2025


 

Aber selbst im schwachen Regenten ehrt sie die Wohlthat der erblichen Thronfolge: und wird, ohne zu beleidigen, (denn wahre Aufklärung beleidigt die Majestät nie) Rathgeberin des Fürsten, und Wohlthäterin des Staats.


Andreas Riem, 1788

 
Der Online Safety Act, den Starmers Regierung an den Start bringt, wird in den hiesigen Medien bis hin zu ehemaligen Fachmagazinen als eine Art Zugangsbeschränkung für Porn Sites dargestellt. Tatsächlich ist er aber eines jener Gesetze, die mit dem Alarmschrei "Die armen Kinder!" Zensurinfrastruktur schaffen. Fun Fact: Starmer ist 'Menschenrechtsanwalt' und schickt sich an, die Menschenrechte so zu ruinieren wie Anjatanja das Völkerrecht.

Die armen Kinder

Selbstverständlich ist auch wieder von Hate Speech die Rede und abstrakt von möglichen "psychisch schädlichen" Inhalten. Was das ist, regelt der Zensor. Das passt auch ganz hervorragend zu den EU-Zensurgesetzen wie dem Digital Services Act und willkürlichen 'Sanktionen' gegen missliebige Publizisten.

Besonders perfide ist die Umleitung über die EU, womit nämlich das, was sie 'Demokratie' nennen, als Stellvertretung in dritter Ableitung zuschlägt. Die von niemandem gewählte EU-Kommission, bestehend aus abgeschobenen Dilettanten nationaler Regierungen, legt ihre Ideen zur Gängelung ganz Europas einem machtlosen Gremium zum Abnicken vor, dann müssen diese Machwerke in nationales 'Recht' umgesetzt werden.

Man muss sich fragen, woher dann eigentlich jener stille Konsens rührt, der in diesem Prozedere Ausdruck findet. In manchen Sternstunden kann man das beobachten. So, als der Darsteller des Bundeskanzlers zur Entscheidung des US-Präsidenten devot lächelte, welche Energieinfrastruktur der Vasall sich leisten darf und welche eben nicht.

Regelbasiert

Dasselbe haben wir beim Nachfolger des POTUS und der Vorturnerin der EU erlebt, die artig nickte, als er ihr diktierte, wie der transatlantische Handel künftig abzulaufen hat. Angesichts dieser unzweideutigen Beobachtungen können alle Verschwörungstheoretiker einpacken. Es gibt hier keine geheimen Absprachen, sondern ganz öffentlich erteilte Befehle.

Das nämlich ist Demokratie®, deren Repräsentanten die Aufgabe innehaben, sie den Bürgern zu erklären. Wer das partout nicht verstehen will, kriegt einen Platz am Kindertisch. Internet ist da nicht mehr drin – zu unserer aller Sicherheit.

Wie verhält sich die kritische Vierte Gewalt, die Medien der Aufklärung und der Kontrolle des Staates, dazu? Man sehe sich um. Das Wort "Affirmation" hat sich nie so recht im öffentlichen Sprachgebrauch durchgesetzt. In Kreisen wirklich kritischer Geister, zumal Linker, war er ebenso ein Schimpfbegriff wie "reaktionär", der, schon eher bekannt, die unmittelbare Folge affirmativen Denkens zum Ausdruck bringt. Sie betteln um den eigenen Maulkorb. Mit dem gibt es dann ein Leckerli.

 
rn

Man kann den Sozialdemokraten vorwerfen, was man will, aber sie haben die Interessen und Nöte der arbeitenden Bevölkerung nie ganz aus den Augen verloren. Ihr erfolgreichster Vorstoß der letzten Jahrzehnte sollte das Gutes-Leben-Gesetz werden. Allen Deutschen soll ein Auskommen garantiert sein: Wohnung, Nahrung und Kleidung.

Demnach hat jeder Bundesbürger ein Recht auf unentgeltliche 24 m² Wohnfläche, Konserven wie Sauerkraut und Erbsen mit Möhren, Bratwurst, Graubrot oder Schwarzbrot, einfachen Aufstrich und Mineralwasser. Wie gesagt: Völlig kostenlos und nach Bedarf.

