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Bundesarchiv, Bild 183-1988-0318-312 / Häßler, Ulrich / CC-BY-SA 3.0

Große Worte. Pathos. Sätze, die glashart einteilen in Für, Wider, Freund und Feind. Totale Abwertung der Feinde – vor allem der im eigenen Land. Faschismus braucht Krieg, weil sein Vater, der Kapitalismus in seiner Endkrise, nicht mehr zu retten ist. Krieg braucht Mord und Mord braucht unwertes Leben. Die faschistische Propaganda bereitet den Boden dafür.

Während die Nazis offen von Untermenschen und Vernichtung sprachen, ist die durch Orwell und professionelle PR geprägte Variante auf Double Binds angewiesen – auf Botschaften, die in sich paradox, widersprüchlich oder absurd sind. Krieg für Frieden, Folter für Menschenrechte, Diskriminierung für Gerechtigkeit. Am Ende fällt aber auch hier zwangsläufig die Maske, dann ist die Rede von "Defätisten und Kriegsmüden" (FAZ), "Lumpenpazifisten" und "Drückebergern" (Spiegel).

Der totale Krieg ist längst ausgerufen, diesmal im Gewand der 'Hilfe': "Die Ukraine muss gewinnen" ist die Losung des Kampfes bis zum letzten Ukrainer, die NATO spricht von einem "Krieg, der Jahre dauern kann" und hofft, dass es so kommt, denn nur so kann der Konkurrent Russland maximal geschädigt werden, Ziel: dessen "Ruin". Die Strategie, Russland von Resteuropa zu spalten, entfaltet ihre volle Wucht.

Die dunkle Bedrohung

Da stellt sich ein Kanzler hin und spricht von "Zeitenwende". Ein großes düsteres Wort, das meint: Schluss mit Pazifismus, mit Diplomatie, Verhandlungen, Entspannung. "Zeitenwende", so will es die Giffey, bedeutet auch Wiedereinführung der Wehrpflicht aka "Dienst für die Allgemeinheit". Wehrbereitschaft. Die Welt braucht wieder Kanonenfutter. Des Kanzlers Rede dazu ein Orwellscher Wahn mit Anleihen an klassische Propaganda.

Der Angriffskrieg entstand "aus einem einzigen Grund: Die Freiheit der Ukrainerinnen und Ukrainer stellt sein eigenes Unterdrückungsregime infrage." Ein einziger Grund sei diskutabel. Der besteht aus einer Unterstellung und der Dämonisierung eines Einzelnen. Das ist nicht mehr infantil, das ist schlicht schwachsinnig. Niemand aber soll auch nur die Geschichte der letzten acht Jahre betrachten. Es ist ein Urteil gefällt, die Schuld zugewiesen und jedes Hinterfragen Verrat.

Die Geschichtsklitterung geht auf dieser Basis weiter: "Mit dem Überfall auf die Ukraine will Putin nicht nur ein unabhängiges Land von der Weltkarte tilgen. Er zertrümmert die europäische Sicherheitsordnung, wie sie seit der Schlussakte von Helsinki fast ein halbes Jahrhundert Bestand hatte."

Geschichte wird gemacht

Gut, dass sich niemand erinnert, was die beinhaltet, so wie keiner das Minsker Abkommen liest. Die Schlussakte von Helsinki erklärt die "Achtung der souveränen Gleichheit und Menschenrechte, Unverletzlichkeit der Grenzen, friedlichen Konfliktlösung und Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten." Am 24. März 1999 war es damit vorbei. Die NATO startete ihren Angriffskrieg auf Serbien und legte durch schiere Machtpolitik die Grenzen (Ex-)Jugoslawiens neu fest.

Geschenkt, dass der Diskurs auf Europa und seine weißen Menschen beschränkt wird. Außerhalb sind Mord, Folter, Bombenterror und Angriffskriege bekanntlich Standard. In der Schlussakte von Helsinki hatten sich die 35 Unterzeichnerstaaten übrigens auf eine gemeinsame Zusammenarbeit in Wirtschaft, Technik, Wissenschaft und Umweltfragen geeinigt, in dem Wissen, dass Kooperation und gegenseitige Abhängigkeit Frieden sichern. Deshalb waren den USA die großenteils willkürlichen 'Sanktionen' gegen Russland auch so wichtig, die erst den Boden für den neuen Krieg bereitet haben.

Fragt man nach den Voraussetzungen und Rahmenbedingungen, nach den Prozessen, die zur heutigen Lage geführt haben, wird deutlich, wie der militärische Teil des Wirtschaftskriegs sich mit höchster Wahrscheinlichkeit genau so entwickeln musste. Damit das gar nicht erst so weit kommt, muss das monokausale Narrativ vom Russenhitler mit allen Mitteln verteidigt werden. In der Folge beraubt man sich jedes Zugangs zur Wirklichkeit und marschiert auf Befehl der USA willig ins Verderben. Wenn sich nicht irgendwie doch noch ein rationaler Diskurs entwickelt.