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Wer bejubelt Anjatanja Borbeck und die anderen Sprechpuppen, die dem Begriff "Inkompetenz" eine ganz neue Dimension verliehen haben? Wer lässt sich von wem erzählen, das seien dufte Leute, die man am Ende auch noch wählen soll? Wie funktioniert solche Verdummung – abgesehen davon, dass dieses Virus ein weiteres Mittelschichtsphänomen ist?

Das ist zunächst die Generation Irgendwasmitmedien. Sie haben keinen, aber auch gar keinen Bezug zu der Substanz dessen, was Journalismus einmal erfolgreich dargestellt hat. Sie nennen sich ernsthaft "kritisch" und behängen sich mit einem Preis unter dem Motto: "sich nicht gemein machen mit einer Sache – auch nicht mit einer guten Sache; überall dabei sein, aber nirgendwo dazugehören" – indem sie sich schützend vor jeden Unsinn stellen, den ihre Regierung anstellt, und von Club zu Verein zu Verabredung jetten, um sich als gute Adabeis zu etablieren.

Mia san mia

Sie unterstellen Abweichlern "Desinformationskampagnen", wo sie längst keine Kampagnen mehr fahren, sondern ihr Meinungsgetröte zum Dauerzustand geworden ist. Sie führen mediale Schauprozesse auf, bei denen sie gemeinsam mit politischem Personal und befreundeten 'Experten' abweichende Ansichten niederbrüllen. Sie haben keine Ahnung, was Journalisten einmal gelernt und riskiert haben oder konnten, wähnen sich aber in deren Fußstapfen.

Bestes Beispiel: Obwohl einer der größten Zeitungsverlage selbst eine unkorrekte Übersetzung des skandalösen Auftritts der Außenmini veröffentlicht hatte, kursiert das Märchen einer russischen Desinformationskampagne. Kern der Sache: Nicht "ihre deutschen Wähler" seien ihr piepegal, sondern "die deutschen Wähler". Putin hat sofort erkannt, dass sie CDU- und AfD-Wähler ganz sicher besser behandelt hätte, und verbreitet jetzt Lügen über das arme Lenchen.

Niemand schämt sich für solchen Schwachsinn, im Gegenteil: Wer den Kaiser nackt nennt, wird zum Putintroll erklärt. So einfach ist es längst: Freund oder Feind, gut oder böse, Patriot oder Putinist. Wer von der gemeinsamen Sache abweicht, ist keiner von uns. Darauf einen Friedrich-der-Große-Preis!

Zwar werden wir immer noch mit der Erbärmlichkeit eines Storytellings genervt, das dem Leser erst hundert irrelevante Details im Stil eines Kitschromans an die Backe labert, bis man gar nicht mehr wissen will, worum es eigentlich geht, aber die neue Norm ist Personalisierung um jeden Preis. Wer ist der Größte? Warum wir wieder wer sind, ein Hurra auf Kanzler, Vizekanzler und den großen Vorsitzenden. Wer ist schuld? Warum Putin sich über tote Kinder freut.

Jekami

Niemand interessiert sich mehr für Inhalte. Parteiprogramme? Wahlprogramme? Wir liefern euch das Gegenteil dessen ab, was wir euch versprochen haben, und ihr bejubelt uns dafür. Warum? Der Anzug sitzt, schöne Pose unterm Eiffelturm, was die kann, kann ich auch. Identifikation. Froschperspektive, weiches Licht. Zweifel riechen nach Verrat. Härtere Maßnahmen, keinen Millimeter, null Toleranz. Held oder Schurke, Sieg oder Tod. Die Welt ist ein Hollywoodfilm.

Kritischerjournalismus® bedeutet, alles abzuledern, was am großen Konsens zweifelt. Politik wird wie eine Privatsache abgehandelt. Es menschelt. Sympathie, Treue, gegenseitige Anerkennung sind die Kriterien. Große Familie, starke Seilschaft. In den politischen Promis sehen Journalisten unbewusst dieselbe Unfähigkeit in derselben Hybris, die sie selbst auszeichnet, und reichen ihre Verzückung an die Leser aus ihrer Peergroup weiter. Es ist die beste aller Welten. Verbrannte Erde.