweils benennbare Gründe; um ein Narrativ aufzusetzen, ist es aber angezeigt, diese zu verschleiern und nur die Erscheinungen zu nutzen.

Nach dem Sieg über die Nazis – deren Personal fast vollständig übernommen wurde, um die BRD unter Kontrolle zu bringen – wurde also der Schrecken der Naziherrschaft jedes Mal heraufbeschworen, wenn es galt, einen Krieg zu rechtfertigen. Die Projektion unfassbarer Greuel eines diktatorischen Regimes mit einem sadistischen Herrscher, das aus Vergnügen quält und mordet, wurde zum beherrschenden Muster. Projiziert wurde dieses zunächst vor allem auf kommunistische Feinde, später auf muslimische, aktuell auf Russland. Das US-Regime sorgte u.a. dafür, dass die großen Medienproduzenten (Hollywood, TV-Serien) solche ideologisch aufgeladenen Muster bedienten.

Ende der Geschichte

Betrachtet man im Gegensatz dazu Russland bzw. die Sowjetunion und deren Propaganda, hat man dort das Dritte Reich als Endstufe des Kapitalismus betrachtet und es versäumt, propagandistisch ein haltbares Narrativ dazu zu kreieren. Der Feind war nicht eine Erzählfigur, er hatte auch kein Gesicht; er war der abstrakte Imperialismus mit seinen ausführenden Mächten im Westen. Obendrein war das Gute das Kollektiv. Nicht Super-Vladimir war der Held, der für seine Taten bewundert wurde, sondern der Sozialismus, für dessen Sieg alle Anstrengungen unternommen wurden. Spätestens nach dessen Fall musste erst ein passabler Nationalismus entwickelt werden, der an dessen Stelle treten konnte.

Nach dem Ende des Kalten Krieges hatte das neue Russland weder ein Feindbild zur Verfügung, noch eine Strategie, die eines solchen bedurft hätte. Eher nationalistisch als imperialistisch orientiert – Russland hatte sehr mit sich selbst zu tun, um sich neu aufzustellen, im Kapitalismus anzukommen und neue Hierarchien zu bilden – reagierten die Russen erst spät auf die vom Westen immer wieder zurückgewiesene ausgestreckte Hand. Bis heute gibt es nicht einmal ein festes Feindbild für NATO und EU. Es nützt einfach nichts in einer Zeit, in der sich die Weltpolitik ohnehin vom Imperium abwendet. Die rituellen Nazivergleiche perlen derweil ab. Das sind Märchen vom Westen für den Westen.

 
ef

Wie bereits eingehender dargelegt, ist vor allem die deutsche sogenannte 'Außenministerin' dazu übergegangen, an die Stelle von Diplomatie ein eiferndes Gepöbel zu setzen. Wo Deeskalation und vorsichtiges Auftreten über Jahrhunderte den Ton bestimmten, wo einst selbst die ärgsten Feinde zum friedlichen Austausch fanden, schreit sie der Welt ihren Hass, ihre Kriegslust und ihre fanatische Selbstüberschätzung entgegen.

Befeuert durch die amerikanisch-atlantische Arroganz, sich für die einzig relevante Kultur der Welt zu halten, und zuletzt vor allem durch das Gebrüll und die hemmungslose Eskalationsrhetorik eines Selenski und seiner Faschisten, haben eben Eiferer wie das grüne Strebermädchen ohne Qualifikation Hochkonjunktur.

Westliche Dekadenz

Die Ansicht, es gehe viel besser in der internationalen Politik, wenn man gar nicht mehr mit den zahlreichen Feinden redet, sondern öffentlich über sie urteilt und spottet, hat sich im Wertwesten zu einer Epidemie entwickelt. Das betrifft eben nicht nur den Wortlaut und die Peinlichkeit des Auftretens, sondern es führt zum Verlust jeder Kultur der Kommunikation. Drei aktuelle Beispiele illustrierten das aufs Deutlichste:

Der kanadische Premierminister Trudeau hielt es für eine gute Idee, vertrauliche Inhalte eines Gesprächs mit dem chinesischen Staatspräsidenten der Presse zu erzählen. Xi, der nicht nur andere Vorstellungen von diplomatischen Beziehungen hat, sondern auch – ganz im Gegensatz zur westlichen Ansicht – eine Weltmacht mit entsprechendem Selbstbewusstsein vertritt. Hier kann man hören, wie es klingt, wenn er einen unbedeutenden Kollegen wie Trudeau verfrühstückt. Der Wortlaut bleibt dabei höflich.

Dass der Umgang mit Russland unterirdisch ist, wissen wir. Es ist ja nur die größte Atommacht der Welt, die zudem über Hyperschallwaffen verfügt, mit der sich der Westen in einem Stellvertreterkrieg befindet. Da pfeift man auf alle Manieren und führt 'vertrauliche' Gespräche gar im Beisein von Journalisten, ohne das Gegenüber davon auch nur zu unterrichten.

Ruiniert

Absurd wird es schließlich, wenn zu einer Konferenz der Organisation, die genau für solche Fälle gegründet und institutionalisiert wurde, der wichtigste Vertreter ausgeladen wird. Was hat ein Lawrow schon mit Sicherheit in Europa zu tun? Der Stuhlkreis des Kindergartens West tagt lieber allein.

Dass es sich bei all dem nicht um eine Konzession an gesellschaftliche Förmlichkeit handelt, sondern um die einzige Option, zu einem friedlichen Umgang zu finden, geht den Fanatikern gar nicht mehr ein. Dass man damit nicht nur Kriege verhindert, sondern auch wirtschaftliche Beziehungen festigt, haben sie vergessen – ganz im Gegensatz zu Russland, China, Indien und selbst dem Sultan von Ankara. Wer hier wen nicht mehr braucht, wäre die Frage gewesen. Die Zukunft heißt "BRICS".

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