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Vladimir Selenski, das wird leider selten deutlich im hiesigen Medientheater, ist Schauspieler. Immer schon gewesen. Weil er und sein Mäzen Igor Kolomojski verstanden hatten, dass Politik in der Ukraine nur eine Bühne ist für eine allgegenwärtige Korruption, haben sie korrekt erkannt, dass ein Schauspieler die beste Besetzung für das Amt des Präsidenten ist. Zunächst ein Wort zu dieser Korruption:

Wenn ich von Fällen offensichtlicher Korruption erfahre, zucke ich längst nur noch mit den Schultern. Für die auch nur virtuelle Abschaltung von Kohlekraftwerken, die nicht annähernd so gewinnträchtig sind wie die Erneuerbaren, erhält ein Konzern 'Entschädigungen', der gerade Rekordprofite eingefahren hat. Schulterzucken. Die Lokführergewerkschaft, eine der letzten, die noch für Arbeiterinteressen kämpft, wird gedisst, während sich der Versagervorstand der Bahn die Taschen vollstopft. Schulterzucken.

Von etwas muss man leben

Wie soll es dann erst in einem Land wie der Ukraine aussehen, die auf Korruption gebaut ist, aus Korruption besteht und von Korruption lebt? Wie würde irgendwer von uns in einem solchen Klima bestehen? Ich bin sicher, selbst ich würde da hemmungslos korrupt, obwohl ich immer sage, dass ich dafür zu teuer bin. Die Ukraine steht seit ihrer Gründung im Jahr 1991 unter Einfluss. Russischer Einfluss, immer stärker EU- und US-Einfluss, mithin Schmiergeld, Raubgeld, Schutzgeld. Bis 2014 war das Allgemeinwissen, dann wurden die Huren zu Heiligen und die Mafiosi zu Musterdemokraten.

Selenski war ein Profi. Seine Aufgabe war es, seinem Herrchen die Stöckchen zu bringen. Dann kam etwas dazwischen, womit beide nicht gerechnet hatten: Statt Frieden mit Russland zu machen und gemütlich das Land auszuplündern, kam die NATO in Gestalt des Boris Johnson und machte ein Angebot, das Selenski nicht ablehnen konnte. Vor ihm die Billionen des Wertewestens, um ihn herum deren Freunde, die Zeugen Banderas: Asow, Ajdar, Rechter Sektor, Schachtjorsk, Dnjepr, Donbass, Swoboda und andere Banden der Ukronazis.

Kann gehen

Für den frisch gewählten Präsidenten war das ein Schock, der Schauspieler hat sich fix umgezogen und ist in die neue Rolle geschlüpft. Retter, Held, Kämpfer, Sieger. Ein Stratege war er nie; er hat bestenfalls geahnt, worauf er sich einließ. Wie dem auch sei, die Rolle hat er gespielt, umso pathetischer, je mehr Heldenmut die einzige Ressource war, um wenigstens den Medienkrieg zu gewinnen. Inzwischen ist er der Letzte, der die Mission noch zu erfüllen versucht – weil es für ihn keine Option zum Rückzug gibt.

Die anderen ziehen ihr Kapital ab, schreiben das Projekt ab, ziehen weiter, zündeln woanders, schaden Russland auf kleinerer Flamme, orientieren sich neu. Nur der Frontrenner kann nicht anders. Sie haben ihm gesagt, es gibt keine Verhandlungen. Ihr müsst gewinnen. Du bist die Galionsfigur des Endsiegs. Selenski hat das geliefert und ist geliefert. Man will ihn jetzt loswerden und nichts mehr wissen vom Geschwätz von gestern. Der Fanatiker hat den Verstand verloren. Er muss weg. Der Held war immer nur eine Rolle. Der Märtyrer ist real.