Sätze des Jahrhunderts (4): Pissrinnen
Posted by flatter under sajahu[27] Comments
02. Aug 2025 15:42
"Interessensverbände machen die Politik. Die ziehen die Fäden, an denen politische Hampelmänner hängen, die uns auf der Bühne der Berliner Puppenkiste Demokratie vorspielen dürfen. Diese Politfiguren dürfen dann in den öffentlich-rechtlichen Bedürfnisanstalten bei den Klofrauen Christiansen und Illner ihre Sprechblasen entleeren. Und wenn bei der intellektuellen Notdurft noch was nachtröpfelt, dann können sie sich bei Beckmann und Kerner an der emotionalen Pissrinne unter das Volk mischen.“
Georg Schramm selbst mochte diesen Spruch sehr; er mag ihn vermutlich immer noch, auch wenn ich ahne, dass häufiges Zitieren irgendwann die Freude dezent trübt. Allemal ein Monument. Aber warum eigentlich?
Fragen oder nicht fragen
Die Humorkritik lassen wir getrost beiseite. Diese Watschn sitzt nicht zufällig so gut. Es werden nicht nur ein paar austauschbare Figuren erwähnt (erstaunlich allerdings, dass bislang nur die Hälfte der Genannten ging und die anderen Pfeifen noch immer den Duft entkräfteter Beckenböden verströmen, angereichert inzwischen mit dem Schwefel der Munitionsproduktion). Schramm erlaubt sich hier etwas für Journalismus schon unerhörtes: eine Andeutung von Kontext und Strukturen.
Fragen, wer mit wem wie verbandelt ist, das große Drehtürkarussell, kollektives Händewaschen, Parolen, Wording und Propaganda oder kurz: Aufklärung, die ihrerseits von Reflexion und Reflexivität lebt, der Kunst, den geäußerten Anspruch auf sich selbst anzuwenden und sich zu hinterfragen. Das Ganze obendrein eingefasst in hohe Formulierungskunst, damit sind wir dann beim exakten Gegenteil dessen angelangt, was sich aktuell Journalismus nennt.
Olet
Die konkrete Formulierung wagt sich konsequent an die Grenze zu der unvermeidlichen Frage, wer sich diese Scheiße eigentlich noch antun soll. Schramm jedenfalls nicht mehr, Pispers auch nicht und so fort. Dem Volk bleiben Mario Barth und Dieter Nuhr, und das ist auch deutsch so. An den Pissrinnen herrscht derweil das große Wettstrullen zwischen den Darstellern der Karriererichtungen irgendwas mit Medien und irgendwas mit Politik.
Hampelmänner, Puppen und Figuren. Welch erstaunlicher Kontrast zum Lobhudeln nackter Kaiser, mächtiger Männer und grandioser Feministinnen von unfassbarer Intelligenz. Man riecht förmlich die Realität in diesen Sätzen, wird unangenehm tröstlich geerdet und einen Moment lang befreit von der besten Stimmung aller Zeiten. Unvergesslich – und das ist das Beste daran.
August 2nd, 2025 at 17:29
Ich ergänze mal um ein weiteres, inhaltsverwandtes Zitat von Schramm, rückblickend auf das, was die Schröder-Fischer-Junta unter dem Einfluß von INSM und Bertelsmann-Stiftung in trauter Eintracht mit CDU/CSU und FDP mit Arbeitslosen-, Renten- und Krankenversicherung gemacht hat und als Neuwahlen anstanden:
"Sie stecken alle unter einer Decke. Wozu, frag ich Sie, wozu, fragt man sich, wozu die Wirtschaft eigentlich noch einen Regierungswechsel braucht. […] Die haben jeglichen Respekt vor uns verloren. Wenn man das alles zusammenzählt, wenn man guckt, was hier passiert, dann kann man doch nur noch zu einer Schlußfolgerung kommen: daß sie jeglichen Respekt vor uns, vor ihrem demokratischen Souverän, verloren haben. Und sie werden erst wieder Respekt vor uns haben, wenn sie Angst vor uns kriegen. Sehr bedauerlich! Respekt wäre uns lieber gewesen!"
