xx

Der Begriff "Arbeit" bedeutet in dem Zusammenhang, in dem ihn die Nazis zum Motto von Auschwitz gemacht haben, ein konsequentes Naturverhältnis. Natur, das ist für den industriellen Blick auf die Welt das, was als Lebendiges in tote Nützlichkeit umgewandelt wird.

In Auschwitz waren das eben Menschen, die verwertet wurden, im Gegensatz zur regulären Produktion nicht nur ihre Arbeitskraft, sondern ebenso ihr Leben und ihre Körper als Rohmaterial.

Faszinierend, dass es in dem großen Getriebe keine wirksame Kraft gab, die an irgendeiner Stelle das Verfahren stoppen konnte. Auschwitz war der endgültige Triumph der Verwertung über auch nur rudimentäre Menschlichkeit – dass Menschen einander als eine gemeinsame Spezies erkennen.

Du bist Volk

Totale Vereinzelung: Es gibt kein Gemeinsames, nirgends. Nicht einmal unter den Verwertern oder den Verwerteten. Beide Gruppen zerfallen in Exemplare. Die einen als Stückgut, die anderen als Rädchen in der Befehlskette. Ein verbindendes Kollektiv gibt es nicht, es gibt nur das abstrakte 'Volk' und seine militärische Ordnung. Man trifft sich nicht; man marschiert auf.

Die erbarmungslose Verwertungslogik bedient sich dabei zweier Methoden, um die Menschen blind füreinander zu machen. Die eine ist der archaische Mechanismus, in 'Wir' und 'Die' zu trennen. 'Volk' ist das einzige große Wir und kann durch seine Herrschaft Inhalte festlegen, gern in Verbindung mit moralischer Empörung, die die Basis ist für Raserei und Lynchmob. 'Die' haben es so verdient.

Die zweite Methode ist die Übertragung der strengen Bewertung nach Nützlichkeit, von der Sphäre der Dinge und Waren auf die der Menschen. Was nichts nützt, hat keinen Wert und ist Ausschuss. Krematorien sind dann nichts anderes als Müllverbrennungsanlagen.

Menschen nach Nützlichkeit zu bewerten mündet nicht zufällig in Parolen wie denen von den unnützen Essern, eben wertlosem Menschenmaterial, das kein Recht zu leben hat. Es ist dieselbe Weltsicht wie in der Überschrift. Entweder bist du Verwerter oder ein Ding. Solange du an der Verwertung teilnimmst, bist du frei.

Verwertung

Längst ist die Herabwürdigung der Faulen und Nutzlosen wieder ein Kern der Propaganda, die den Interessen der großen Verwerter folgt. Empörung und Affekt sorgen dabei für Aufmerksamkeit und Auflage. Zudem kann man sich derart aufgeladene Stories gut merken und weitertratschen.

Wo schließlich das (völkische) Wir sich ganz von selbst gegen das Die stellt, bei der Zuwanderung, stehen schließlich alle Zeichen auf Trennung zwischen nützlich und unnütz. Die Politik aller Parteien außer der Linken verlautbart ganz offiziell: Nützliche mit einer Ausbildung, die uns nichts kostet, sind willkommen, der Rest gehört "im großen Stil" abgeschoben. Heute ist das Motto der Sozialdemokratie: Fass meinen Kumpel nicht an, schlag den Schmarotzer da tot!

In einer solchen Atmosphäre, in der ein allgemein Menschliches keinen Zugang hat, weil es eben die Verwertungslogik stört, ist der Siegeszug des Faschismus keine Sache eines bösen Extremismus. Er ist systemisch und hat sein stabiles Fundament in der 'Mitte' und ihren Tugendwächtern.