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"Ist’n schönes Land, aber sie haben’s gestohlen, schon vor langer Zeit. Wenn ihr die Wüste hinter euch habt, kommt ihr in das Land, was um Bakersfield ‘rum liegt. Und ihr habt noch nie so’n schönes Land gesehn. Lauter Weingärten und überall Obst – wirklich das schönste Land, was ihr euch denken könnt. Und ihr fahrt an guten, fetten Feldern vorbei, und die Felder liegen brach. Aber ihr könnt nichts haben von den Feldern. Die gehören der Land-und Vieh-Gesellschaft. Und wenn sie die Felder nicht bearbeiten wollen, dann lassen sie’s eben bleiben. Aber wenn ihr auf die Felder geht und euch da ‘n bißchen was anbaut, stecken sie euch ins Gefängnis."
[John Steinbeck, "Früchte des Zorns" (1939) ]

Zu jeder Zeit wurde Land genommen, und noch heute ist Grundbesitz vielleicht der Hauptindikator für Wohlstand. Die Tragweite des Prinzips “Landnahme” geht aber viel weiter. Wie der oben zitierte Abschnitt zeigt, geht es um Verfügungsgewalt, im Zweifel zählt diese in Form purer Willkür mehr als der Hunger, das Überleben der Besitzlosen.

Mein Luxus, dein Hunger

Soziale Unruhen drohen überall dort, wo das Verhältnis der Verfügungsgewalt Weniger zu den unbefriedigten Bedürfnissen Vieler nicht mehr austariert werden kann. Hungerrevolten sind durch das stärkste Militär nicht zu verhindern, Ungerechtigkeit und Unfreiheit können zu ähnlichen Aufständen führen. Wer nichts zu verlieren hat, vergreift sich an denen, bei denen die Gewinne landen.

Unfriede herrscht nicht erst bei Ausbruch der Krawalle, und Unfreiheit ist nicht erst gegeben, wenn die Handschellen klicken. Wer freilich glaubt, "Freiheit" sei das Recht auf Privatbesitz, kann so etwas nicht verstehen.

Ungerechtigkeit ist vor allem dann erträglich, wenn für die Betrogenen noch so viel übrigbleibt, dass sie sich damit einrichten können. Ein solches System funktioniert dann am besten, wenn die wirklich Elenden mit Kriegen beschäftigt werden und der Rest der Welt sich in Profiteure und geduldig Abhängige einteilen lässt.

Zu allen Zeiten sind selbst die verzweifelt Engagierten trotz des Einsatzes all ihrer Fertigkeiten verhungert. Und wo sie überleben dürfen, womöglich sogar ein Smartfon haben, müssen sie die Schuld ihres Versagens tragen, wenn man sie nicht mehr ausbeuten kann. Ernsthaft wirft man ihnen vor, auf Kosten anderer zu leben.

Privateigentum

Auf der anderen Seite steht eine Klasse, die sich dank ihrer Verfügungsgewalt nicht nur die Früchte der Arbeit von Millionen aneignet. Sie enteignet sie auch für alle Zukunft. Sie hält Patente, kauft Unternehmen auf, zerschlägt die Konkurrenz, nimmt Einfluss auf die Gesetzgebung, besticht, bespitzelt und manipuliert die Medien. All dies ist keine Folge der Erbsünde, sondern ein täglicher Landraub, der den Vielen die Chancen nimmt und den Wenigen und ihren Erben ihre Macht sichert. Das ist Eigentum.

Eigentum hat nichts zu tun mit der Zahnbürste, der Hose oder selbst dem Dach überm Kopf. Das braucht jeder, das soll jeder haben, das macht einem niemand streitig. Dafür zahlen zu müssen, ist schon absurd. Privateigentum bedeutet Eigentum an Produktionsmitteln. Es bedeutet die Aneignung der Arbeitsleistung anderer. Es bedeutet, ein System zu erhalten, in der wenige auf Kosten der Massen unerhört reich sind. Lohnarbeit und Geldwirtschaft sind die Säulen dieses Systems. Eine solidarische Gesellschaft kennt kein Eigentum.