Einerseits – andererseits

Die Diskussion darüber wurde sehr lebhaft. Während Arbeitgeberverbände abrieten, argumentierten die Sozialverbände, das Angebot liege weit unter dem bisherigen Mindeststandard, dem definierten Existenzminimum, das ja längst garantiert war. Tatsächlich handele es sich um eine weitere Absenkung der garantierten Absicherung unter das Mindeste.

Nachdem einige findige Startups tausende Kleinstwohnungen zur Verfügung stellen konnten – jeweils exakt die gesetzlich festgelegten 24 m² pro Kopf und Einheit – kippte die Stimmung aber und bis zu sechs Millionen Bürger nahmen das Angebot an. Die Maßnahme hat derweil tatsächlich die Kosten in den Sozialhaushalten erheblich gesenkt.

Reformbedarf

Allerdings stelle sich alsbald heraus, dass die Notwendigkeiten der Tagespolitik, insbesondere die Finanzierung des Wehraufbaukickstartgesetzes und die Ausstattung der Neuen Wehr mit hinreichenden Human Ressources, eine Rückabwicklung der neuen Sozialleistung erforderte. Eine Lösung wurde schnell gefunden.

Die Bundeskoalition aus Grünen, CDU, SPD, BSW und die Linke beschloss gegen die Stimmen der Opposition eine Absenkung der garantierten Wohnfläche auf 23 m² und beendete alle Zahlungen für zu große Wohnungen. Wer seine Kleinstwohnung nicht aus eigener Kraft bezahlen kann, hat nunmehr ein Recht auf Unterbringung in einem Wohncontainer der Flüchtlingshilfe bei Verzicht auf weitere Leistungen. Weitere Reformen sind in Planung.

 
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Immer wieder "Lügenpresse"; wie schön, dass es ein paar Deppen gibt, denen man (im Ansatz zurecht) Naziterminologie und Einfältigkeit vorwerfen kann, dann ist der Vorwurf ja vom Tisch. Gefehlt! Die Techniken der Propaganda lassen sich benennen und massenhaft in den Massenmedien nachweisen. Während man von Boulevard und Springerpresse längst an Propaganda gewöhnt ist, werden dieselben Methoden inzwischen fast überall angewendet.

Das beginnt bei der klassischen Kampagne. Medien schießen sich auf bestimmte Personen oder Gruppen ein, um sie zu fördern oder niederzuschreiben. Beispiele: In Obamas erstem Wahlkampf 2008 hielten sich "Spiegel", "Zeit" und "Welt" für bemüßigt, Clinton quasi ins Amt zu schreiben. Schon damals glaubte der "Spiegel", selbst Politik machen zu können; Weltpolitik, versteht sich. Steingart brüstet sich mit gar mit Einflussnahme und sagt auch, wie das geht:

"Der „Spiegel“ hat mit seinen Titelstorys Rot-Grün konsequent aufs Korn genommen, geradezu kampagnenartig.

Ich widerspreche nicht: Wenn Kritik und wiederholte Kritik eine Kampagne ist, dann haben wir eine Kampagne betrieben."

Kritische Kampagne

Er nennt das, wiederum in Verdrehung des Begriffs, "Kritik". Eine wiederholt geäußerte Ablehnung in Form einer Parteinahme ist aber nicht "kritisch", sondern verstößt gegen genau die journalistischen Prinzipien, die genau solche Hanswurste gern für sich in Anspruch nehmen. Ein Beispiel für eine Kampagne, der man nicht entgehen kann, ist die aktuelle gegen Putin, i.e. Russland. Jeder einzelne Vorwurf trifft entweder nicht zu oder wird selektiv gegen Russland gewendet, obwohl er sich gegen Gott und die Welt richten ließe.

Beispiel Doping: Wie gesagt dopt jeder Leistungssportler, Ausnahmen sind äußert rar gesät. In Deutschland gab es dafür eine Spezialabteilung in Freiburg (s. Armin Klümper). Nachdem Birgit Dressel bereits infolge ihres Arzneimittelmissbrauchs gestorben war, hat man diesen Stall nicht etwa dichtgemacht; im Gegenteil waren teils dieselben Ärzte z.B, für das Team Telekom um Jan Ullrich zuständig, einen dieser Rennställe mit den vielen Einzelfällen. Die Uniklinik Freiburg ist übrigens eine staatliche Einrichtung, aber allein der alberne Unterschied zwischen "Staatsdoping" und staatlich gefördertem Doping im kapitalistisch verwerteten Sport ist schon Propaganda.

