journalismus


 
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Migrationsursache Nummer eins

In meiner ersten Reaktion auf das Wahlergebnis sagte ich gestern u.a.: "Putin hat manipuliert", und prompt liefert heute der Kuhjournalismus: "Sieg für Putin". Zwar ist die Quelle la Repubblica, aber der Tagesschaum ließ es sich nicht nehmen, das mit Freuden zu zitieren. Was der extremen Mitte nicht passt, ist eben Putin. So denkt man halt, wenn man aus dem Mittelalter nicht herauskommt.

Die Verblödung ist vollständig, wenn man an die eigene Propaganda glaubt. Das, was als "KI-Demenz" bezeichnet wird, wenn Large Language Models mit ihren eigenen Auswürfen gefüttert werden, ist dasselbe. Man rotiert um ein Nichts aus hohlen Phrasen. Wo das zum Weltbild wird, ist man in der Chefredaktion herzlich willkommen.

Propagandademenz

Ich wiederhole aus den Kommentaren ein paar Bemerkungen zu den Wahlen: Es ist keine Revolution, es ist Rebellion, und die ist primitiv, mithin politisch tendenziell 'rechts'. Aber die unreflektierte Ablehnung des Bestehenden ist immer noch Ablehnung. Auch wenn sie nicht wissen, dass es der Kapitalismus ist, lehnen sie diesen m.E. ab – wenn auch unbewusst. Konkrete Negation auf diesem fatalen emotionalen Niveau. Aber war es je anders?

Sie benörgeln den Ist-Zustand, und der ist ein Kapitalismus. Die Ideen in ihrem Programm, vertreten durch einen Teil ihrer Funktionäre, so sie durchgesetzt würden, würden keinen ihrer Wähler zufriedener machen. Dass sie nicht wissen, dass sie mit dem Kapitalismus als solchem unzufrieden sind, ändert das nicht.

Man stelle sich vor, die Funktionäre der AfD würden ihre neoliberalen und umfassend diskriminierenden Pläne umsetzen. Wie würde sich das wohl aufs Wahlverhalten auswirken? Das gilt ähnlich für das BSW: Die versprechen, sozialer zu sein, würden mit ihrem Firlefanz aber gar nichts ändern. Sie sind ja eine SPD. Man betrachte nur deren Versprechungen, deren Handeln und das Resultat bei den Wahlen.

Verbrennt die Hexe!

Wer mit den Zuständen im Endstadium des Kapitalismus unzufrieden ist, ist eben mit diesem unzufrieden. Weil sie es aber nicht verstehen, rebellieren die Wähler auf unterschiedliche Weise. Sie wenden sich intellektuell nicht explizit und konkret gegen das System, sondern gegen ihre Lage, ihr Gefühl und vermeintlich Schuldige.

Das wäre mein Alternativangebot zu den Modellen "Putin ist schuld", "alles Nazis", "Hassbotschaften härter betrafen" und "die Ukraine muss gewinnen". Mithin das eines Putinverstehers, der so linksextrem ist, dass er als Nazi auf der anderen Seite wieder herauskommt. Ich plädiere für eine Internetsperre.

 
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Qualitätsjournalismus ist Kopfsache.

Ich gebe bekanntlich nicht allzu viel auf Umfragen, nicht zuletzt, weil diejenigen, die sie noch beantworten, durch ihre Willigkeit bereits einen Filter bilden, der das Weltbild der extremen Mitte, um das es in der Regel geht, schon dadurch bestätigt. Radikale Kritik oder Abwendung vom politischen und medialen Theater wird dadurch schwer messbar.

Umso lauter schlägt eine Granate ein, die der gemeine deutsche Medienkonsument seinen Lieferanten ins Dach geschossen hat. Ich gehe davon aus, dass der Trend sich fortsetzen und verstetigen wird, denn die Einzigen, die den Sturzflug einer schon lange erbarmungswürdigen Qualität nicht bemerken, sind diejenigen, die dafür verantwortlich zeichnen. Die Reaktion der Staatsfunker auf die Nachricht fällt erwartungsgemäß danach aus:

Der Makel der Anderen

"ARD-Chefredakteur Oliver Köhr findet die Zahlen erschreckend – auch wenn er betont, dass deutsche Medien als Ganzes beurteilt wurden, nicht allein der öffentlich-rechtliche Rundfunk. "Insgesamt ist es aber tatsächlich beängstigend, dass so viele Menschen kein Vertrauen in die Berichterstattung haben."