Für sowas gäbe es heute, eingedenk von "Haßrede", "Delegitimierung" und willigen furchtbaren Staatsanwälten, siehe vorheriger Opener, direkt mindestens mal Auftrittsverbot im ÖRR, wenn nicht gar mehr.
August 2nd, 2025 at 22:00
"… wer sich diese Scheiße eigentlich noch antun soll. Schramm jedenfalls nicht mehr, Pispers auch nicht und so fort."
Der Spruch von Schramm ist eine gelungene Zusammenfassung zum Zustand der Journaille nebst "Volksvertreter", die sich auf der Bühne einvernehmlich rumtreiben. Er hat – schon damals – alles gesagt, was es zu dieser Scheiße zu sagen gibt und gleichzeitig das Ende von Politik und Journalismus besiegelt. Nach dem Motto: "Hier kommt, und kann auch nichts Gutes mehr kommen". Daher ist sein Spruch tatsächlich wie ein Monument.
Im besten Fall haben Monumente die Eigenschaft einer positiven Ausstrahlung auf den Betrachter und Schramm ist das mit diesem Denkmal vortrefflich gelungen. Damals wie heute hat es, für einen kurzen Moment, eine befreiende Wirkung für den Betrachter. Da die Scheiße ja weiter läuft, ist es daher auch unvergesslich und gut das es solche Monumente gibt.
PS: Ich finde es gut, wenn Kunstschaffende ihre persönlichen Konsequenzen daraus ziehen, sich sowas nicht anzutun und entsprechend die eigene Haltung nicht verkaufen.
August 3rd, 2025 at 10:37
Ach, wenns doch nur die Pissrinnen wären, mit den Irgendwassen mit Medien und Politik und Comedy, die dran schüffeln … es geht ja immer auch schlimmer mit dem Gestank: "Da, wo die Scheiße fällt, stehen die Intellektuellen." (Heiner Müller)
August 3rd, 2025 at 10:58
Apropos Medienscheiße: "Tatsächlich … Liebe: Menschen können tiefe Gefühle für KI entwickeln. Saskia, Richard und Stefanie führen eine Beziehung mit einem Chatbot-Avatar. Hier erzählen sie, wie sich das anfühlt." (Spiegel-Loveletter von heute)
Ich hoffe, es tut wenigstens ordentlich weh. Sonst machts nämlich keinen Spaß.
August 3rd, 2025 at 21:06
@keine Ahnung:
Booh, jetzt habe ich wieder Kopfkino. Neulich war an der gläsernen Haustür eine Schleimspur, eindeutig die Kontur einer Zunge, ich dachte noch, hoffentlich war es ein Hund, jetzt habe ich wieder Zweifel.
August 4th, 2025 at 09:21
OT:
Der Höhepunkt des Fremdschämens ist wohl erreicht, wenn Kriegstreiber John Bolton meint, eine antirussische Aktion auf CNN klar stellen zu müssen: “It seems that Trump doesn’t really understand how our nuclear navy works…The nuclear submarines aren’t just sitting in port — they’re already in position to retaliate against a Russian nuclear strike.”
Genauso wie die erstarrten Mumien der ZK's zum Untergang des Ostblocks passten, so passt das aktuelle Personal zum Untergang des Westens. Stotternde, merkbefreite Dauerinsassen von Social Media, deren einzige Sorge ist, ob beim Atomkrieg noch Selfies hoch geladen werden können.
August 4th, 2025 at 10:18
@BerndH60: Und neulich so: Die Wirtschaft schwächelt. Was macht Mango Moron? Natürlich entlässt er die Chefin der Statistik-Behörde.
Sollten wir bald vom Ableben Faucis lesen, dann hat er sich sicher totgelacht. Diese freien Wahlen sind eben das beste, das die Menschen erfunden haben.
Inzwischen halten die Leute Spiegel auf der Straße hoch, damit die Schlägertrupps Faschisten sehen können.