Beispiel Krieg: Bosnien, Irak, Afghanistan, noch einmal Irak, Libyen, Syrien usf., sind Kriege 'für Menschenrechte“ – es sei denn Russland "mischt sich in den Bürgerkrieg ein". Die Anerkennung jugoslawischer Teilrepubliken durch den Westen Anfang der 90er Jahre steht im diametralen Gegensatz zur Verurteilung Russlands wegen des Anschlusses der Krim. Deren Annexion wird ernsthaft als "Überfall" bezeichnet, obwohl jeder wissen kann, dass die Krim vertragsgemäß immer von russischen Truppen 'besetzt' war.

Trolle, Doping, Krieg: Diese Russen!

Beispiel Trolle: Es gibt keinen einzigen belegten Fall, in dem russische Trolle irgend ein deutschsprachiges Forum heimgesucht haben, dagegen dutzende, dass sowohl politisch Einfluss durch Parteien und ihre Unterstützer genommen wird, ganz zu schweigen vom Dauerfeuer bezahlter Mietmäuler im Interesse des Kommerzes. Obendrein ist es schon witzig so zu tun, als hätte 'Putin' Zauberargumente, mit denen er die hilflose deutsche Öffentlichkeit manipuliert.

Ach ja, die Hacker sind übrigens auch Russen, z.B. die vom IS, siehe dazu auch unten "Verdachtsjournalismus", dessen primitivste Variante die Wahnphantasie ist: "Putin könnte 2017 einen Atomkrieg starten" ist die endgültig unterste Schublade. Dieser Schwachsinn suggeriert, es gäbe quasi einen Plan, denn nur so kann ja ein Zeitpunkt genannt werden. Der vermeintlich korrekte Inhalt (vermutlich könnte Putin das, aber ich kann auch die Kinder der Nachbarin aufschlitzen) besteht in einer infamen Unterstellung.

Beispiel Hooligans: Es gibt russische Hooligans, erfahren wir, und: Es gibt irgendwen in Russland, der mit irgend einer staatlichen Instanz zu tun hat, den das nicht stört. Schon ist es "Putin", der dahinter steht. Überhaupt ist die dauernde Personalisierung, die Gleichsetzung Russlands mit Putin, ein Mittel der Propaganda. Personen kann man nämlich mit beliebigen negativen Eigenschaften behängen; bei Völkern wäre das offensichtlich Hetze, deshalb braucht es das personifizierte Böse.

Eines der übelsten Mittel der Propaganda ist Verdachtsjournalismus. Als es noch die Vorstellung gab, Journalismus könne seriös sein, war es ein Tabu, unbelegte Verdachtsmomente auszusprechen. Es war ein Sakrileg, nicht zwischen Vermutung, Verdacht und Tatsache zu unterscheiden. Die denkbar schlimmste Variante ist die, wüste Spekulation als Tatsache zu verkaufen und damit die Forderung nach Konsequenzen zu verbinden. Den absoluten Nullpunkt journalistischer Qualität und die Rückkehr der Hetzpropaganda hat der Spiegel mit seinem Titel vom 28.07.2014 erreicht. Dass die Hinterbliebenen der Opfer des Anschlages, mit denen dort Kasse gemacht wird, nicht gefragt wurden, macht den Braten auch nicht mehr fett.

Tausende Geisterfahrer

Die Reaktion der Redaktion (siehe Link) ist typisch: Unter den Kritikern dieser widerlichen Hetze "waren auch organisiert auftretende, anonyme User, die schon seit Monaten jegliche Kritik an Russland mit einer Flut an Wortmeldungen in den Foren vieler Online-Medien kontern.", so der "Spiegel". Propaganda kann man nicht inhaltlich verteidigen. Die Reaktion auf Kritik ist daher folgerichtig das beleidigte Spinnen an Verschwörungstheorien. Da sie nichts falsch machen, kann Kritik nur von Putins Trollen kommen, da sieht man's wieder!

