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Moral bestimmt den öffentlichen Diskurs. Das ist doppelt fatal, denn im Rahmen der Erzählungs- und Aufmerksamkeitskultur kann jeder seine Privatmoral aufblasen und mit Empörung anreichern. Die Medien tun es, und wenn es Privatleute in sogenannten Social Media machen, kritisiert der Mainstream daran ernsthaft deren Haltung. Die Form können sie ja nicht beanstanden, da sie selbst nichts anderes liefern.

Man hat sich gefälligst zu bekennen, und zwar für die Guten und gegen die Bösen, wie in einer prähistorischen Sekte. Es kann nicht deutlich genug betont werden: Es war das ehemalige Nachrichtenmagazin, stets mit großer Geste seinen Anspruch vor sich her tragend, in dem ein Hetzer Pazifisten als Lumpen bezeichnet hat.

Alles eins

Es gibt keine Grenze des Niveaus nach unten mehr, und bist du nicht für uns, dann bist du Dreck. Dieselbe Charge jubelt, wenn abweichende Meinungen strafrechtlich verfolgt werden, als "Hassbotschaften". Es ist halt der falsche Hass.

Dass private Meinungen davon geprägt sind, die Erfahrungen aus persönlichen Beziehungen aufs große Ganze zu übertragen, ist schon bedauerlich. Ein Geschwätz à la "Wenn ich Kanzler wäre" verwechselt da halt die Ebenen, was am Stammtisch noch verzeihlich ist, wenn auch gleichermaßen dumm.

Dass aber diejenigen, die in Massenmedien oder als politische Vertreter in einer Massengesellschaft eben deren Gesetzmäßigkeiten zu beachten hätten, so tun, als sei es dasselbe wie zu Hause auf dem Sofa, ist nicht nur blöd, sondern auch brandgefährlich.

Eierköpfe

Derart nämlich trumpfen sie in ihrer Hetze auf, als sei ein Krieg dasselbe wie ein Zoff unter Freunden oder eine Kneipenschlägerei. Da geht es dann darum, dass einer im Recht ist und darum gewinnen muss. Da ist Parteilichkeit Pflicht, und die einzig wahre Wahrheit hängt nur davon ab, wer einem sympathischer ist.

Persönliche Motive, die man schon privat tunlichst nicht beurteilen sollte, werden so auf geostrategische Machtkämpfe übertragen. Handlungsoptionen, wie sie zwischen zwei Streithähnen bestehen mögen, werden auf komplexe, gewachsene Vernetzungen internationaler Interessengruppen übertragen. Wie unerhört dämlich muss man sein, um das für eine Wirklichkeit zu halten?

Aber was sollen wir jetzt mit intellektuellen Hirnkrämpfen? Was soll das sein, eine Physik der Macht, eine wissenschaftliche Betrachtung der hemmenden und fördernden Kräfte in einer komplexen Dynamik? Wir sind im Krieg. Da heißt es die oder wir. Also: Auf wessen Seite stehst du?