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Computer sind Rechenmaschinen. Was immer die Software, die auf ihnen läuft, annimmt und ausgibt, es wird alles irgendwann in Binärzahlen übersetzt und zurückübersetzt. Der Kniff besteht darin, die elektrischen Werte 'an' und 'aus' über Binärwerte zu bedienen. Aus Binärwerten lassen sich wiederum Dezimalwerte abbilden (Ziffern 0 bis 9) oder auch Hexadezimalwerte (0-9 und A-F), mithilfe derer man weitere Zeichen darstellen kann.

Was auch immer man damit macht, die Werte sind am Ende exakt; sie sind definiert. Es ist nur dieser Wert und kein anderer. Selbst, wo gerundet wird, geschieht dies nach unumstößlichen Regeln. Alles hat eine bestimmte Adresse, an der es gespeichert wird und wieder aufgerufen werden kann. Das unterscheidet Computer deutlich von menschlichem Denken, was wiederum für jedermann spontan erkennbar ist. Der Computer 'denkt' anders als ich und kommuniziert auch anders.

Lass fünf gerade sein

Mit Machine Learning oder neuronalen Netzen ist es nunmehr gelungen, die Illusion zu erschaffen, Maschinen könnten denken wie Menschen. Es wurde eine gewisse Ungenauigkeit erzeugt und ein System aus Eingaben und Ausgaben geschaffen, die menschlicher Kommunikation sehr ähneln.

Mithin ist es gelungen, unter Aufbietung höchster technischer Fertigkeiten und einem irrsinnigen Ressourcenaufwand die Illusion der menschlichen Dimension Ähnlichkeit zu kreieren. Diese birgt gleichzeitig eine eklatante Denkschwäche und ist weder mit Logik noch mit Mathematik verbunden.

Genau wie wir

Die Maschine wurde erfolgreich verblödet, und der Mensch erkennt: "Hey, die denkt ja wie ich!" Zu all den Grundirrtümern, die den Umgang mit dieser Technik prägen, gehört obendrein die Unfähigkeit, zwischen der Effizienz klassischer Computertechnik und den Auswürfen dieses Spielzeugs zu unterscheiden. Ernsthaft glauben Anwender, sie erführen durch dieses eine Art Wahrheit. Schlimmstenfalls glauben sie gar, das Ding hätte eine Persönlichkeit.

Nun, der Entwurf „Gott“ war ja auch recht unterkomplex. Am Ende aber, darauf kann man sich in der realen Maschinenwelt verlassen, werden Mensch und Technik wie immer dem Gesetz der großen Übermaschine folgen: Du musst aus Geld mehr Geld machen.

 
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Abb.:Chachipity bei Urhebers // Original ©Raimond Spekking/CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

Ein Krieg der bizarren Art, wie ihn nur der Kapitalismus in seiner absurden Anbetung des Eigentums auslösen kann, ist im Gange. Während ausgerechnet einer der größten Profiteure das Gruselmärchen erzählt, eine Menschheit sei in Gefahr, wenn seine Konkurrenz weiter Daten sammelt, ist längst erkennbar, dass auch bei Chachipity oder Stable Diffusion die Gesetze des Kapitals den Gang der Dinge bestimmen.

Allerdings trifft die Kapitalisierung der Bots auf einen Widerstand, der einen erbitterten Kampf auf Leben und Tod nach sich zieht: Da die Dinger mit Massen von Daten gefüttert werden, deren Herkunft am Ende nicht erkennbar und vor allen nicht ausgewiesen ist, ist ein Urheberrecht im Angesicht des Treibens solcher Maschinen nicht mehr haltbar.

Kriegsrecht

Ganz im Kriegsmodus reagiert folgerichtig die eine Seite, wenn die andere – in dem Fall ganz harmlos – ihre Rechte geltend macht. Im Ernst droht ein Dealer sogenannter "KI-Trainingssätze" einem Urheber mit Schadensersatzansprüchen, weil dieser ihm den Gebrauch von ihm erstellter Werke untersagen will.

Wohlgemerkt: Der Urheber, so die Ansicht der KI-Coaches, schädigt die Gegenseite durch Einfordern seiner Rechte. Hier wird ein juristischer Mob losgelassen, den man sonst nur von der anderen Seite kennt, und es wird noch deutlicher als ohnehin schon, dass vom Zivilerecht nur mehr rauchende Trümmer bleiben, wo immer abstraktere Eigentumsansprüche für Profite sorgen sollen.

