Niemand vertritt mich: Albtraum Kommunismus
Posted by flatter under kunstlyriklamauk[12] Comments
28. Jun 2023 14:25
Es sind wirre Zeiten. Da erhofft sich die bürgerlich-reaktionäre Presse eine neue Partei unter der Führung einer (ehemaligen?) Kommunistin, um ihren eigenen rechten Rand zu beschneiden, will heißen: die AfD zu schwächen. Diese könnte die Gemütlichkeit der Einheitsfront nämlich in den kommenden Jahren stören, bis auch sie ganz selbstverständlich ins atlantisch-neoliberale Spektrum integriert sein wird. Brutaler Neoliberalismus ist ohnehin ein Markenkern der AfD.
Das ist es, wie sie denken: Es gibt nur die bürgerlich parlamentarische Stellvertretung und ihre Organisation in Parteien. So denken ihre Promis, die ja aus diesem Milieu stammen, so denken ihre Mittelschichtsjournalisten und so denkt ihre Mittelschichts-Protestjugend. Dass dies der Weg immer effizienterer Korruption ist, der die Probleme erschafft, die damit gelöst werden sollen, ist für sie alle eine intellektuelle Überforderung.
Solidarität
Ebenso gibt es für sie nur die Welt der Vereinzelten, deren maximale Solidarität® "Koalition" heißt, eine strategische Partnerschaft auf Zeit. Eine Gesellschaft darf es nicht mehr geben, schon gar keine Kollektive. Jede Macht, die nicht im Dienste des Kapitals steht, ist eine Bedrohung. Deshalb die Einheitsfront von 'national' bis 'sozialistisch' – im Namen. Dabei ist selbst das Nationale nur mehr ein Label. Die geeinte Bevölkerung eines Landes will niemand, auch nicht die Rechtsextremen.
Der Kommunismus ist ebenfalls ein Label, das für das politisch Unsagbare und Böse. Raumfüllende Geschichtsverblödung macht es möglich, dass "Commies", Bolschewiken oder Russen alle dasselbe sind. Das sind die Bösen aus den Spielfilmen, die immer verlieren. Interessanterweise übrigens nicht als Partei oder Organisation, sondern stets als individuell verkommene und doch persönlichkeitslose Subjekte.
Jeder für jeden
Der Linken in der Tradition von Gleichheit und Arbeiterinteressen ist der Parteikommunismus zu Recht und aus ganz anderen Gründen zuwider. Die Hierarchie einer zentralistischen Kaderpartei ist das Gegenteil dessen, was schon im Wort steckt: dass die Kommune, das Kollektiv vor Ort, die wichtigste Ebene der Gesellschaft ist. Niemand vertritt dort wen, schon gar nicht in vierter Ableitung. Jeder weiß, worum es geht, weil er über das entscheidet, was ihn betrifft. Das ist Kommunismus.
Er ist ebenso solidarisch, indem er weiß: Das Wohl der Einzelnen kann niemals über dem der Vielen stehen. Da aber der Einzelne stets für sich selbst steht und jeder die gleichen Rechte hat, kann ihm niemand seinen Anteil nehmen. Nicht den am gemeinsam Erarbeiteten und nicht den an der Entscheidungsgewalt. Kommunismus – ohne die Kaderpartei – ist die demokratische Organisation einer Gesellschaft. Vermutlich sollte man ihn dennoch künftig anders nennen.
Juni 28th, 2023 at 17:33
Danke vielmals. Leider weiß niemand, wie man's nennen soll, weil alle bisher verwendeten Begrifflichkeiten leider verbrannt sind.
Ich unterschreibe alles.
Juni 28th, 2023 at 18:30
Vielleicht brauchts einen neuen Philosophen ala Marx, der ein neues Manifest verfasst mit neuem Namen, obwohl der Begriff Kommunismus in Verbindung mit Kommune m. E. durchaus stimmig ist. Ich wünschte, ich könnte diesen Wandel noch erleben, befürchte aber, dass es in die genau andere Richtung geht und auf jeden Fall unschön wird. Ja, wo bleibt die Revolution?
Juni 28th, 2023 at 22:39
Ich habe heute einen gar nicht mal uninteressanten Vortrag von W.F. Haug gehört, in dem es um Marx-Interpretationen geht. Man kann jeden Splitter noch zerkrümeln, und irgendwie haben derzeit immer diejenigen Oberwasser, deren Geschichtskenntnisse entweder nicht vorhanden sind oder in gruseligsten Revisionismus münden.
Auf der Ebene der Theorie mag man sich darauf verlassen, dass langfristig das Inkonsistente verschwindet, aber das ist auch nur eine Ableitung. Es braucht nicht 'große Philosophen', sondern vor allem geschärfte Sinne für das, was ist. Ein schöner Satz von Haug besagt, dass es nicht zielführend ist zu fragen, was jemand beabsichtigt, sondern was er tut und was daraus resultiert.
Auf diesem Weg eröffnen sich immerhin Perspektiven auf die Realität. Als nächstes wäre zu fragen, was die Vielen nicht wollen können. Dann, wie man Wege beschreitet, die dorthin führen, wo die unauslöschbaren Bedürfnisse gestillt werden. Derzeit kann man vermutlich nur zeigen, dass und wie diese Wege systematisch blockiert werden. Okay, und selbstverständlich Utopien, die dagegenhalten.
Juni 29th, 2023 at 10:21
@ Frau Lehman 1.
Dito!
Juni 29th, 2023 at 13:51
[…] Feynsinn […]
Juni 29th, 2023 at 18:37
Vermute: Der Säzzer guckt ausschließlich Filme aus US- oder US-naher Produktion. Kino ist Krieg mit anderen Mitteln.
Juni 29th, 2023 at 19:29
Er referiert zumindest nur aus diesen. Zum Ausgleich hab ich ja den schwarzen Kanal verlinkt.
Juni 30th, 2023 at 12:55
Eine der effizientesten Eigenschaften des Kapitalismus ist seine Fähigkeit Begriffe zu adaptieren, und entweder ins Gegenteil zu verkehren oder zu pervertieren.
Einstmals in einer Kreditkartenwerbung: Ein Mann sitzt im Restaurant und fotografiert die Speise. Aus dem Off die Stimme:
"Sein Essen mit der ganzen Welt zu teilen… Normal."
Für mich ist da gar nichts normal.
Juli 1st, 2023 at 12:51
Na das hatten wir ja verdammt lange nicht: Videospiele sind schuld an den Krawallen in Frankreich, hat Macron herausgefunden. Und diese Comichefte sicher.
Juli 1st, 2023 at 14:15
Negermusik, lange Haare und Frauenwahlrecht nicht vergessen! Das trägt alles seinen Teil bei.
Juli 2nd, 2023 at 20:11
… sondern was er tut und was daraus resultiert. Bewährte Metheode: "Schaun merr ma, dann seng merr scho!"
Juli 2nd, 2023 at 21:53
Mehr so: "Was passiert dann?".