Ich habe das in den Kommentaren bereits wie folgt gewürdigt:

Speichel-Chefredakteur Markus Mumps findet die Zahlen erschreckend – auch wenn er betont, dass deutsche Medien als Ganzes beurteilt wurden, nicht allein der Speichel.
FAX-Chefredakteur Michi Masern findet die Zahlen erschreckend – auch wenn er betont, dass deutsche Medien als Ganzes beurteilt wurden, nicht allein die FAX.

Die Bewohner der Blase können gar nicht mehr erkennen, wo das Problem liegt, denn sie verkörpern es. Ihr Glaube, ihr Lebensstil, ihre vermeintlichen Werte, ihre Umgangsformen, ihre Statussymbole, ihre auf einen Schlitz verengte politische Perspektive, die Anpassungsstrategien an ihre Peergroup, das alles ist unsichtbar für sie, gerade weil es den Inhalt ihrer Produkte ausmacht. Sie verwechseln die Welt mit ihrem Weltbild, weil sie keine Prozeduren mehr haben, die den Unterschied offenlegen.

Die Selbstkontraktion ist schon mindestens in der zweiten Generation in ihre Bildungssysteme übergegangen; die Filter bestehen noch viel länger, sodass es keine objektiven Kriterien für Kompetenz mehr gibt, sondern stets und immer nur die reaktionäre Bestätigung des Status Quo, ideologischer Beton.

Krise? Welche Krise?

Deshalb folgt der komplette Betrieb einer routinierten und gut geölten Meinungsproduktion – wohlgemerkt innerhalb der Blase der Medienproduzenten. So ist es auch zu erklären, dass die durchaus vorliegenden Informationen wie Strategien aus Think Tanks, nicht-westliche Medien oder schlicht die allerjüngste Geschichte im Nu so feingefiltert werden, dass die absurdesten Konstrukte als einzig wahre Wahrheit Verbreitung finden und sich offenbar niemand mehr findet, der etwa die merkwürdige Übereinstimmung mit den Verlautbarungen des Weißen Hauses zur Kenntnis nimmt.

Im Gegenteil werden ausgerechnet Abweichler, die jene Diskursverengung und Einseitigkeit kritisieren oder Kriterien heranziehen, die in den Filtern der extremen Mitte hängen bleiben., reflexhaft als Verschwörungstheoretiker markiert – nicht wegen der Qualität ihrer Äußerungen, sondern wegen abweichender Wertungen.

Daraus ergibt sich die Erkenntnis, dass da absolut nichts mehr zu retten ist. Das muss bis auf die Grundmauern abbrennen und von der nächsten Flut davongeschwemmt werden. Tröstlich, dass sie sich konsequent selbst einmauern und das Gros ihres orthodoxen Gemurmels hinter Paywalls sperren. Auch, wenn ich dann nie erfahren werde, warum ein Orgasmus Kopfsache ist. Na immerhin der.

 
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Abb.: Rechte schlagen auf ein Opfer ein.

Im Vereinigten Königreich sind die Knäste voll. Resultat: zu wenig Platz für Rechtsradikale®. Wir erinnern uns: Das sind die, die im wohl unsozialsten Staat Europas Randale machen. Einem Staat, dessen Auswahl politischer Charaktermasken gleich welchen Schnitts die Steuern für Reiche und ihre Unternehmen nicht niedrig genug sein kann.

Leute, die seit Thatcher und Blair nur die Armen mehr hassen als ihre Armut und die für den Rest Milliarden verschenken, um Ukrainer bis zum Völkerselbstmord in einem Stellvertreterkrieg Hegemonie des Wertewestens vs. Russland verbluten zu lassen, erklären alle, die gegen die Wirklichkeit in ihrem hässlichen Staat rebellieren, zu Rechtsradikalen. Im Zweifelsfall ist es ihnen auch nicht zu peinlich, wen auch sonst, Putin dafür verantwortlich zu machen.

