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In denn Kommentaren schrub ich: "Die CDU will (für Justiz und Verwaltung) "dringend benötigte KI-Fachkräfte aus dem Ausland gewinnen". Das ist so ein Clusterfuck, da ist wirklich alles drin: Kolonialismus, verpeilte Kenntnis des desaströsen Zustands der deutschen Wirtschaft, null Ahnung von Technik sowie deren Folgen, komplette Realitätsverweigerung und die potenzierte Blödheit der einzelnen Inkompetenzen. Ein Land, in dem man gut und gerne untergeht."

Ich will das einmal kurz genauer betrachten:
Was ist eine "KI-Fachkraft"? Was überhaupt "KI" ist, hat noch nie einer dieser Dexperten versucht zu erklären. Ich finde, das ist eine strafwürdige Vernachlässigung der zu erwartenden Komik. "Irgendwas mit …", meint auch dieses Exemplar vermutlich, ganz versunken in der Tätigkeit solchen Meinens, die das Denken vollständig ersetzt hat, also irgendwas mit … Elektronengehirnen sicher.

Elektronengehirne

Ein Leser wies darauf hin, dass man ja schon in den 70er Jahren Computer "Elektronengehirne" nannte. Wie dem auch sei, wir haben es wie so oft mit Magischem Denken zu tun. Es gibt Leute, die all die Zaubersprüche kennen, mit denen die neuen Superwesen beherrscht werden können. Diese Zauberer leben im Ausland und warten nur darauf, hier für freie Kost und Rabattmarken (auf die Wohnungsmiete wird selbstverständlich nicht verzichtet) mit ihrer Expertise dem Deutschen Volk und seiner Wirtschaft zu dienen.

Mit den Produkten dieser Zauberei ersetzen wir dann die lästigen Mensch zu Mensch-Begegnungen in Justiz und Verwaltung. Der Untertan kann durch Maschinen viel effizienter ignoriert, gedisst und gedemütigt werden als durch echte Leute, die man noch für irgendwas verantwortlich machen könnte – und so billig! Die Zauberer schmeißen wir nach getaner Arbeit natürlich auch raus.

Das ist keine Satire, das meinen die wirklich. Dieses Ausland ist voller Leute, die alle in den Wertewesten wollen, und die Bestens der Besten wollen nach Deutschland. In ihrer Meinung gibt es sehr viel Glauben und keinerlei Platz für Fragen. Zum Beispiel, warum in der BRD ganz offensichtlich niemand mehr so ausgebildet wird, dass er irgendetwas kann, oder was dann wohl den Anspruch berechtigt, fähige Leute woanders zu klauen.

Spardiktat

Wieso automatisieren wir eigentlich nicht zuerst einmal diese Regierungen, Parlamente und Parteien? Hat das mal wer durchgerechnet, was wir damit sparen? Auch die Folgenabschätzung ist absolut positiv: Da ist keinerlei Schaden zu erwarten. Vom ersten eingesparten Budget kaufen wir dann armen Kindern Schokoladeneis.

Sparen müssen wir auf jeden Fall, denn dieser Laden geht gerade den Bach runter. Kein Know-How, keine natürlichen Ressourcen, keine Absatzmärkte für keine brauchbaren Produkte. Alle Hoffnung ruht jetzt auf dem KI-Inder, denn sonst können wir uns selbst eine neue Heimat suchen – und europäische Flüchtlinge wird auf diesem Planeten niemand mehr aufnehmen.

 
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Wir saufen von morgens bis Abends eine psychedelische Brühe aus konzentriertem Informationskitsch. Der Skandal an der Causa Relotius war keineswegs das Erfinden von Inhalten, sondern das "Storytelling" als solches. Die Leser und Zuschauer der Massenmedien lassen sich – erklärtermaßen – Geschichten erzählen, weil ihnen an Information nicht mehr gelegen ist. Kitsch lässt sich besser verkaufen.

Der Informationskitsch ist das Muster sowohl der Medienverkäufer als auch der politischen Narrative. Bedient werden grobe Muster zum Wiedererkennen: Freund, Feind, millionenfach ausgeplauderte 'Geheimnisse', Spannungsbogen, Homestory, Schurken und Helden. Was darunter zermalmt wird, sind Zusammenhang, Komplexität und Realität.

Großer Grusel

Würden in den öffentlichen Diskursen diese Kriterien für die Erfassung von Wirklichkeit noch bedient, müssten permanent die Filter der Leser und Zuschauer geübt werden. Es sind diese Filter, die Realität erst ermöglichen. Freud sprach in diesem Zusammenhang von Realität als "Wunschabwehr". Die Medien verhökern stattdessen Gefühle und Moral zum Mitmachen.

Nicht zuletzt daher weht auch der Wind der Panik vor sogenannter KI. Diese kann Muster erkennen und wiederholt sie unbeirrt, wo wir filtern müssen, um nicht vor den Bus zu rennen. Unsere Filter geben uns – richtig angewendet – äußerst wirksame Möglichkeiten, Erkenntnisse zu ordnen. Mit 'dummen' oder fehlenden filtern hingegen zerstören wir Erkenntnis, so dass wir dümmer sind als eine dumme Maschine.