Die Wortwahl ist nicht minder verräterisch. In den 80er Jahren wurden die Taliban der "Nordallianz" als "gemäßigte Rebellen" bezeichnet, jene Truppen, die später "Terroristen" waren und mit "Al Kaida" verschmolzen. So lange irgendwer auf Seiten der NATO kämpft, gilt er immer als "gemäßigt", über die anderen werden Horrormärchen wie die Brutkastenlüge oder Scharpings kranker Verbalamok von den gegrillten Föten erzählt. DIe NATO kämpft nur gegen Unmenschen, die unsagbar böse sind. Ganz anders der Russe: Der bombardiert "moderate Oppositionelle".

Eine Medienlandschaft, die sich längst an ein Neusprech gewöhnt hat, das vor allem wirtschaftliche Hintergründe tendenziös darstellt (so wie es das Lambsdorff-Papier und das Schröder-Blair-Papier ausdrücklich fordern), kann sich vielleicht noch damit herausreden, dass sie in ökonomischen Fragen das Vokabular von neoliberalen Experten gestellt bekommt. Das wäre auch schon traurig, aber in Sachen Poltik, vor allem wenn eindeutig Feindbilder aufgebaut werden, gibt es keine Rechtfertigung mehr. Es gibt nur noch Ausreden wie im Kindergarten, derer sich die Propaganda stets fleißig bedient. Sie erwartet unmündige Gefolgschaft, sonst funktioniert sie nicht. Wer sie kritisiert – gleich ob verblendet oder sachlich – gehört zum Feind und wird entsprechend behandelt.

Juni 2016

 
trp

"Interessensverbände machen die Politik. Die ziehen die Fäden, an denen politische Hampelmänner hängen, die uns auf der Bühne der Berliner Puppenkiste Demokratie vorspielen dürfen. Diese Politfiguren dürfen dann in den öffentlich-rechtlichen Bedürfnisanstalten bei den Klofrauen Christiansen und Illner ihre Sprechblasen entleeren. Und wenn bei der intellektuellen Notdurft noch was nachtröpfelt, dann können sie sich bei Beckmann und Kerner an der emotionalen Pissrinne unter das Volk mischen.

Georg Schramm selbst mochte diesen Spruch sehr; er mag ihn vermutlich immer noch, auch wenn ich ahne, dass häufiges Zitieren irgendwann die Freude dezent trübt. Allemal ein Monument. Aber warum eigentlich?

Fragen oder nicht fragen

Die Humorkritik lassen wir getrost beiseite. Diese Watschn sitzt nicht zufällig so gut. Es werden nicht nur ein paar austauschbare Figuren erwähnt (erstaunlich allerdings, dass bislang nur die Hälfte der Genannten ging und die anderen Pfeifen noch immer den Duft entkräfteter Beckenböden verströmen, angereichert inzwischen mit dem Schwefel der Munitionsproduktion). Schramm erlaubt sich hier etwas für Journalismus schon unerhörtes: eine Andeutung von Kontext und Strukturen.

Fragen, wer mit wem wie verbandelt ist, das große Drehtürkarussell, kollektives Händewaschen, Parolen, Wording und Propaganda oder kurz: Aufklärung, die ihrerseits von Reflexion und Reflexivität lebt, der Kunst, den geäußerten Anspruch auf sich selbst anzuwenden und sich zu hinterfragen. Das Ganze obendrein eingefasst in hohe Formulierungskunst, damit sind wir dann beim exakten Gegenteil dessen angelangt, was sich aktuell Journalismus nennt.

Olet

Die konkrete Formulierung wagt sich konsequent an die Grenze zu der unvermeidlichen Frage, wer sich diese Scheiße eigentlich noch antun soll. Schramm jedenfalls nicht mehr, Pispers auch nicht und so fort. Dem Volk bleiben Mario Barth und Dieter Nuhr, und das ist auch deutsch so. An den Pissrinnen herrscht derweil das große Wettstrullen zwischen den Darstellern der Karriererichtungen irgendwas mit Medien und irgendwas mit Politik.