Das Böse ist überall

Woher kommen die ganzen Nazis eigentlich so plötzlich? Überhaupt: Diese Erklärungen, die tagesaktuell aus dem Nichts geschöpft werden, Kräfte, die nie wer hat kommen sehen, Akteure wie Ereignisse, die geradezu darauf angewiesen sind, einem mystischen Bösen (Rechte/Putin) zu entstammen, das sie nach Gusto erscheinen und auch wieder verschwinden lassen kann – das müssen wir dann glauben?

Das letzte Aufgebot der, von Boris Johnson ausdrücklich beklagt, schwindenden Hegemonie hat eines vermeintlich richtig gemacht: Sie beherrschen die Medien des ganzen Westens wie keine Elite zuvor. Was gedruckt und gesendet wird – ich empfehle, dies sporadisch zu prüfen – kann man wortgleich auf den Seiten des Weißen Hauses lesen, wo es nicht Regierungspropaganda der Vasallen, ihrer Geheimdienste oder das Geplapper der PR-Bude ISW, Eigentum der Familie Nuland, ist.

Täglich frisch

Das Erstaunliche an diesem journalistischen Ödland, das sich bis in die Sportberichte erstreckt, ist, dass es überhaupt noch existiert. Niemand will dafür zahlen. Das Gros der Abonnenten stirbt sprichwörtlich aus, keine neuen in Sicht. Derweil kommen sie uns mit Plus-Content, in dem alte Schinken in vierter Auflage erscheinen, weil damals etwas los war, das sogar noch wer aufgeschrieben hatte, der etwas davon verstand.

Allerdings unterliegt auch das noch der Einschränkung, dass es in die täglich frische Geschichtsschreibung passen muss. Das dürfte derweil noch das Spannendste sein an dem ganzen exjournalistischen Gammelfleisch: die Frage, welche hirnpürierende Geschichtsklitterung sie sich als nächste aus dem Rektum ziehen.

 
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Ich hatte dieser Tage einige Gespräche mit jemandem, der sich erklärtermaßen nicht sonderlich "für Politik interessiert". Der Mann hat hier und da seltsame Ansichten, und als ich jung war, hätte ich ihm vermutlich Tiernamen gegeben und ihn für hoffnungslos unwürdig erklärt. Stattdessen nahm ich seine Erlaubnis über uninteressante Dinge zu sprechen wahr, um ihm einige interessante Informationen zu geben; prüfbare Informationen, die er dann tatsächlich auch ganz interessiert aufnahm.

Derselbe sprach mich heute ganz von selbst auf das Thema Ukraine und Konvoi an; da hatte ich noch gar nicht zur Kenntnis genommen, was gleich noch folgen wird. Ehrlicherweise sagte ich, dass ich nur zwei Quellen hätte, aus denen ich Informationen dazu hätte, nämlich das, was die versammelte Journaille so recherchiert hatte: Die Ukrainische Regierung und Ria Novosti. Was soll ich mit solchen 'Informationen'? Die meisten benennen dabei nicht einmal Poroschenkos Kriegspartei, und im Internet Zeitung lesen kann ich eh selber. Dazu brauche ich keine Zweitverwerter.

Abschreiben, verkünden, vollstrecken

Einen Schritt zurück kurz: Ich hatte mir eh gestern schon folgendes notiert:
"In Spanien gibt es einen Ebola-Verdachtsfall", meldete die FR. Soso, einen "Verdachtsfall", und das ist dann eine Meldung? Wieso? Es kann nur einen Grund geben: Klingt gefährlich, erregt Aufmerksamkeit. Hat aber null Inhalt. Kann man da nicht warten, bis sich das bestätigt hat oder eben nicht? So geht Qualitätsjournalismus.

Die nächste: "IS-Miliz soll 700 Stammesangehörige getötet haben", steht in der Sueddeutschen und einem Dutzend anderer Medien, wird auch im Radio erzählt. "Soll", könnte, hat vielleicht, vielleicht auch nicht. Ist das eine Meldung? Und was habt ihr für mich dahinter? Waren es vielleicht mehr oder weniger als 700? Vielleicht hat das gar nicht stattgefunden? Oder es hat etwas stattgefunden, man weiß aber nicht, wer, wo und was genau? Q-Journalismus halt.