Die Möglichkeiten von Fälschungen in Bild und Text, ebenso wie Propaganda oder Kampagnenjournalismus, wären unproblematisch, gäbe es eine immunisierende Lesekompetenz, die Fähigkeit, es sich beim Erkunden der Wirklichkeit nicht gemütlich zu machen, sondern aktiv zu filtern und selbst Schlüsse zu ziehen.

So schön bunt

In diesem Punkt hat das deutsche Bildungssystem flächendeckend Verwüstung hinterlassen. Die Frage "Was ist?", Kern aller Erkenntnis, scheitert schon an der Unfähigkeit, sinnentnehmend zu lesen. Im medialen Bällchenbad von Heimatabend bis Tagesschau wird der Rest entsorgt. Wir denken für dich. Alles, was du noch tun musst, ist mitschunkeln.

Die Sorge über Fälschungen mithilfe künstlicher Sprach-und Bildproduktion ist nur insofern relevant, als dass endlich alles geleugnet werden kann, ohne dass man sofort die Lüge erkennt. Jeder Beleg kann ein Fake sein, und bis das geklärt ist, ist der Pulverrauch verflogen. Im Märchenland sind Märchen freilich eine Ressource. Dass alles so schön bunt ist, hat aber nichts mit KI zu tun. Es ist ein Symptom kapitalistischer Dekadenz.

 
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Computer sind Rechenmaschinen. Was immer die Software, die auf ihnen läuft, annimmt und ausgibt, es wird alles irgendwann in Binärzahlen übersetzt und zurückübersetzt. Der Kniff besteht darin, die elektrischen Werte 'an' und 'aus' über Binärwerte zu bedienen. Aus Binärwerten lassen sich wiederum Dezimalwerte abbilden (Ziffern 0 bis 9) oder auch Hexadezimalwerte (0-9 und A-F), mithilfe derer man weitere Zeichen darstellen kann.

Was auch immer man damit macht, die Werte sind am Ende exakt; sie sind definiert. Es ist nur dieser Wert und kein anderer. Selbst, wo gerundet wird, geschieht dies nach unumstößlichen Regeln. Alles hat eine bestimmte Adresse, an der es gespeichert wird und wieder aufgerufen werden kann. Das unterscheidet Computer deutlich von menschlichem Denken, was wiederum für jedermann spontan erkennbar ist. Der Computer 'denkt' anders als ich und kommuniziert auch anders.

Lass fünf gerade sein

Mit Machine Learning oder neuronalen Netzen ist es nunmehr gelungen, die Illusion zu erschaffen, Maschinen könnten denken wie Menschen. Es wurde eine gewisse Ungenauigkeit erzeugt und ein System aus Eingaben und Ausgaben geschaffen, die menschlicher Kommunikation sehr ähneln.

Mithin ist es gelungen, unter Aufbietung höchster technischer Fertigkeiten und einem irrsinnigen Ressourcenaufwand die Illusion der menschlichen Dimension Ähnlichkeit zu kreieren. Diese birgt gleichzeitig eine eklatante Denkschwäche und ist weder mit Logik noch mit Mathematik verbunden.

Genau wie wir

Die Maschine wurde erfolgreich verblödet, und der Mensch erkennt: "Hey, die denkt ja wie ich!" Zu all den Grundirrtümern, die den Umgang mit dieser Technik prägen, gehört obendrein die Unfähigkeit, zwischen der Effizienz klassischer Computertechnik und den Auswürfen dieses Spielzeugs zu unterscheiden. Ernsthaft glauben Anwender, sie erführen durch dieses eine Art Wahrheit. Schlimmstenfalls glauben sie gar, das Ding hätte eine Persönlichkeit.

Nun, der Entwurf „Gott“ war ja auch recht unterkomplex. Am Ende aber, darauf kann man sich in der realen Maschinenwelt verlassen, werden Mensch und Technik wie immer dem Gesetz der großen Übermaschine folgen: Du musst aus Geld mehr Geld machen.

 
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Abb.:Chachipity bei Urhebers // Original ©Raimond Spekking/CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

Ein Krieg der bizarren Art, wie ihn nur der Kapitalismus in seiner absurden Anbetung des Eigentums auslösen kann, ist im Gange. Während ausgerechnet einer der größten Profiteure das Gruselmärchen erzählt, eine Menschheit sei in Gefahr, wenn seine Konkurrenz weiter Daten sammelt, ist längst erkennbar, dass auch bei Chachipity oder Stable Diffusion die Gesetze des Kapitals den Gang der Dinge bestimmen.

Allerdings trifft die Kapitalisierung der Bots auf einen Widerstand, der einen erbitterten Kampf auf Leben und Tod nach sich zieht: Da die Dinger mit Massen von Daten gefüttert werden, deren Herkunft am Ende nicht erkennbar und vor allen nicht ausgewiesen ist, ist ein Urheberrecht im Angesicht des Treibens solcher Maschinen nicht mehr haltbar.