Hampelmänner, Puppen und Figuren. Welch erstaunlicher Kontrast zum Lobhudeln nackter Kaiser, mächtiger Männer und grandioser Feministinnen von unfassbarer Intelligenz. Man riecht förmlich die Realität in diesen Sätzen, wird unangenehm tröstlich geerdet und einen Moment lang befreit von der besten Stimmung aller Zeiten. Unvergesslich – und das ist das Beste daran.

 
trp

Alexander Kiknadze fasst für die NDS einige Aspekte zusammen, nach denen aktuell Willkürurteile gegen Publizisten gefällt werden, die von einer inoffiziell offiziellen Darstellung politischer Vorgänge abweichen. Wie haarsträubend diese Vorgänge sind, zeigen insbesondere Vergleiche zwischen den Konflikten in der Ukraine und rund um Israel, wo mit diametral unterschiedlichem Maß gemessen wird.

Wer von einer – letztlich wohl ausgerechnet durch Einschätzungen von Geheimdiensten festgelegten – für gültig befundenen 'Wahrheit' abweicht, macht sich demnach strafbar, wenn die Äußerungen dazu die Konstruktion einer Zustimmung zum Bruch des Völkerrechts zulassen. Schon das kann vor dem Grundgesetz eigentlich keinen Bestand haben, ein entsprechendes Urteil müsste allerdings noch herbeigeführt werden.

Offizielle Wahrheiten

Dass es sehr offensichtlich keine allgemeinen Kriterien und damit juristisch haltbaren Prinzipien geben kann, mit denen die jeweiligen Äußerungen strafbar und dem Schutz der Meinungsfreiheit entzogen werden, macht die Lage so eklatant. Wie das im Einzelnen funktioniert, dafür geben die NDS ein gutes Beispiel:

"Dies erklärt der Ermittlungsbefehl des Generalbundesanwalts für die Hausdurchsuchung in Dresden, der dem Autor vorliegt. Laut diesem Papier seien die Volksrepubliken keine staatlichen Entitäten, sondern hätten sich selbst und ohne völkerrechtliche Anerkennung deklariert. Die Gründung sei eine Reaktion einiger separatistischer „Rädelsführer“ auf die Nichtunterzeichnung des EU-Assoziierungsabkommens der Janukowitsch-Regierung im Jahre 2014. Ihr Kampf gegen die ukrainische Armee wird als ein Kampf weniger separatistisch, antiukrainisch eingestellter Rädelsführer dargestellt, die wegen ihrer bloßen Ablehnung der Kiewer Politik in den Kampf gingen."

Armageddon

Diese Darstellung lässt nicht nur alternative Interpretationen zu, sie ist völlig einseitig und schlicht abenteuerlich. Gleichwohl trumpft die Staatsanwaltschaft damit auf, um in triumphierender Weise deutlich zu machen, dass es eben eine Staatsdoktrin gibt, von der jede Abweichung sanktioniert wird. Die Willkür, die in der Erzählung liegt, der hier gefälligst Folge zu leisten sei, ist obszön.

Ob diese Zäsur zu einer rechtsstaatlichen Zeitenwende führt, wird sich über kurz oder lang entscheiden. So wie Trump mit seinen Dekreten die US-Justiz überfordert, tun es hierzulande Bundesregierungen und willfährige Juristen auf ihre Weise. Die Gerichte kommen dem zeitlich kaum nach. Sollte es sich allerdings herausstellen, dass das Primat des Narrativs über die Grundrechte noch den höchstrichterlichen Segen erfährt, ist endgültig wieder alles möglich.

 
trp

Hurra, wir haben ein Juntabeschleunigungsgesetz. Wörtlich heißt es "Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz" und wird so annonciert: Es könne z.B. "Windkraftprojekte, die möglicherweise Radare für die Flugabwehr stören", verhindern. Ein wunderbares Beispiel, gerade wegen seiner Beliebigkeit, denn aus dem Weg geräumt gehört, was immer auch die Wehrmacht stört.