Derweil hört man nach der gespielten Empörung der Propaganda überhaupt nichts mehr vom Flugzeugabsturz in der Ukraine. Nicht einmal Fragen. Der "Spiegel", das Hetzblatt für transatlantische Gemütlichkeit, hatte doch so auf die Trommel gehauen. Was ist denn nun, ihr Superreporter? Kuhjournalismus ist, und die Viecher wieder im Stall. Auf jedem Dorf kriegst du Watschen, wenn du so einen Mist verzapfst und dann so tust, als hättest du nie etwas gesagt.

Suche nach dem Tiefpunkt

So ist es auch derselbe Stall, aus dem ernsthaft ein zweifelnder Leser, der nach Belegen für Behauptungen fragt, abgespeist wird mit der Gegenfrage: "Gibt es eigentlich konkrete Belege, dass dem nicht so ist?"
So denken sie da. Es wird etwas verkündet, in der Regel auf Befehl aufgeschrieben oder stumpf abgeschrieben, und daran hat man gefälligst nicht zu zweifeln, bis das Gegenteil bewiesen ist. Der Leser ist hier dummer Untertan, sonst nichts.

In Grunde kann man sich solche Beispiele schon schenken, denn es gibt keinen Journalismus mehr. Wahrscheinlich wird dieser Nützliche Idiot noch einen Preis verliehen bekommen für seine treuen Dienste, so wie Obama den Friedensnobelpreis und Kleber den Hans-Joachim-Friedrichs-Preis. Diese Farce kann nämlich kein Ende finden, solange kulturell und intellektuell noch ein Stein auf dem anderen steht. Da gibt es immer etwas, das man noch nicht ganz ruiniert hat. Am Montag. Am Kiosk.

August 2014

 
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Quelle: Pixabay

Als ich beschloss, meinen Wehrersatzdienst zu quittieren und mich eine Weile nach einem neuen Heimatland umzuschauen, standen fünf Jahre Knast auf dieses Verbrechen. Fürs Protokoll: Ich kam mit einer Bewährungsstrafe davon, was sehr gnädig war, handelte es sich doch nicht um eine Bagatelle wie Steuerhinterziehung in Millionenhöhe. "Zivildientsflucht", abgeschrieben von der vor der Fahne, kann man schließlich nicht schönrechnen.

Nicht schlecht erschüttert war ich, als ich damals meinen Grundschulfreund und Klassenkameraden vom Gymnasium traf. Ein lieber Kerl, bieder und zurückhaltend, eher weich. Er sprach zu mir, als hätte ihn jemand aufgezogen. Stakkato, kurze Silben, immer am Satzende betont. Komplett gehirngewaschen. Der Mensch ist gemeinhin anpassungsfähig. Nicht jeder halt; der Ausschuss muss entsprechend sonderbehandelt werden.

Schule der Nation

Die Rituale beim 'Bund' waren primitiv und chauvinistisch. Über Probleme mit Nazis gab es wenig zu erfahren. Hans Helmut Kirst hatte ja dokumentiert, dass in der BRD alles gut war. Inzwischen gibt es keinen Wehrdienst mehr, dafür sehr bekannte Probleme mit Nazis, nicht zuletzt in den Abteilungen der Truppe, die sich "Elite" nennt. Genau das, was man braucht, um Russen zu fressen.

Es ist Zeitenwende, zurück zum Davor. Den reaktionären Provokateuren, die ihre Untergangsphantasien nicht im Griff haben wie schon immer die Claqueure der Faschisten, bietet sich ein Raum, in dem sie endlich hemmungslos freidrehen können. Russland muss besiegt, ruiniert und zerstückelt werden. Es ist ja böse. Deutschland muss, geht es nach ihnen, kriegstüchtig werden, aufgerüstet, vorwärts verteidigt und im Inneren militarisiert.

Wenn diese Sorte sich auch nur für einen Moment klarmacht, welche Konsequenzen das hat, wird sie diese wohl herbeiwünschen und sich an der Vorfreude auf das nächste triumphale Unheil ergötzen. Gemeinhin werden sie aber zu dumm und unreflektiert sein, um zu erkennen, dass ihre Pläne, wo sie aufgehen, den Marsch in den Faschismus bedeuten.

