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Chefredakteur: Liebe Kolleg … innen, heute ist wieder Montag, eine neue Woche, in der wir uns beweisen können und wollen. Wir sind Teil eines Großen Ganzen, dass sollten wir nie vergessen, wenn wir unser Arbeit tun. Und was ist unsere Arbeit?

"Wahrheit!" erschallt es eher müde aus der Runde.

Richtig. Und die Wahrheit, das ist, was wir nach bestem Gewissen und Wissen sagen. Ich wurde noch in dem Irrglauben ausgebildet, eine – wie ich heute immer wieder deutlich sage – falsche Objektivität sei das Gebot guten Journalismus. Was soll das aber sein? Sollen wir so tun, als hätten wir keine Meinung? Dass es uns egal wäre, was richtig und falsch ist? Dass wir es nicht nicht besser wüssten?

Ich war gestern bei einem Treffen der wichtigsten Außenressortleiter der ganzen Republik. Selbstverständlich waren auch das Außenministerium, das Innenministerium und der BND vertreten, der übrigens hochinteressante aktuelle Informationen von den britischen und amerikanischen Kollegen – sie finden sie im heutigen Briefing – mitgebracht haben. Das macht uns wieder sehr deutlich, was der Unterschied zwischen Freund und Feind ist.

Das sind nicht einmal mehr Tiere, mit denen wir es hier zu tun haben. Gott sei Dank wird das Spiel bald vorbei sein. Müller, sie haben die Ehre, unsere Leser … innen von der Großoffensive unserer ukrainischen Freunde zu unterrichten. Verbreiten sie Vorfreude, das ist wie die Befreiung von den Nazis. Erzählen sie von Siegesparaden, wie es Kaugummi und Schokolade gibt. So etwas.

Volontär Meyer: Aber sie haben doch Schokolade in der Ukraine? Hat der letzte Präsident nicht sogar mehrere Fabriken?

Chefredakteur: Rekrut Meyer, was wollen sie hier? Mit ihrer vermeintlichen Bildung prahlen? Den Pulitzerpreis gewinnen? Den kriegen sie heute nicht mehr für Dolchstöße gegen die eigenen Truppen oder Ihre Staatsführung. Was haben Sie denn gelernt? Dass sie als Grünschabel Ihren Chefredakteur korrigieren sollen? Weil Sie ein ganz großes Licht sind? Ich frage Sie genau ein Mal: Sind Sie eigentlich für uns oder gegen uns?

Volontär Meyer: Ich meine, man muss doch …

Antworten Sie! Heute noch!

Volontär Meyer:
So einfach ist das doch nicht …

Gehen Sie! Raus! Hauen sie ab! Kommen Sie ja nicht wieder! So eine Unverschämtheit! Raus hier, bevor ich mich vergesse!

(Volontär Meyer schluckt trocken und verlässt die Redaktionssitzung.)

Sportredakteur Schmitz: Chef?!

Was?!

Sportredakteur Schmitz: Das war vielleicht keine so gute Idee.

Chefredakteur: Ach, Sie haben Einwände? Sind Sie jetzt auch einer von denen oder was? Gehen Sie doch nach Moskau, wenn Sie glauben, sie müssten ein Nest beschmutzen!

Sportredakteur Schmitz: Ich wollte nur sagen: Der Meyer ist der Enkel von Frau Friede. Das wird Ärger geben.

Chefredakteur: Verdammt! Und das sagen Sie mir jetzt?! Na dann mal hopp-hopp, hinterher! Sie sind doch hier zuständig für Rennen und Springen. Holen sie den Meyer sofort zurück! Ist ja nicht zu fassen, dass Sie mich so auflaufen lassen.

Wo waren wir? Ach ja, Vorfreude, Müller. Gute Stimmung. Nächstes Thema, Innenressort: Kunze, machen Sie was zu diesen Desinformationskampagnen. Schildern Sie, wie der Russe uns alle einwickelt mit seinen Lügen. Machen sie es ruhig etwas gruselig, aber mit positiven Aussichten am Ende.