Juristisch ist das wie zuletzt immer ein matschiger Klumpen, denn so mag es die Mafia: regelbasiert®, wo Verabredungen der Capi über alles gelten. Wo das Militär mit einen Bedürfnissen unbedingten Vorrang hat, nannte man das früher auch "Junta". Passt ganz wunderbar zur Repression bei Verstößen gegen die Einheitsmeinung und rundet das Bild ab.

Beinahe vollständig

Was auch noch fehlt, zum Bedauern der hanswurstigen Dilettantofaschisten, ist der Reichsarbeitsdienst. Die Militarisierung zur Rettung der Profite wird traditionell gern begleitet durch eingebettete Zwangsarbeit. Pflichtdienst, Wehrdienst, Arbeitsdienst. Das ist insbesondere dort wichtig, wo das Pack sich der Full Scale Ausbeutung durch schmierige Manöver wie Teilzeitarbeit entzieht.

Das ganze erbärmliche Schauspiel ist für jeden leicht zu durchschauen, der sich nicht hat einlullen lassen von Propaganda, Wiederholung, Wiederholung, Wiederholung und Wiederholung. Es geht gegen den bösen Russen. Wir müssen gewinnen. Die Ukraine muss gewinnen. Wir sind im Krieg, mit Hybrid und Cyber. Da, ein Unglück! Dort, eine Störung! Die Spur führt nach Russland. Wehrt euch!

Selenskis Bande, die von den USA nicht zufällig gepatchworkt wurde, besteht aus den beiden basalen Kräften, die es braucht, um von rassistischer Propaganda begleitet Feinde zu Schlachtvieh zu degradieren: Faschisten und Schauspieler. Die Ukronazis wurden spätestens seit 2014 ausgebildet und ausgerüstet; Selenski, Jermak, Arestowytsch, Bakanow und Konsorten sind professionelle Märchenerzähler.

Es war einmal

Deren Narrativproduktion, die bis in die Kriegsstrategien der Armee hinein reicht, wird in den hiesigen Medien ungefiltert weitergereicht. Das so geformte Regime hat in der Ukraine de facto eine autoritäre Diktatur errichtet, die regelbasiert® als Musterdemokratie gilt, weswegen der böse Imperator sie vernichten wolle.

Was auch immer noch fehlt: direkte politische Repression, zumal das Verbot der größten Oppositionspartei AfD. Freilich springt auch das zu kurz, denn um Alternativen zur atlantisch-neoliberalen Einheitsfront wirksam einzudämmen, müssen Neugründungen als solche ebenfalls verhindert werden. Schließlich sind es die Wähler, die mehrheitlich undemokratisch entscheiden. Denen muss auf ganzer Breite das Handwerk gelegt werden.

 
trp

Ich hatte neulich einen kurzen Dialog über IT-Sicherheit, aus dem ich einen Ausschnitt hierher raubmordkopiere:

"Wer investiert da in Code, mit dem du dich von Leuten abhängig machst, von denen die meisten inzwischen auch Idioten sind? ist IT-Sicherheit profitabel?"

"Ich stelle mir das sehr unbefriedigend für die Entwickler vor. Du weißt, wie man es richtig machen müsste, aber du darfst nicht, weil es der BWLer verbietet."

Ich meinte dann, das sei ein gutes Thema – ob man IT-Sicherheit profitabel machen könne, dass mir dazu aber die Kompetenz fehle. Wozu mir freilich nicht die Kompetenz fehlt, ist Fragen in einen Raum zu stellen (siehe Grafik). Ich habe da eine klare Tendenz, aber mit fehlt die Erfahrung und der Hintergrund, dergleichen allgemein durchrechnen zu können.

Dann eben nicht

In einem Träger der Kinder-und Jugendhilfe war ich einmal die IT, zunächst als Sekretärin und dann neben meiner Funktion als Pädagoge, mithin quasi für umme. Hätten wir das externalisiert und die Kosten auf Tagessätze und Fachleistungsstunden umgelegt, wären wir zu teuer geworden. Fun am Rand: Der Chef bestand ohnehin auf ein Maximum an Unsicherheit, weil er nur so den Einschaltknopf fand.