Christoph Lauer, der sich gern in der Zeitung liest, von den Piraten über die SPD bei den Grünen gelandet, immer auf der Jagd nach einträglicher Selbstbestätigung, darf sich beim Spiegel wie der kondebile Lobo als Nützlicher Idiot verdingen, dem die Militarisierung nicht schnell und weit genug gehen kann.

Helden der PR

Unter der jeden Verstand beleidigenden Headline "Ich finde Krieg eher uncool. Aber im Ernstfall würde ich eine Waffe in die Hand nehmen" darf er sich im aktuell beliebten Kindergartensprech mit Konjunktiven über Heldentum verbreiten. Erst die totale Versoldatung Deutschlands reicht ihm: Er will "auch Ältere" zum Dienst zwingen, erfahren wir im Teaser, ehe die Bezahlschranke gnädig weitere Schäden an Hirn und Milz vereitelt.

Wie romantisch, wenn die Springerstiefel wieder über deutschen Asphalt knallen – und den der ganzen Welt. Zudem sei’s gefeiert: zwei Fliegen mit einer Klappe. Das arbeitslose Pack, das uns auf der Tasche liegt, ist nicht nur naheliegend, sondern alternativlos die erste Charge, deren Dienstverpflichtung sie wie dunnemals zwar nicht von der Straße holt, ihnen aber im rechten Takt Beine macht, auf dass sie des Abends wissen und fühlen, dass man sich sein Leben zu verdienen hat.

Sollte es dann zum Ärgsten kommen, verlieren wir mit dieser Vorhut auch nichts, das von weiterem Nutzen wäre. Win-win-win. Der einst salopp dahergesagte Spruch "Dann siegt mal schön" findet damit seine endgültige Erfüllung. Ich bin unendlich Stolz auf dieses Land und seine harten Männer.

 
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Original: Keith Ivey

In ihren Jahresberichten erweist sich das Bundesamt für Verfassungsschutz stets als eine Kampfabteilung, die selbst definierten Feinden schaden will. Es reicht dabei, sich ein Feindbild zurecht zu zimmern und krude Theoreme zu bilden, nach denen jemand dort hinein passt.

Die Junge Welt betreffend, besteht deren übergeordnetes Verbrechen in "fundamentale[r] Kapitalismuskritik". Es reicht den Reaktionären dieses Landes nicht, Kommunismus und Sozialismus im Keim erstickt zu haben; die Kritik am Bestehenden, das sich deutlich in Richtung eines autokratischen Imperialismus entwickelt, reicht schon aus, um kriminalisiert zu werden.

Umsturz, Diktatur, Schießbefehl

Das ideologische Ziel ist ein totales Basta über strukturelle Gegensätze, die schlicht logisch sind und unterschiedlichen Interessen entspringen. Da die JW "von einem bestehenden Klassenkampf ausgeht", ist sie gefährlich. Mehr als Tarifverhandlungen darf es nicht geben, um die Klassengegensätze zu verhandeln. Dieses Ritual muss – noch – wohl oder übel geduldet werden, aber dass die Profiteure den Erzeugern des von ihnen abgeschöpften Mehrwerts antagonistisch gegenüber stehen, darf nicht gesagt werden. Gibt es eigentlich ein Einreiseverbot für Warren Buffet?

Die Phantasie der Interpretation, die von den Nachfolgern Gehlens und der reichsdeutschen Richterschaft an den Tag gelegt wird, ist beeindruckend. So ist es ein schlagender Beweis für den Versuch, ein "Einparteiensystem, [mit] fehlender Gewaltenteilung und Opposition" zu etablieren, wenn ein rechtmäßig gewählter Präsident als rechtmäßiger Präsident betrachtet wird, obwohl die USA ganz offiziell dessen durch nichts legitimierten Gegner bevorzugen.

Was wäre denn wohl, wenn die JW sich diesen Interpretationen anschlösse? Hieße das nicht, sie hintertriebe demokratische Wahlentscheidungen und zeigte ihre demokratiefeindliche Fratze? Hieße es nicht, sie bediente sich dazu noch der absurdesten Argumente? So oder so gehört sie offenbar verboten – zum Schutz der Pressefreiheit vor Missbrauch.

