trp

Alexander Kiknadze fasst für die NDS einige Aspekte zusammen, nach denen aktuell Willkürurteile gegen Publizisten gefällt werden, die von einer inoffiziell offiziellen Darstellung politischer Vorgänge abweichen. Wie haarsträubend diese Vorgänge sind, zeigen insbesondere Vergleiche zwischen den Konflikten in der Ukraine und rund um Israel, wo mit diametral unterschiedlichem Maß gemessen wird.

Wer von einer – letztlich wohl ausgerechnet durch Einschätzungen von Geheimdiensten festgelegten – für gültig befundenen 'Wahrheit' abweicht, macht sich demnach strafbar, wenn die Äußerungen dazu die Konstruktion einer Zustimmung zum Bruch des Völkerrechts zulassen. Schon das kann vor dem Grundgesetz eigentlich keinen Bestand haben, ein entsprechendes Urteil müsste allerdings noch herbeigeführt werden.

Offizielle Wahrheiten

Dass es sehr offensichtlich keine allgemeinen Kriterien und damit juristisch haltbaren Prinzipien geben kann, mit denen die jeweiligen Äußerungen strafbar und dem Schutz der Meinungsfreiheit entzogen werden, macht die Lage so eklatant. Wie das im Einzelnen funktioniert, dafür geben die NDS ein gutes Beispiel:

"Dies erklärt der Ermittlungsbefehl des Generalbundesanwalts für die Hausdurchsuchung in Dresden, der dem Autor vorliegt. Laut diesem Papier seien die Volksrepubliken keine staatlichen Entitäten, sondern hätten sich selbst und ohne völkerrechtliche Anerkennung deklariert. Die Gründung sei eine Reaktion einiger separatistischer „Rädelsführer“ auf die Nichtunterzeichnung des EU-Assoziierungsabkommens der Janukowitsch-Regierung im Jahre 2014. Ihr Kampf gegen die ukrainische Armee wird als ein Kampf weniger separatistisch, antiukrainisch eingestellter Rädelsführer dargestellt, die wegen ihrer bloßen Ablehnung der Kiewer Politik in den Kampf gingen."

Armageddon

Diese Darstellung lässt nicht nur alternative Interpretationen zu, sie ist völlig einseitig und schlicht abenteuerlich. Gleichwohl trumpft die Staatsanwaltschaft damit auf, um in triumphierender Weise deutlich zu machen, dass es eben eine Staatsdoktrin gibt, von der jede Abweichung sanktioniert wird. Die Willkür, die in der Erzählung liegt, der hier gefälligst Folge zu leisten sei, ist obszön.

Ob diese Zäsur zu einer rechtsstaatlichen Zeitenwende führt, wird sich über kurz oder lang entscheiden. So wie Trump mit seinen Dekreten die US-Justiz überfordert, tun es hierzulande Bundesregierungen und willfährige Juristen auf ihre Weise. Die Gerichte kommen dem zeitlich kaum nach. Sollte es sich allerdings herausstellen, dass das Primat des Narrativs über die Grundrechte noch den höchstrichterlichen Segen erfährt, ist endgültig wieder alles möglich.