Wie der Wille die Wirtschaft lenkt
Posted by flatter under kunstlyriklamauk1 Comment
19. Sep 2024 16:35
Es ist eine Frage des politischen Willens, die Wirtschaft zu gestalten. Das ist der zentrale Glaubenssatz der Reformatoren vor allem Keynesianischer Schulen. Man müsste nur dies und das ändern, es so und so wollen. Dazu müsste man nur den und den informieren, hier und da überzeugen und dann tun, was einzig vernünftig wäre. Keynesianer sind die Könige des Konjunktivs. Aber nicht nur die, ich will mich schon gar nicht auf welche beschränken, die sich so nennen. Jeder, der glaubt, man könne mit dem nötigen Willen die Welt verändern, hat sich als Wissenschaftler disqualifiziert.
Die nötigen Belege dazu hat die Geisteswissenschaft erbracht, und zwar in ihren Sternstunden wie in ihrem Versagen. Eine wissenschaftliche Betrachtung des Wirtschaftens, von Anfang bis Ende durchgedacht, hat sie seit Marx nicht mehr hingelegt, Nicht einmal den Zottelbart auf den Stand einer kommunizierbaren Sprache gebracht. Interessiert sie nicht mehr. Sie hat vor dem Ökonomischen vielmehr kapituliert und sich selbst zur Hure der herrschenden Ideologie gemacht.
In ihren guten Tagen hat sie die Erklärungen geliefert und dargelegt, was Macht ist. Schon Kant lieferte eine brauchbare Blaupause mit einer einzigen Formulierung: Als er nämlich von der „Bedingung der Möglichkeit (der Erkenntnis)“ sprach. Was muss gegeben sein, um bestimmte Möglichkeiten zu verwirklichen? Foucault hat das ergänzt durch seine Diskursanalyse, die akribische Darstellung von Machtverhältnissen und Denkmustern. Er musste dabei weder erklären noch voraussetzen, dass die einen von den anderen abhängen, es ergibt sich einfach durch die Beschreibung des Gegebenen.
Was Wissenschaft wusste
Die Vorstellung, der Wille sei entscheidend für die Wirklichkeit, das Bewusstsein könne das Sein in eine beliebige Form zwingen, ist die Wahnvorstellung einer Zeit, die nicht zufällig in Weltkriege mündete. Nicht zufällig, weil der 'Wille', umgemünzt in den Volkswillen, nur eine bestimmte soziale Basis formt, die mit den Mitteln der Zivilisation die Barbarei organisiert. Der Wille folgt nicht der Vernunft, er formuliert keine Ziele, er marschiert nur, wohin auch immer die Macht ihn führt – niemals umgekehrt.
Daher kann auch kein Wille die Macht verändern. Diese bildet ihre eigenen Strukturen, sie macht das eine möglich und das andere unmöglich; das eine leicht und das andere schwierig.
Die Macht im Kapitalismus hat das Kapital. Es drängt zur Vermehrung. Alle machen mit, weil es für die Mehrheit die Notwendigkeit zum Leben bedeutet und für die Minderheit den Erhalt ihrer Position. Wo soll da ein Wille etwas verändern? Doch wohl nicht bei Bilderbergers und Atlantikern? Zumal, wenn es für die Mächtigen immer schwieriger wird, ihr Kapital noch zu vermehren, wenn sie befürchten müssen(!), dass ihr Imperium zusammenbricht und mit ihm eine globale Ordnung? Für jeden Dollar, der umgesetzt wird, warten weltweit drei Dollar auf Vermehrung. Marx hat beschrieben, dass das so kommen muss – in jeder Form von Kapitalismus.
In die nächste Runde?
Warum soll wer also jetzt diesen Kapitalismus reformieren? Die Minderheit, die davon profitiert und doch bemerkt, dass das Spiel ein Ende hat? Die Mehrheit, die nicht ahnt, wie das Spiel läuft und es nicht versteht? Oder vielleicht eine intellektuelle Minderheit, die es versteht und wissen muss, dass 'Reform' nur bedeutet, dasselbe Spiel noch einmal aufzusetzen, das Elend vielleicht zu verlängern? Und dann? Wird dann jeder, der Profit macht, auf eine Obergrenze festgelegt? Wird das dann täglich streng kontrolliert und sofort bestraft? Wird es einen Staat geben, der so viel Macht hat und sie nicht mehr mit der Wirtschaft teilt? Das wäre genau der Brutal-Pseudosozialismus, von dem die Neoliberalen ihre Albträume ableiten.
Wer nicht will, dass es immer wieder so endet, muss die Struktur der Macht ändern und nicht von einer Kontrolle durch den Willen schwadronieren. Wenn es so weit ist – zweifellos nach einem Zusammenbruch, man weiß nur nicht, dem wievielten – müssen sich die Menschen entscheiden, die Macht des Kapitals nicht mehr zuzulassen. Sonst wird es sie immer wieder immer schneller in die Knie zwingen.
September 2014
September 19th, 2024 at 21:50
1. Bundespräses Steinmeier nach "Solingen": "„Die schreckliche Tat von Solingen erschüttert mich, sie erschüttert unser Land“, sagte er darin und fordert: „Stehen wir zusammen – gegen Hass und Gewalt.“
2. Gewalt ist aber nicht nur, das hat man jedenfalls noch 1968 gewußt, wenn ein Bourgeois mit grober Faust was auf die Fresse kriegt, sondern auch, wenn seine manikürte Hand mit einem goldenen Mont-Blanc-Füller die Entlassung von tausenden Proleten unterschreibt und mit diesem Federstrich das kleine Lebensglück nicht nur der Entlassenen, sondern auch ihrer Kinder zerstört.
3. Das VW-Management wird voraussichtlich zwischen 30.000 und 60.000 Beschäftigte über die Klinge springen lassen.