Kriegsrecht

Ganz im Kriegsmodus reagiert folgerichtig die eine Seite, wenn die andere – in dem Fall ganz harmlos – ihre Rechte geltend macht. Im Ernst droht ein Dealer sogenannter "KI-Trainingssätze" einem Urheber mit Schadensersatzansprüchen, weil dieser ihm den Gebrauch von ihm erstellter Werke untersagen will.

Wohlgemerkt: Der Urheber, so die Ansicht der KI-Coaches, schädigt die Gegenseite durch Einfordern seiner Rechte. Hier wird ein juristischer Mob losgelassen, den man sonst nur von der anderen Seite kennt, und es wird noch deutlicher als ohnehin schon, dass vom Zivilerecht nur mehr rauchende Trümmer bleiben, wo immer abstraktere Eigentumsansprüche für Profite sorgen sollen.

Alles ist Produktionsmittel. Alles gehört Eigentümern. Jeder Anspruch, der sich irgendwie aus anderen Ansprüchen von Eigentümern ableiten lässt, wird eingefordert. Den Eigentümern gehört etwas, weil ihnen etwas gehört, zu dem etwas angeblich gehört. Schon beim Urheberrecht geht es ja fast nie um Urheber, sondern um Rechteinhaber, die es von anderen Rechteinhabern erworben haben.

Keine Gefangenen

Jetzt gibt es also gigantische Bagger, die ohne Rücksicht auf diesen Schwachsinn einen neuen erschaffen, und jedes geschriebene oder gesprochene Wort zu einem Teil der Blablamaschine machen, jedes Pixel eines Bildes zu einem Element neuer Produkte, deren Benutzung dann eben Mietzins erfordert. Und – siehe oben – schon die unangemessene Ansprache an Ihre Majestät wird juristisch untergepflügt.

Die Gegenoffensive der Urheber kann nur eine Frage von Tagen sein, es werden keine Gefangenen gemacht. Wer immer schon mal wissen wollte, was es bedeutet, dass der Bürgerliche Staat mit seinem Rechtswesen die vornehmliche Aufgabe hat, Eigentum zu schützen: voilà!

 
ds

Who done it? And who cares?

Jemand hat Angst vor der Zerstörung der Realität. Das erinnert mich an Zeiten, aus denen die Religiotie stammt, in denen Menschen nämlich ganz allgemein dachten, mit Worten könne man die Wirklichkeit ändern. Bis heute gibt es das, sogenanntes "Beten", was auch nur eine Ausdrucksform Magischen Denkens ist.

Ihr wundert euch, dass Bilder Gucken nicht ausreicht? Lesekompetenz wird überbewertet? Zusammenhänge sind nicht wichtig, nur das Ergebnis muss mir in den Kram passen? Willkommen in der besten aller Welten! Das ist genau die Zielgruppe aller kapitalistischen Verblödung, deren Hirne jetzt durch ChatGPT und ähnliche ’KI’ in die wohlige Paranoia abgeführt werden.

Die große Maschine

Was aber passiert da wirklich? Wie bereits im ersten Beitrag zur Serie "KI und Kapitalismus" dargelegt, gibt es die große Maschine längst, die alle Menschen versklavt. Diese Maschine hat längst eine Aufmerksamkeitsökonomie entwickelt, die den Menschen so ans System anpasst, dass er in der sog. Freizeit ebenso zum reinen Funktionsträger wird wie in der Arbeitswelt, mithin total.

Nennen wir das, was KI also neuerdings angeblich so raffiniert produziert, "Kultur", in Form von Texten und Bildern. Die meisten Menschen werden in den meisten Fällen nicht unterscheiden können, was menschlichen und was maschinellen Ursprungs ist. Wie auch? Dazu gehörte ja ein Prozess von Wahrnehmung und Verarbeitung, der Zusammenhänge kennt und erkennt und aktiv Inhalte aufnimmt.

Alles so schön bunt hier

Dazu gehört in der Bildbetrachtung wie beim Lesen zuallererst ein grundlegender allgegenwärtiger Zweifel. Ist diese Information gültig? Ist sie wahr, korrekt dargestellt, berücksichtigt sie den gegebenen Zusammenhang, passt sie in den aktuellen Stand der Erkenntnisse? Diese Rezeption erfordert Kompetenz. Menschen hassen Kompetenz. Sie ist anstrengend und zeitraubend. Für so etwas hat jeder seine Netze von Experten, denen er glaubt. Seine Pfarrer quasi.

Wenn die ihrerseits keine Qualität abliefern, die sich von Texten abhebt, deren Produktion jeglicher Prüfung auf Logik, Zusammenhang und Plausibilität entbehrt, ist das der Erfolg einer Kultur, die sich ganz ohne das Zutun von 'KI' gebildet hat. Es ist am Ende egal, ob sich die Energiesparer unter den Hirnnutzern von Menschen oder Maschinen Märchen erzählen lassen. Degeneriert hat sie der Kapitalismus.