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Die Opfer dieses Massakers werden posthum als “mutmaßliche Extremisten” diskreditiert. Welchen Sinn macht das? Liegt in diesem Status, gegen den sie sich nicht mehr wehren können, der gute Grund für ihre Tötung? Sind die Toten alle gleichermaßen selbst Mörder, zumindest potentielle? Sind sie nicht vor allem weitere Opfer, tote Menschen? Nein, sie sind “mutmaßliche Extremisten”. So klingt pure Kriegspropaganda, und es sollte niemandem, der solch extremen Mist publiziert, gestattet werden, sich Journalist zu nennen.
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Da Herr Liefers höchstpersönlich in Syrien war, ist er nun Experte für alles. Er weiß genau, wer dort gegen wen kämpft, wie das alles einzuschätzen ist und was daraus zu folgern. Vorher war nämlich, so die FR, noch kein “westlicher Prominenter” dort. Es braucht also westliche Prominente, um die Lage endlich zu durchschauen und die einzig richtige auch “humanitäre” Entscheidung zu treffen: Bomben gegen Bomben.
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In den kommenden Jahren musste man sich daran gewöhnen – die Amerikaner kannten kein Zurück, Deutschland beteiligt sich seitdem an seinem längsten Krieg seit dem 17. Jahrhundert, aber daheim blieb es friedlich und einigermaßen übersichtlich.
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Die dezentralen Folterlager der ‘Guten’ im Irak werden flexibel vor Kontrollen verborgen, die den Kampf gegen den Terror der Bösen beeinträchtigen könnten. Da kann es schon mal passieren, dass Inhaftierte ratzfatz von “Lager Ehre” in “Lager Gerechtigkeit” verlegt werden.
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Kann man wirklich nein sagen zum treuen Partner Saudi-Arabien, dem bislang noch alles geliefert wurde, was er verlangt hat? Kann man den Ölprinzen verbieten, präventiv nachzurüsten, wenn die Dämme ohnehin gebrochen sind? Wie sollte man das rechtfertigen? Sicher nicht mit Menschenrechtsverletzungen, denn die werden den Scheichs seit Jahrzehnten als Folklore ausgelegt. Vielmehr foltert der freie Westen ja inzwischen auf Augenhöhe mit.
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Oder ist “Verantwortung” nur das, wo ‘wir’ oder unsere ‘Freunde’ töten? Afghanistan? Irak? Kassettenbomben, Abu Ghreib und Guantanamo? Ist das “Verantwortung”? Regime hochrüsten und dann ihre Länder mit Luftangriffen überziehen, wenn einem die Nase des Diktators nicht mehr passt?
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Schicke Bilder in Panzerweste machen ihm Spaß, ebenso wie semantische Spielchen. Der letzte Hit ist “nicht-internationaler bewaffneter Konflikt” als Sprachregelung für den Krieg in Afghanistan. Zuvor hatte es neue Orden gegeben und Durchhalteparolen.
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Das Kosovo ist weniger Staat als Schalke 04, es schien aber den außenpolitischen Strandhaubitzen Merkel und Steinmeier opportun, ihrer launigen Ahnungslosigkeit freien Lauf zu lassen, um Russen und Serben eins auszuwischen.
Die Anerkennung des Kosovo war reine Provokation, der Versuch, dort irgendwie Fuß zu fassen, ist zum Scheitern verurteilt. Mit dem Kosovo haben sich Deutschland und die EU ihren eigenen Mini-Irak geschaffen, mit der Einschränkung, daß dort nichts zu holen ist. Das furchtbare Resultat der Stümperei ist für die Bevölkerung des Kosovo eine Geiselhaft. Für jede Laune bekannter und unbekannter Mächte werden die Menschen dort leiden, ohne jede Aussicht auf ein annähernd ziviles Leben.
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Was habt ihr denn geglaubt, wie es zugeht, wenn ein Land besetzt wird? Wie viele Kriege hat es gegeben, in denen keine Unschuldigen zu Opfern wurden, in denen nicht wahllos gemordet, gefoltert und vergewaltigt wurde?
Was die Dummheit der Empörten offenbart: Die meisten derjenigen, die sich derzeit über die bösen Ungerechtigkeiten im gerechten Krieg erregen, werden beim nächsten Mal wieder in der Koalition der Willenlosen mitmarschieren.