August 2025


 
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Immer wieder "Lügenpresse"; wie schön, dass es ein paar Deppen gibt, denen man (im Ansatz zurecht) Naziterminologie und Einfältigkeit vorwerfen kann, dann ist der Vorwurf ja vom Tisch. Gefehlt! Die Techniken der Propaganda lassen sich benennen und massenhaft in den Massenmedien nachweisen. Während man von Boulevard und Springerpresse längst an Propaganda gewöhnt ist, werden dieselben Methoden inzwischen fast überall angewendet.

Das beginnt bei der klassischen Kampagne. Medien schießen sich auf bestimmte Personen oder Gruppen ein, um sie zu fördern oder niederzuschreiben. Beispiele: In Obamas erstem Wahlkampf 2008 hielten sich "Spiegel", "Zeit" und "Welt" für bemüßigt, Clinton quasi ins Amt zu schreiben. Schon damals glaubte der "Spiegel", selbst Politik machen zu können; Weltpolitik, versteht sich. Steingart brüstet sich mit gar mit Einflussnahme und sagt auch, wie das geht:

"Der „Spiegel“ hat mit seinen Titelstorys Rot-Grün konsequent aufs Korn genommen, geradezu kampagnenartig.

Ich widerspreche nicht: Wenn Kritik und wiederholte Kritik eine Kampagne ist, dann haben wir eine Kampagne betrieben."

Kritische Kampagne

Er nennt das, wiederum in Verdrehung des Begriffs, "Kritik". Eine wiederholt geäußerte Ablehnung in Form einer Parteinahme ist aber nicht "kritisch", sondern verstößt gegen genau die journalistischen Prinzipien, die genau solche Hanswurste gern für sich in Anspruch nehmen. Ein Beispiel für eine Kampagne, der man nicht entgehen kann, ist die aktuelle gegen Putin, i.e. Russland. Jeder einzelne Vorwurf trifft entweder nicht zu oder wird selektiv gegen Russland gewendet, obwohl er sich gegen Gott und die Welt richten ließe.

Beispiel Doping: Wie gesagt dopt jeder Leistungssportler, Ausnahmen sind äußert rar gesät. In Deutschland gab es dafür eine Spezialabteilung in Freiburg (s. Armin Klümper). Nachdem Birgit Dressel bereits infolge ihres Arzneimittelmissbrauchs gestorben war, hat man diesen Stall nicht etwa dichtgemacht; im Gegenteil waren teils dieselben Ärzte z.B, für das Team Telekom um Jan Ullrich zuständig, einen dieser Rennställe mit den vielen Einzelfällen. Die Uniklinik Freiburg ist übrigens eine staatliche Einrichtung, aber allein der alberne Unterschied zwischen "Staatsdoping" und staatlich gefördertem Doping im kapitalistisch verwerteten Sport ist schon Propaganda.

Beispiel Krieg: Bosnien, Irak, Afghanistan, noch einmal Irak, Libyen, Syrien usf., sind Kriege 'für Menschenrechte“ – es sei denn Russland "mischt sich in den Bürgerkrieg ein". Die Anerkennung jugoslawischer Teilrepubliken durch den Westen Anfang der 90er Jahre steht im diametralen Gegensatz zur Verurteilung Russlands wegen des Anschlusses der Krim. Deren Annexion wird ernsthaft als "Überfall" bezeichnet, obwohl jeder wissen kann, dass die Krim vertragsgemäß immer von russischen Truppen 'besetzt' war.

Trolle, Doping, Krieg: Diese Russen!

Beispiel Trolle: Es gibt keinen einzigen belegten Fall, in dem russische Trolle irgend ein deutschsprachiges Forum heimgesucht haben, dagegen dutzende, dass sowohl politisch Einfluss durch Parteien und ihre Unterstützer genommen wird, ganz zu schweigen vom Dauerfeuer bezahlter Mietmäuler im Interesse des Kommerzes. Obendrein ist es schon witzig so zu tun, als hätte 'Putin' Zauberargumente, mit denen er die hilflose deutsche Öffentlichkeit manipuliert.

Ach ja, die Hacker sind übrigens auch Russen, z.B. die vom IS, siehe dazu auch unten "Verdachtsjournalismus", dessen primitivste Variante die Wahnphantasie ist: "Putin könnte 2017 einen Atomkrieg starten" ist die endgültig unterste Schublade. Dieser Schwachsinn suggeriert, es gäbe quasi einen Plan, denn nur so kann ja ein Zeitpunkt genannt werden. Der vermeintlich korrekte Inhalt (vermutlich könnte Putin das, aber ich kann auch die Kinder der Nachbarin aufschlitzen) besteht in einer infamen Unterstellung.

Beispiel Hooligans: Es gibt russische Hooligans, erfahren wir, und: Es gibt irgendwen in Russland, der mit irgend einer staatlichen Instanz zu tun hat, den das nicht stört. Schon ist es "Putin", der dahinter steht. Überhaupt ist die dauernde Personalisierung, die Gleichsetzung Russlands mit Putin, ein Mittel der Propaganda. Personen kann man nämlich mit beliebigen negativen Eigenschaften behängen; bei Völkern wäre das offensichtlich Hetze, deshalb braucht es das personifizierte Böse.