Wir werden ja nicht nur längst von Software der Weltmarke Dakannmannixmachen regiert, es wird auch zusehends noch blöder und wir unter dem Einsatz von Neurotischen Netzwerken immer tiefer in die Hölle der ohnmächtigen Abhängigkeit geführt. Es gibt keinen nennenswerten Widerstand dagegen.

Die größere Frage ist aber die: Wenn wer das wollte, also eine möglichst sichere IT einrichten, die auch nur den notwendigen Mindestprofit noch zulässt, wäre das überhaupt machbar? Dass es nämlich unmöglich ist, auf diesen zu verzichten, ist ein ehernes Gesetz des Kapitalismus. Und wenn es also nicht möglich ist, folgt dann nicht die logische Konsequenz, dass man ganz auf IT-Sicherheit verzichten muss, um in der Konkurrenz zu bestehen?

 
trp

Trabt bei der Kriegstucht voran: Wehrhorny

Magisches Denken bestimmt zusehends das politische Theater. Wo Magie Physik durch Willen ist, toppt der aktuelle Hauptdarsteller der Demokratur den Ansatz noch, indem er ausdrücklich Gefühle als bestimmende Wirkung über die objektiven Kennzahlen stellt. Die Parole des großen Kanzlers lautet: "Die Zahlen hinken der Stimmung aber hinterher."

So wie die messbare Inflation – vor allem die im Bereich der lebenswichtigen Versorgungsgüter – als "gefühlte" dargestellt wird, welche die falschen Gefühle zum Ausdruck bringt, wird die Konjunktur als solche dargestellt, als sei sie quasi uneinsichtig gegenüber der Sektlaune in den Villen und Häusern des Kapitals und seiner treuen Diener.

Emotionaler Faktencheck

Das Storytelling des postmodernen Journalismus wird hier aus guten Gründen seit Jahren Fairytaling genannt, nunmehr ist das quasi offizielle Doktrin. Es gilt, was sein soll nach dem Willen derer, die es vermeintlich bestimmen. Der Führer befehligt nicht mehr nur seine Truppen, sondern gleich die Welt als solche. Wer sie anders sieht, das Feld ist ja ebenfalls bestellt, wird wohl fortan als Miesmacher rechtlich belangt werden können, als Wehrkraftzersetzer, der nur Putin dient.

Nein, das ist keine Übertreibung, dafür muss man nur die Linie, der diese Mischpoke folgt, einen Zentimeter weiter ziehen. In ganz Europa radikalisiert sich die Mitte, siehe aktuell Tschechien. Linientreue wird erst eingefordert und dann mit den Mitteln des kapitalistischen Staates durchgesetzt.

Parteiverbote, Entzug des passiven Wahlrechts, Hausdurchsuchungen, 'Sanktionen' gegen missliebige Journalisten. Das ist der europäische Rechtsstaat auf den Weg in die 30er Jahre. In dessen Kern wütet einmal mehr die schiere Mythologie. Wer sie radikal in Zweifel stellt, anders ausgedrückt: noch alle Latten am Zaun hat, läuft unmittelbar Gefahr, als Staatsfeind markiert zu werden.

 
trp

Quelle: Pixabay

Wir Niederrheiner sprechen drei Sprachen fließend: Deutsch, Platt und über andere Leute. Letzteres beruht auf einem Bedürfnis, das sich wiederum aus zwei Quellen speist: der Lust zu urteilen und dem Glauben, der Wille und die Entscheidung Einzelner bestimmten das Sein. Als Marxianer muss man das nur noch vom Kopf auf die Füße stellen.

Als ich 2005 mit der Bloggerei begann, habe ich mich großenteils mit den konkreten Äußerungen von Politikern und Journalisten befasst und sie mit der Realität konfrontiert, mit dem, was ist. Blogs waren damals angesagt; ebenso angesagt ist es immer, über andere Leute zu reden. Der Leser mag das und es brachte mir einige tausend täglich ein.

Über die Kreidestriche

Ich habe mich bis zur inhaltlichen Erschöpfung an diesem Betrieb und seinen Sichtweisen abgearbeitet, bis zu dem Punkt, an dem es für mich nichts Zielführendes mehr zu sagen gab. Es gibt wahrscheinlich auch andere Wege, an diesen Punkt zu kommen, aber dieser besticht durch eine gewisse Gründlichkeit. Allemal ist man danach endgültig davor gefeit, sich Geschichten erzählen zu lassen oder, noch wichtiger, selber welche zu verbrämen.

