Serviervorschlag: Gesunde Vitamine
Vor 19 Jahren habe ich eine Serie über Doping im Radsport geschrieben. Seitdem ist viel nichts passiert. Die Omertà hält wieder, nachdem sie Anfang 2000er kurzfristig durch – nicht zuletzt deutsche – Eiferer unterbrochen wurde, die wie immer mit viel Moral und wenig Expertise zu Werk gingen.
Hierzulande wurde Jan Ullrich öffentlich verbrannt, wobei sich ein Sozialdemokrat als besonders widerlicher Heuchler hervortat: Rudolf Scharping, der sich als Funktionär im Radfahrerbund zu gern mit Ullrich hat ablichten lassen, ließ ihn kalt fallen und predigte Moral und sauberen Sport. So kennen wir sie.
Rausgerutscht
Während die Wogen noch wogten, das ging einigermaßen durch, hat der Radstar der 70er in der BRD, Dietrich Thurau, den bemerkenswerten Satz gesprochen: "Wir waren doch früher alle gedopt". Dies bestätigte meine Auffassung, dass man einen gedopten Fahrer daran erkennt, dass er eine Startnummer trägt.
In Spanien haben die Funktionäre ihre Stars eher gedeckt, in den USA haben sie dichtgehalten, bis es selbst für Armstrong nicht mehr ging, und nachdem eine Zeitlang die Weltdopingagentur ihre Profis nicht ausreichend schützen konnte, ist längst wieder Ruhe eingekehrt. Doping, das gibt es nur noch in Russland, wie wir von Fachpharisäern des Typs Hajo Seppelt (heißt wirklich so) wissen.
Monstern wie Pogacar, Vingegaard und Evenepoel, die sich bei der "Tour" aktuell um die Ohren fahren, spritzen die Hormone aus denselben. Alles aber selbstverständlich natürlich, schieres Talent und gesunde Ernährung. Niemand fragt nach. Niemand vergleicht. Niemand spricht aus, was alle wissen: Früher ist heute. Sie sind alle gedopt, und das wäre auch gut so.
Märchenwelt
Es ist aber illegal, so wie das Doping auf der Straße mit Koks, Schore oder geklautem Fentanyl. Immerhin wird dort nicht noch die Existenz der Stoffe und ihrer Konsumenten geleugnet. Es wird weiterhin gelogen, dass sich die Balken biegen, getarnt und getäuscht, auf dass der Rubel weiter da rollt, wo man damit nicht bezahlen kann.
Was das hier schon wieder soll? Wenn ich, wie zuletzt so oft, höre, unsere Medien könnten doch nicht alle lügen, führe ich gern dieses Beispiel an. Hier gibt es keine politische Vorgabe aus der Zentrale oder eine Kriegsfront, an der ausdrücklich Propaganda für die Tüchtigkeit gemacht wird. Es ist aber genau so verlogen, und die Bösen sind auch da immer die Russen. Das ist das Märchen, für das sich seine Erzähler auch noch mit Preisen behängen.
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