Alles ist Produktionsmittel. Alles gehört Eigentümern. Jeder Anspruch, der sich irgendwie aus anderen Ansprüchen von Eigentümern ableiten lässt, wird eingefordert. Den Eigentümern gehört etwas, weil ihnen etwas gehört, zu dem etwas angeblich gehört. Schon beim Urheberrecht geht es ja fast nie um Urheber, sondern um Rechteinhaber, die es von anderen Rechteinhabern erworben haben.

Keine Gefangenen

Jetzt gibt es also gigantische Bagger, die ohne Rücksicht auf diesen Schwachsinn einen neuen erschaffen, und jedes geschriebene oder gesprochene Wort zu einem Teil der Blablamaschine machen, jedes Pixel eines Bildes zu einem Element neuer Produkte, deren Benutzung dann eben Mietzins erfordert. Und – siehe oben – schon die unangemessene Ansprache an Ihre Majestät wird juristisch untergepflügt.

Die Gegenoffensive der Urheber kann nur eine Frage von Tagen sein, es werden keine Gefangenen gemacht. Wer immer schon mal wissen wollte, was es bedeutet, dass der Bürgerliche Staat mit seinem Rechtswesen die vornehmliche Aufgabe hat, Eigentum zu schützen: voilà!

 
ds

Who done it? And who cares?

Jemand hat Angst vor der Zerstörung der Realität. Das erinnert mich an Zeiten, aus denen die Religiotie stammt, in denen Menschen nämlich ganz allgemein dachten, mit Worten könne man die Wirklichkeit ändern. Bis heute gibt es das, sogenanntes "Beten", was auch nur eine Ausdrucksform Magischen Denkens ist.

Ihr wundert euch, dass Bilder Gucken nicht ausreicht? Lesekompetenz wird überbewertet? Zusammenhänge sind nicht wichtig, nur das Ergebnis muss mir in den Kram passen? Willkommen in der besten aller Welten! Das ist genau die Zielgruppe aller kapitalistischen Verblödung, deren Hirne jetzt durch ChatGPT und ähnliche ’KI’ in die wohlige Paranoia abgeführt werden.

Die große Maschine

Was aber passiert da wirklich? Wie bereits im ersten Beitrag zur Serie "KI und Kapitalismus" dargelegt, gibt es die große Maschine längst, die alle Menschen versklavt. Diese Maschine hat längst eine Aufmerksamkeitsökonomie entwickelt, die den Menschen so ans System anpasst, dass er in der sog. Freizeit ebenso zum reinen Funktionsträger wird wie in der Arbeitswelt, mithin total.

Nennen wir das, was KI also neuerdings angeblich so raffiniert produziert, "Kultur", in Form von Texten und Bildern. Die meisten Menschen werden in den meisten Fällen nicht unterscheiden können, was menschlichen und was maschinellen Ursprungs ist. Wie auch? Dazu gehörte ja ein Prozess von Wahrnehmung und Verarbeitung, der Zusammenhänge kennt und erkennt und aktiv Inhalte aufnimmt.

Alles so schön bunt hier

Dazu gehört in der Bildbetrachtung wie beim Lesen zuallererst ein grundlegender allgegenwärtiger Zweifel. Ist diese Information gültig? Ist sie wahr, korrekt dargestellt, berücksichtigt sie den gegebenen Zusammenhang, passt sie in den aktuellen Stand der Erkenntnisse? Diese Rezeption erfordert Kompetenz. Menschen hassen Kompetenz. Sie ist anstrengend und zeitraubend. Für so etwas hat jeder seine Netze von Experten, denen er glaubt. Seine Pfarrer quasi.

Wenn die ihrerseits keine Qualität abliefern, die sich von Texten abhebt, deren Produktion jeglicher Prüfung auf Logik, Zusammenhang und Plausibilität entbehrt, ist das der Erfolg einer Kultur, die sich ganz ohne das Zutun von 'KI' gebildet hat. Es ist am Ende egal, ob sich die Energiesparer unter den Hirnnutzern von Menschen oder Maschinen Märchen erzählen lassen. Degeneriert hat sie der Kapitalismus.