Ein Kollateraleffekt auf diesem Weg ist die Trennung von Weggefährten, die sich nicht haben lösen können und die den Märchen der anderen ihr eigenes entgegenhalten. Das Spiel ist äußerst attraktiv, bietet es doch neben vermeintlicher Informiertheit stets auch die Unterhaltung über andere Leute, die Welt als Willen und Phantasie.

Unterhaltung ist ihrerseits gut und schön, sie soll und muss leben, aber als exotisches Tierchen lässt man sie besser in ihrem Reservat, hier auch unter "kunstlyriklamauk" bekannt. Man genießt sie besser nicht über dem teuren Teppich. Für alle anderen Texte, die eigenen wie die anderer, gilt: Wenn es nichts zu lernen gibt, kann man sie getrost unverzüglich vergessen.

 
trp

Serviervorschlag: Gesunde Vitamine

Vor 19 Jahren habe ich eine Serie über Doping im Radsport geschrieben. Seitdem ist viel nichts passiert. Die Omertà hält wieder, nachdem sie Anfang der 2000er kurzfristig durch – nicht zuletzt deutsche – Eiferer unterbrochen wurde, die wie immer mit viel Moral und wenig Expertise zu Werk gingen.

Hierzulande wurde Jan Ullrich öffentlich verbrannt, wobei sich ein Sozialdemokrat als besonders widerlicher Heuchler hervortat: Rudolf Scharping, der sich als Funktionär im Radfahrerbund zu gern mit Ullrich hat ablichten lassen, ließ ihn kalt fallen und predigte Moral und sauberen Sport. So kennen wir sie.

Rausgerutscht

Während die Wogen noch wogten, das ging einigermaßen durch, hat der Radstar der 70er in der BRD, Dietrich Thurau, den bemerkenswerten Satz gesprochen: "Wir waren doch früher alle gedopt". Dies bestätigte meine Auffassung, dass man einen gedopten Fahrer daran erkennt, dass er eine Startnummer trägt.

In Spanien haben die Funktionäre ihre Stars eher gedeckt, in den USA haben sie dichtgehalten, bis es selbst für Armstrong nicht mehr ging, und nachdem eine Zeitlang die Weltdopingagentur ihre Profis nicht ausreichend schützen konnte, ist längst wieder Ruhe eingekehrt. Doping, das gibt es nur noch in Russland, wie wir von Fachpharisäern des Typs Hajo Seppelt (heißt wirklich so) wissen.

Monstern wie Pogacar, Vingegaard und Evenepoel, die sich bei der "Tour" aktuell um die Ohren fahren, spritzen die Hormone aus denselben. Alles aber selbstverständlich natürlich, schieres Talent und gesunde Ernährung. Niemand fragt nach. Niemand vergleicht. Niemand spricht aus, was alle wissen: Früher ist heute. Sie sind alle gedopt, und das wäre auch gut so.

Märchenwelt

Es ist aber illegal, so wie das Doping auf der Straße mit Koks, Schore oder geklautem Fentanyl. Immerhin wird dort nicht noch die Existenz der Stoffe und ihrer Konsumenten geleugnet. Es wird weiterhin gelogen, dass sich die Balken biegen, getarnt und getäuscht, auf dass der Rubel weiter da rollt, wo man damit nicht bezahlen kann.

Was das hier schon wieder soll? Wenn ich, wie zuletzt so oft, höre, unsere Medien könnten doch nicht alle lügen, führe ich gern dieses Beispiel an. Hier gibt es keine politische Vorgabe aus der Zentrale oder eine Kriegsfront, an der ausdrücklich Propaganda für die Tüchtigkeit gemacht wird. Es ist aber genau so verlogen, und die Bösen sind auch da immer die Russen. Das ist das Märchen, für das sich seine Erzähler auch noch mit Preisen behängen.

Update, Zur Ergänzung: Täve Schur über Doping, Sport und Kapitalismus

Jan Ullrich zu seiner Geschichte

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