 
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Ich wurde ausgelost, sagen sie. "Sie", das ist ein "Institut für Publizistik", mithin das universitäre Irgendwasmitmedien, und so kommt es auch daher. Als "Chefredakteur" meines Blogs wurde ich "Journalist" gebeten, Fragen im Rahmen einer 'Studie' zu beantworten. Das macht mich weder reich noch relevant und: nein, ich werde nicht.

Was sie da auffahren, ist ein schwerer Verkehrsunfall. Ich habe einmal ein paar der Fragen hier dokumentiert, was völlig ausreicht, um das Ganze als mythologischen Stuss einordnen zu können. Was wird hier getan? Es wird nach "Einschätzungen" gefragt, und zwar nach Einschätzungen über Einschätzungen im Rahmen von nicht definierbaren Items. Es ist ein Lehrbeispiel für das Gegenteil von Validität.

Irgendwas mit …

Das fängt an mit dem Begriff "Demokratie", der hier völlig unkritisch durch die Items geschubst wird, als sei das eine Entität und nicht ein höchst problematischer Begriff, unter dem man alles Mögliche verstehen kann. Mit der Diskussion darüber kann man nicht nur Bibliotheken füllen, es gibt sie bereits.

Zudem gibt es einen Konfettiregen weiterer Unschärfen wie "respektvoll", "Desinformation", "glaubwürig(e Quellen)" usf.. Man hat keine Chance zu erkennen, ob auch nur zwei Probanden darunter annähernd dasselbe verstehen. Hier wird etwas 'gemessen', das man nur deshalb nicht heiße Luft nennen kann, weil das bei der durchaus geht.

Was etwa sind "gute Argumente"? Ist das eine Entität? Kann ich die anfassen? Wie unterscheiden sie sich von schlechten und wer beurteilt das? Ach ja, der Proband, womit siehe oben. Dieses Item ist besonders dumm, weil es ohne das Adjektiv ggf. etwas taugen könnte.

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Meine Lieblingsstelle ist aber die hier:

"Denken Sie an Ihre tägliche Arbeit: Wie bewerten Sie die folgenden Aspekte?

Meine Berichterstattung […] positioniert sich gegen Feinde der Demokratie"

Zunächst einmal positioniert sich eine Berichterstattung überhaupt nicht, sonst ist sie keine mehr. Dann wird hier angefragt, ob jemand, von dem man gar nicht weiß, ob er überhaupt "berichtet", eine Vorstellung davon hat, die sich nicht nicht nur auf eine Vorstellung von "Demokratie" bezieht, sondern ebenso auf eine von deren "Feinden" und wie sich das eine auf das andere auswirkt.

Es ist keineswegs Polemik, darauf hinzuweisen, dass "Feinde der Einhörner" hier eher messbar wäre, zumindest wenn der Proband welche kennt. Ein schönes Beispiel eigentlich, weil die Meisten dabei vermutlich an komische Pferde denken, die man kämmen kann. Das sollte man daher besser klären.

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Im Englischen nennt man so etwas wohl "train wreck". Wenn ich immer wieder dafür kritisiert werde, dass ich darauf beharre, Wissenschaftlichkeit sei unerlässlich, wenn man wissen will, was ist, liegt es wohl nicht zuletzt an solchen sogenannten "Studien". Es kommt von einer Uni und wird von der DFG gefördert, aber daran ist absolut nichts Wissenschaftliches.

Es muss klare Kriterien dafür geben, was man untersucht, wie man auch wirklich misst, was man zu messen vermeint und dass Entitäten, mit denen man hantiert, nicht beliebig interpretierbar sind. Hier passiert das Gegenteil: Einschätzungen in der dritten Metaebene von Projektionen, deren Gegenstand undefiniert bleibt. Ich empfehle den Verantwortlichen irgendwas mit Gartenarbeit.