Eines der übelsten Mittel der Propaganda ist Verdachtsjournalismus. Als es noch die Vorstellung gab, Journalismus könne seriös sein, war es ein Tabu, unbelegte Verdachtsmomente auszusprechen. Es war ein Sakrileg, nicht zwischen Vermutung, Verdacht und Tatsache zu unterscheiden. Die denkbar schlimmste Variante ist die, wüste Spekulation als Tatsache zu verkaufen und damit die Forderung nach Konsequenzen zu verbinden. Den absoluten Nullpunkt journalistischer Qualität und die Rückkehr der Hetzpropaganda hat der Spiegel mit seinem Titel vom 28.07.2014 erreicht. Dass die Hinterbliebenen der Opfer des Anschlages, mit denen dort Kasse gemacht wird, nicht gefragt wurden, macht den Braten auch nicht mehr fett.

Tausende Geisterfahrer

Die Reaktion der Redaktion (siehe Link) ist typisch: Unter den Kritikern dieser widerlichen Hetze "waren auch organisiert auftretende, anonyme User, die schon seit Monaten jegliche Kritik an Russland mit einer Flut an Wortmeldungen in den Foren vieler Online-Medien kontern.", so der "Spiegel". Propaganda kann man nicht inhaltlich verteidigen. Die Reaktion auf Kritik ist daher folgerichtig das beleidigte Spinnen an Verschwörungstheorien. Da sie nichts falsch machen, kann Kritik nur von Putins Trollen kommen, da sieht man's wieder!

Die Wortwahl ist nicht minder verräterisch. In den 80er Jahren wurden die Taliban der "Nordallianz" als "gemäßigte Rebellen" bezeichnet, jene Truppen, die später "Terroristen" waren und mit "Al Kaida" verschmolzen. So lange irgendwer auf Seiten der NATO kämpft, gilt er immer als "gemäßigt", über die anderen werden Horrormärchen wie die Brutkastenlüge oder Scharpings kranker Verbalamok von den gegrillten Föten erzählt. DIe NATO kämpft nur gegen Unmenschen, die unsagbar böse sind. Ganz anders der Russe: Der bombardiert "moderate Oppositionelle".

Eine Medienlandschaft, die sich längst an ein Neusprech gewöhnt hat, das vor allem wirtschaftliche Hintergründe tendenziös darstellt (so wie es das Lambsdorff-Papier und das Schröder-Blair-Papier ausdrücklich fordern), kann sich vielleicht noch damit herausreden, dass sie in ökonomischen Fragen das Vokabular von neoliberalen Experten gestellt bekommt. Das wäre auch schon traurig, aber in Sachen Poltik, vor allem wenn eindeutig Feindbilder aufgebaut werden, gibt es keine Rechtfertigung mehr. Es gibt nur noch Ausreden wie im Kindergarten, derer sich die Propaganda stets fleißig bedient. Sie erwartet unmündige Gefolgschaft, sonst funktioniert sie nicht. Wer sie kritisiert – gleich ob verblendet oder sachlich – gehört zum Feind und wird entsprechend behandelt.

Juni 2016

 
trp

"Interessensverbände machen die Politik. Die ziehen die Fäden, an denen politische Hampelmänner hängen, die uns auf der Bühne der Berliner Puppenkiste Demokratie vorspielen dürfen. Diese Politfiguren dürfen dann in den öffentlich-rechtlichen Bedürfnisanstalten bei den Klofrauen Christiansen und Illner ihre Sprechblasen entleeren. Und wenn bei der intellektuellen Notdurft noch was nachtröpfelt, dann können sie sich bei Beckmann und Kerner an der emotionalen Pissrinne unter das Volk mischen.

Georg Schramm selbst mochte diesen Spruch sehr; er mag ihn vermutlich immer noch, auch wenn ich ahne, dass häufiges Zitieren irgendwann die Freude dezent trübt. Allemal ein Monument. Aber warum eigentlich?

Fragen oder nicht fragen

Die Humorkritik lassen wir getrost beiseite. Diese Watschn sitzt nicht zufällig so gut. Es werden nicht nur ein paar austauschbare Figuren erwähnt (erstaunlich allerdings, dass bislang nur die Hälfte der Genannten ging und die anderen Pfeifen noch immer den Duft entkräfteter Beckenböden verströmen, angereichert inzwischen mit dem Schwefel der Munitionsproduktion). Schramm erlaubt sich hier etwas für Journalismus schon unerhörtes: eine Andeutung von Kontext und Strukturen.

Fragen, wer mit wem wie verbandelt ist, das große Drehtürkarussell, kollektives Händewaschen, Parolen, Wording und Propaganda oder kurz: Aufklärung, die ihrerseits von Reflexion und Reflexivität lebt, der Kunst, den geäußerten Anspruch auf sich selbst anzuwenden und sich zu hinterfragen. Das Ganze obendrein eingefasst in hohe Formulierungskunst, damit sind wir dann beim exakten Gegenteil dessen angelangt, was sich aktuell Journalismus nennt.

Olet

Die konkrete Formulierung wagt sich konsequent an die Grenze zu der unvermeidlichen Frage, wer sich diese Scheiße eigentlich noch antun soll. Schramm jedenfalls nicht mehr, Pispers auch nicht und so fort. Dem Volk bleiben Mario Barth und Dieter Nuhr, und das ist auch deutsch so. An den Pissrinnen herrscht derweil das große Wettstrullen zwischen den Darstellern der Karriererichtungen irgendwas mit Medien und irgendwas mit Politik.

Hampelmänner, Puppen und Figuren. Welch erstaunlicher Kontrast zum Lobhudeln nackter Kaiser, mächtiger Männer und grandioser Feministinnen von unfassbarer Intelligenz. Man riecht förmlich die Realität in diesen Sätzen, wird unangenehm tröstlich geerdet und einen Moment lang befreit von der besten Stimmung aller Zeiten. Unvergesslich – und das ist das Beste daran.