August 4th, 2025 at 11:39
@R@iner
Das mit den Faschisten im Spiegel kapier ich nicht, verdammt …
August 4th, 2025 at 12:14
No prob. Guxu Activists in Downtown Los Angeles forcing the fascists to look themselves in the mirror
August 4th, 2025 at 12:25
Ich konnte die Site leider nicht archivieren, aber es sieht wohl schlimmer aus als gedacht, die russischen Telegramkanäle witzeln ja schon seit etwa 2 Wochen über DD "Dementia Donnie".
The Guardian vermutet mehr.
‘He has trouble completing a thought’: bizarre public appearances again cast doubt on Trump’s mental acuity. Joe Biden was hounded for his age-related gaffes, but Trump’s increasingly strange behavior has largely been ignored.
Die Sowjetunion hatte immerhin den Anstand ihre demente Führung nicht öffentlich vorzuführen.
August 4th, 2025 at 13:39
@10
Mögen die Zeichen psychiatrischen Betreuungsbedarfs des POTUS (79) auch noch so augenfällig sein, so sollte man eines nicht übersehen: Er hat immerhin unsere geradezu jugendliche politische Führungs-Intelligenzija Flinten-Uschi (67) und Fotzenfritz (70) nicht nur in jeder Hinsicht nach Strich und Faden übern Tisch gezogen, sondern diese feiern sich obendrein für ihr fundamentales Versagen, dem Kernauftrag ihres üppigst alimentierten Jobs, der Vertretung unserer Interessen, öffentlich selbst-lobhudelnd damit, daß sie noch Schlimmeres verhindert hätten. Das läßt einigen Gedanken über deren mentale Verfaßtheit Raum, welche auszusprechen die in Gesetze gegossenen einschlägigen Insubordinationsverbote gegenüber Ebenjenen bestimmt nicht zufällig unter Strafe stellen.
August 4th, 2025 at 21:43
Also ich finde, wir haben keinen Grund, über Trump zu spotten. Unsere Besten folgen seinen Spuren. „Unser“ Bundes-Landwirtschaftsminister, parteiinterner Spitzname „der »schwarze Metzger«“, der nach einer Informationsfreiheitsanfrage von Foodwatch zu Kontrollen in seinem Metzgereibetrieb ebendiesen direkt zumachte und mit diesem Winkelzug nach Ansicht des zuständigen Landratsamts der Anfrage den Boden entzog, feuert als erstes mal die Tierschutzbeauftrage des Bundes.
Besser noch: nachdem sich die Bundesjunta just 208 neue Beamtenstellen gönnte, steht genau diese eine etablierte Funktion komplett auf der Abschußliste. Sicher nur ein Zeichen des Sparwillens. Bitte weitergehen, es gibt hier nix zu sehen!
August 5th, 2025 at 04:59
@10
Mentale Einschränkungen aller Art, begleitet von teils haarsträubenden Statements, sind bei den Potussen der letzten Jahrzehnte schon immer eher die Regel als die Ausnahme gewesen. Nixon, Reagan und Bush junior sind da nach wie vor die Spitzenreiter, glaub ich. Nicht zu vergessen Herrn "Ich bin ein Süßgebäck"-Kennedy Junior, dessen Synapsen des Öfteren komplett den Dienst einstellten, geriet eine halbwegs ansehnliche Pussy-Besitzerin in Greifnähe.
August 5th, 2025 at 09:10
Spiegel heute: Putin ist schuld an den steigenden Mieten.
Morgen lesen Sie: Warzen besprechen – Kann das helfen?
Journalismus kann man studieren, wie jeder weiß. Dazu braucht man Abitur, wie auch jeder weiß.
Kann man aber – ohne jemals überhaupt eine Schule besucht zu haben -, in einer Redaktion landen?
Die Antwort darauf könnte die Bevölkerung verunsichern, wie ich fürchte.
Ich muss mal überlegen, ob man ein Programm schreiben könnte, das Spiegel-Artikel in Emojis übersetzt.
August 5th, 2025 at 10:30
Rentner und einsam? Das muß nicht sein. Einfach mal einen netten Brief an einen Minister schreiben und ruckzuck kommt Besuch. So geht Bürgernähe bis an den Küchentisch!