 
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Die von mir bevorzugten Medien versorgen mich mit detaillierten aktuellen Informationen. Was für die Älteren klingt wie eine Binse, markiert inzwischen das Gegenteil dessen, was die Massenmedien bieten. Dort bekomme ich nur mehr Wiederholungen religiöser Formeln, Wunschdenken und ungeschminkte Lügen, die in Zeiten der Kriegspropaganda den Meinungskorridor eingrenzen.

Über das Geschehen in der Ukraine habe ich in den vergangenen zwei Jahren Hunderte von Informationen erhalten, die ich mit dem Fortgang im Kriegsgebiet abgleichen konnte. Als zuverlässig erweisen sich nach guter rationaler Tradition diejenigen, sie sich im Laufe der Zeit als wahr erweisen. Wenn eine Quelle zutreffende Prognosen abgeben kann, besser noch: den Empfänger selbst dazu befähigt, taugt sie etwas.

Kriterien

Diese Quellen zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie deutlich machen, welche Informationen gesichert sind, welche zweifelhaft und welche als Gerücht eingestuft werden – und selbstverständlich, warum das so ist. So etwas kann man lernen. Wenn man das gelernt hat, fällt man als Redakteur kapitalistischer Medien aus. Wenn man das kann, ist man auch in der Lage, aus den Quellen der Pro- und Kontrapropaganda seine Schlüsse zu ziehen.

Ein Wort zu 'alternativen' Medien am Beispiel der Nachdenkseiten: Ich werde immer wieder mal gefragt, wieso ich die noch verlinke. Die Frage ist berechtigt. Ich bin bei denen irgendwann in Ungnade gefallen, niemand sagt mir, warum. Mails werden von ihnen nicht beantwortet, mit gelegentlicher Ausnahme von Jens Berger, den ich ja auch persönlich kenne. Der ist allerdings dort nicht für alles zuständig.

Diskurs vs. Bestätigung

Inhaltlich bzw. qualitativ ist hier bekannt, was ich von dem Auftritt halte: Zu wenig bis gar keine Analyse, keine grundlegende Kritik am Kapitalismus, teils dumpfe Meinungsmache, vor allem in Bezug auf eine diffuse Opposition beim Thema Corona, die u.a. offenbart, dass dort offenbar niemand Studien versteht und mangelndes Verständnis gern durch laute Meinung kompensiert wird.

Die NDS sind gleichwohl ein Portal, von dem ich weiß, dass es von Menschen frequentiert wird, die vielleicht in einem nächsten Schritt hier aufschlagen. Ja, das ist schwierig, wenn die mich ignorieren, aber es wäre nicht konsequent, sondern ein Akt weiterer Abschottung, keinen solchen Auftritt mehr in der Liste zu haben. Tatsächlich liegt mir etwas daran, etwas anderes zu fördern als das, was der große Einheitsbrei täglich bietet. Die NDS kann ich akzeptieren. Das ist weniger ein Lob an sie als Tribut an den Niedergang des Journalismus.

 
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Die Kriegsbefürworter wiederholen in Endlosschleife widerlegte oder unsinnige Gründe, die sie nicht nur vorschieben, sondern für die sie unbedingt Zustimmung einfordern. Wer diesem Quatsch widerspricht, so die einhellige Strategie, sei auf der Seite des Feindes, Putin.

Das Haupt-Pseudoargument dabei ist nicht falsifizierbar. Eine nicht falsifizierbare These als vorgeblicher Kriegsgrund, das ist ein nicht mehr zu überbietender Skandal. Sollten nicht Kriegsgründe so eingehend wie nur denkbar geprüft werden? Stattdessen ein ausgemachter Unfug: "Putin" (der stets als handelndes Subjekt anstelle Russlands phantasiert wird) wolle nicht nur die Ukraine, sondern danach ganz Europa erobern.

Diese reine Unterstellung – Putin oder andere verantwortliche in der russischen Führung haben stets das Gegenteil beteuert – ist nicht nur eben nicht falsifizierbar, sie ist auch ohne jeden Beleg. Obendrein kommt dasselbe Narrativ mit der Behauptung daher, Russland habe sich in zwei Jahren als unfähig erweisen, jedwede Geländegewinne zu erzielen. Nach welcher Logik soll es dann aber fähig sein, sich binnen Kurzem durch Europa zu fräsen?

