Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen schmeißen. WHATABOUTISM!! Eigentlich könnte ich es dabei bewenden lassen und das Thema unter "isso" ablegen. Da mir aber zuletzt Heerscharen halbgescheiter Diskutanten damit auf den Ranz gehen, widme ich mich dem einmal eingehender.
Schon der Begriff ist eine Chimäre, die von den Kalten Kriegern des Westens als Vorwurf gegen das Böse aus dem Osten kreiert wurde. Das Ritual ging so, dass Westen in seinen ausschließlich Freiheit, Gerechtigkeit und Weltfrieden dienenden Kriegsbemühungen der anderen Seite stets mit der Menschenrechtsfrage kam, und die machte dann darauf aufmerksam, dass sie sich nicht von brutalen Rassisten belehren lassen wollte, wie sie wen zu behandeln hätte.
Selber, selber!
Die Kunst des Gegenvorwurfs muss man nicht "Whataboutism" nennen, im Gegenteil. Schauen wir uns doch mal an, wie der funktioniert und warum sich nicht jeder von jedem alles anhören muss, am besten in einer Grundschule, in der die eigenen Missetaten von Schülern gern mit denen der anderen 'gerechtfertigt' werden.
Einer wird erwischt, wie er einem anderen den Stiefel gibt, und hält es, darauf angesprochen, für ein valides Argument, das sei schon so in Ordnung, weil ein anderer auch schon einmal mit Händen und Füßen sein Recht erstritten habe. Nein, Kollege Bratwurst, das ist kein Grund. Anderenfalls wäre die Sache mit Kain und Abel ja der Freibrief für Mord und Totschlag. Kann man nicht so machen.
Wenn hingegen nun einer, der selbst gerade eine Oma vor den Bus geschubst und einen Kinderwagen umgetreten hat, härteste Strafen fordert gegen jemanden, der sein Kind ohrfeigt, dann ist es völlig okay, wenn man dem einen Vogel zeigt. Er hat sich für Forderungen im Sinne von Regeln, Sitten und Moral disqualifiziert. Obendrein fällt die Asymmetrie auf: Verführe man so mit den Regeln, müsste er für den Rest seines Lebens im Knast schmoren.
Totschlag für Totschlag
Dies als "Whataboutism" zu bezeichnen, ist falsch, tendenziös und dämlich. Und wenn, um das in den aktuellen Zusammenhang zu setzen, die Angriffskrieger von Vietnam, Irak, Jugoslawien und Afghanistan – um nur einige der Top-Hits zu nennen – im Verband mit ihren willigen Mordkumpanen hysterisch nach mehr Krieg und Sanktionen brüllen, dann kann man nicht, dann muss man ihnen sagen, sie sollen sich ihre unerträgliche Heuchelei dorthin schieben, wo keine Sonne scheint.
Die Chimäre, die stets mit dem Auftrag "Gehe hin und schlachte alle Argumente; lasse keines am Leben!" in Diskussionen geschickt wird, taugt auch in keinem anderen Zusammenhang. "Whataboutism" ist schlimmer als Whataboutism. Es reicht hie der Hinweis, dass ein Unrecht kein anderes rechtfertigt, was aber da kein Grund ist, Konsequenzen nur für andere zu fordern. Wie banal!
April 20th, 2022 at 16:09
Früher hieß das:"Geh' doch nach drüben"!
April 20th, 2022 at 23:58
Ich verlinke hier mal ein interview von India Today mit dem letzten diplomaten europas, auch wenn eine gewisse tucke meint, russen seien keine europäer (der link geht zum MoFA der RF):
Question: President Zelensky said that Russia plans to use tactical nuclear weapons.
Sergey Lavrov: He says many things. Depends on what he drinks and what he smokes. He says many things.
Wie immer bleibt der informierte diplomat kontrolliert direkt, so auch hier: "The “West” is a broad notion. It’s the United States and the Brits. The rest of the West, including the European Union, is just an obedient servant."
Was den podcast zu "Realitaet" angeht, war 'ne sehr unterhaltsame dreiviertelstunde zum nachmittagskaffee und darum hier noch einmal – ja, ja, ich wiederhole mich öfter mal und ob's das alter ist weiß ich doch auch nicht und andererseits ist's mir auch egal – Realität, paaahhh: ICH BOYKOTTIERE DICH
Für "nach drüben gehen" ist's mir noch ein bisschen zu früh, wäre so endgültig – kann warten.
April 21st, 2022 at 01:10
"The “West” is a broad notion. It’s the United States and the Brits. The rest of the West, including the European Union, is just an obedient servant."
in bezug auf die usa mag das stimmen, aber niemand mehr auf diesem planeten, einschliesslich der usa und im besonderen europa gibt doch noch einen feuchten furz auf die ansichten, forderungen und meinungen der "brits". das ex-empire ist mit seiner gegenwärtigen administration und dessen selbstverständnis doch eine der grössten lachnummern überhaupt. keiner nimmt die mehr ernst.
April 21st, 2022 at 09:54
OT:
Wenn eine Partei, die ihre dezidierte Nähe zur katholischen Kirche schon durch ein C im Namen dokumentiert, auf Wahlplakaten "Mehr Schutz für Kinder" fordert, lautet die Frage:
Ist das noch schwarzer Humor oder schon Zynismus?
Vielleicht ist auch nur besonders woke, denn betroffen sind ja nur zukünftige, alte Männer.