August 5th, 2025 at 11:06
Ich fürchte, dass die Waffenproduktion zunehmen wird. Man hat den Eindruck, dass dadurch die Krise der Wirtschaft in Deutschland verschleiert wird.
Nachdenkseiten: „Ja, wir sind im Krieg!“
August 5th, 2025 at 11:22
@R@iner #14.: Was meinst du, wären die Emojis dann 'Grinspfirsiche' oder eher 'Trauerklöße'?
@OldFart #15.: Da kann man mal sehen, die Hysterie ist perfekt. Wenn es um den kleinen Mann geht, versteht das Finanzministerium einfach keinen Spaß mehr, schade. Ich weiß schon, warum ich keinen netten Brief an den Finanzminister schreibe. Ich müsste dann wohl mit dem SEK rechnen.
August 5th, 2025 at 12:32
@Nanny: Es bleiben in Ermangelung echter Informationen nur Imperative, die dem Leser sagen, welchem Gefühl er sich gerade hingeben soll. Für den Anfang sollten Emojis für *freu*, *oh, schlimm*, *Gefahr – mach Dir ins Höschen* und *traurig* reichen.
DAS ist ein Mahnmahl der Schande. Nicht das Dingens in Berlin.
August 5th, 2025 at 13:06
@Rainer 14
Das mit dem verbrecherischen Angriffskrieg Putins auf den bisher kerngesunden deutschen Wohnungsmarkt hatte ich heute früh auch gelesen und vor Lachen fast meinen Frühstücks-Ouzo wieder ausgespuckt.
Inzwischen hat übrigens der verantwortliche Redaktionstrottel den Namen des übelsten aller Russensatane aus der Artikelüberschrift verschwinden lassen. Man will sich wohl im Nachhinein nicht mit komplett heruntergelassener resp. vollgeschissener Hose erwischen lassen. #pressepissrinne #medienkloake
August 5th, 2025 at 15:46
Immer wieder lustig: Gerrymandering. Democracy, fuck yeah!
August 5th, 2025 at 16:07
@20
Der Link ist verunfallt.
August 5th, 2025 at 16:34
Das war er, in der Tat. Bedankt.
August 5th, 2025 at 17:30
@20:
Gerrymandering ist mit Sicherheit deutlich einfacher als Parteiverbotsverfahren. Und warum nicht? Ich habe mal vor vielen Jahren einen Bericht im TV gesehen, wo ein Land mit einer Militärjunta Demokratie machen wollte. Vor jedem Wahllokal standen 2 Kleiderschränke, der eine hatte etliche Topfsets dabei, der andere war mit Schreibutensilien bewaffnet. Das Wahlvolk konnte wählen, je nach Auswahl ging einer der Kleiderschränke mit dem Wähler ins Lokal und voila.
Ich werde erst dann der repräsentativen Demokratie wieder huldigen, wenn ich auch vor der Wahl was Greifbares bekomme.
August 5th, 2025 at 17:44
Du wärst wohl nicht mit dem festen, wie gewünscht VOR der Wahl hoch und heilig abgegebenen Versprechen "keine Mehrwertsteuererhöhung", oder "keine neuen Schulden", oder sowas in der Art zufrieden, deucht mir. Dieser eklatante Mangel an Vertrauen in die Redlichkeit unserer Repräsentanten macht mich sprachlos! Immer diese ordinären Materialisten. So wird das nix mit der Demokratie!
August 6th, 2025 at 15:20
Das indische TV hat definitiv einen Satz des Jahrhunderts raus gehauen: Telegram Video.
"If Donald Trump had been president in the 20th century, many disasters could have been avoided: World War I, World War II, the nuclear arms race, the Cold War. Trump would not have allowed any of these. It is no coincidence that his middle name is 'Cease Fire.'…All humanity owes him, we should all be grateful to him! He made a deal with God for the daily sunrise and for ships to sail the oceans! Without him, gravity would not exist!"
August 9th, 2025 at 11:50
Neues von der Drehtür.
August 9th, 2025 at 14:58
Soso, Sonderurlaub also.
Aber Sonderurlauber haben bekanntlich kurze Beine: Von Äthiopien ins orangefarbene Gagaland.
What an Abstieg.Ätschbätsch.