Bis die Grotte bebt

Die zweite tragende Säule der Propaganda ist das Mantra des unprovozierten Angriffskriegs. Diejenigen, die von Anfang an mit Recht das Gegenteil behauptet haben, werden bis heute als Putintrolle diffamiert. Eines unserer Kernargumente war der Hinweis auf Minsk II und die permanenten Verstöße der Ukraine gegen diesen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag.

Obwohl inzwischen Merkel und Hollande unisono beteuert haben, dass ihr Völkerrechtsbruch von Anfang geplant war, und zwar ausdrücklich in der Absicht, diesen Krieg vorzubereiten, schwafeln dieselben Protagonisten nach wie vor vom unprovozierten Überfall. Was soll das? Was soll das sein außer dümmster, entlarvender Kriegspropaganda?

Weitere Details, die allesamt aus Spinnereien auf Kindergartenniveau bestehen, Projektionen mit dem Charme von Groschenromanen, kann man sich sparen. Der Feind ist künstlerisch längst verewigt in Splattermovies und Horrorporn. Das glaubt niemand, nicht einmal die Mischpoke, die das selber predigt. Aber je mehr sie am eigenen Glauben zweifeln, desto lauter beten und predigen sie. Jemand meinte neulich zu mir: "Die können doch nicht alle lügen!" Nein, können sie nicht?

 
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Ab und an muss ich noch dort hineinschauen. Man kann sich das kaum vorstellen, selbst die Älteren wollen sich nicht mehr erinnern, dass man dafür einmal Geld ausgegeben hat und es informativ fand, das Sturmgeschütz der Demokratie. Der Landser- und Patriotendemokratie zum Mitmarschieren. Humba! Täterä!

Neben dem üblichen Lifestylemist, Erziehungstips für Mittelschichtseltern, einmal ins "Gym" und schon schöner, schneller, gesünder, oder wie man das Glück® trotz Krise findet, bla, erfahren wir von der müdesten Propagandawerft an der ganzen Küste das Älteste im kältesten Aufguss, das Dümmste als Infotainment für Schlauerfühler. Der Hammer heute: Sie haben den "Hacker des Bösen" geschnappt. Es war einmal ein böser böser Wolf …

Ganz vorn aber, auf den ersten fünf Plätzen, landen, damit wir sie nicht vergessen, Putin, Putin, Putinland und Russland. Ernsthaft werden wir in der Welt der Spiegelredaktion vom jüdisch-bolschwestischen Bösen aus dem Raum im Osten "abgehört und unterwandert"! Von den Russen, sicher, ihrer CIA, NSA, DHS, wissens schon, mit diesem Prism, Tempore, XKeyscore, total und rundum über DNS und Atlantikleitung bis hin zu den ganzen Klubs, Blasen und Basen, die sie hier unterhalten.

Kim ante portas

Diese Russen! Wenn sie so weitermachen, laufen sie den Nordkoreanern noch den Rang ab. Derweil das Duell des Tages: der Kanzler gegen den Papst. Ganz ganz wichtige Männer, die die Weltläufte unterschiedlich einordnen. Das gehört eingeordnet. Ist der Papst etwa auch unterwandert? Nein! Doch!

Ein Gastautor darf schwadronieren über Putins Putinrussland und dass es an der Front nur "im Vorteil" sei derzeit. Das bisschen Überlegenheit bei Luftabwehr, Artillerie, Munition, Bewaffnung, Luftunterstützung, Truppenstärke, Nachschub, Produktion, Strategie und Logistik darf man aber nicht überbewerten. Die bessere Moral ist nämlich das, was zählt. Und die Moral natürlich.

Knallhart recherchiert außerdem: Es gibt ein schlechtes Foto von irgendeiner blaublütigen Uschi, Probleme kranker Piloten und CO2-Reduktion in Ihrem Landkreis. Voll am Puls der Zeit, am Maul des Volkes, mittendrin im Zentrum der Mitte statt nur schnöde Mitte oder Mittelschichtsrandlage. Zwei Fragen hätte ich da allerdings noch: Woher kommt eigentlich diese Krise des Journalismus und wie konnte es damals® eigentlich dazu® kommen?

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