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Die Kleingruppe, die Politik und Medien fest in ihren Klauen hält, ist eine Mittelschichtsblase mit einer interessanten Entwicklung. Die Rechten jammern, alles sei in der Hand von 'Linken', während alles, was sich "links" nennt und in Parlamenten herumsitzt, seinerseits so rechts ist wie einst die Rechtskonservativen. Beides lässt sich erklären.

Das Management der Politik bedeutete einst für Minderheiten, dass sie sich Aufmerksamkeit verschaffen und Zustimmung einer zunächst abgeneigten Mehrheit erzeugen mussten. Das einzig wahre Mittel dazu war schon immer Moral sowie die von ihr erzeugten Emotionen wie Mitleid und Empörung.

Die armen Kinder

Auf dieser Klaviatur spielten zunächst die Kritiker elender Armut, unterdrückter Frauen, vergifteter Umwelt und grausamer Kriege. Nicht zufällig sind wir bei den Ursprüngen der Grünen, die auf diese Weise eine Art Moralhoheit im politischen Diskurs der Bundesrepublik gewannen. Allerdings machte die Strategie Schule, sodass die anderen Parteien nachzogen.

Zunächst stiegen Sozialdemokraten ein, die keine Probleme mit den so vertretenen Werten hatten. An den Unis hatten damit die Moralisten, angereichert durch noch radikalere Kräfte derselben Couleur, eine überwältigende Mehrheit. Als das Internet mit Formaten wie Twitter solche Strukturen und Themen noch förderte, entwickelte sich ein Sog, dem sich am Ende selbst die Konservativen nicht entziehen konnten.

Auch das Kapital und die Zentrale der Democrats in den USA kamen damit gut zurecht, allerdings blieb die Geostrategie atlantisch-neokonservativ und die herrschende neoliberale Wirtschaftspolitik wurde quasi im Tausch von Sozialdemokraten und anderen 'Linken' wie den Grünen übernommen. Mehrheitsfähig ist seitdem nur mehr, wer ein Bekenntnis zur großen Minderheitensammlung von sexuell speziell über behindert bis hin zur weiblichen Mehrheit ablegt.

Inhalte abschaffen

Dies betrachten die Rechten ebenso als 'links' wie Merkels Versuch, ihr Versagen angesichts der durch NATO-Kriege ausgelösten Flüchtlingsbewegung zu kaschieren. Aber das sind Inhalte, die im politischen Management gar nicht mehr Gegenstand von Diskussionen sind. Deren Aufgabe ist nur mehr das Orchestrieren von moralischer Empörung.

Der Weg zur Herrschaft der Moralisten über die Mehrheit vollzog sich also so: vom Schutz der einzelnen Minderheit zur Minderheitensammlung zur Reaktion gegenüber allem, was die politische Kaste als unmoralisch markiert hin zum Diktat dieser Minderheit über die Mehrheit. Bislang ist es noch so, dass die AfD in dieser Konstellation auf der anderen Seite steht – moralisch, aber keineswegs inhaltlich.