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2022
Krone-Schmalz zu Russland und Ukraine
Posted by flatter under geostrategie , kunstlyriklamauk[44] Comments
23. Okt 2022 15:45
Habeck und Borbeck sitzen an diesem Freitag am Ufer des Flusses und schauen Leichen beim Vorbeitreiben zu.
Borbeck: Du, Robert?
Habeck: Ja, Anjatanja?
Borbeck: Ich finde, ich habe das sehr besonders gut gemacht heute. Ich muss hervorragend gelobt werden für meinen außerordentlich staatsfraulichen Auftritt, der im In- und Ausland alle werktätigen Menschen berührt und begeistert hat.
Habeck: Selbstverständlich, Frau Minister:innen und außen. Ganz kolossal, und ich meine das nicht nur so, sondern sage es auch, wie sollte es auch sonst sein, wo wir doch alle gemeinsam jetzt, in dieser schwierigen Stunde, zusammenstehen, und es darf keinerlei Zweifel daran geben: Es ist nicht das Wetter, es gibt weder Geschichte noch Grund oder Sinn, nur einer ist dafür, und zwar verantwortlich, nämlich unerbittlich ausnahmslos Putin.
Borbeck: Das hast du schön gesagt. Schade, dass du so nach Schwein riechst.
Todd und Geufel erscheinen.
Geufel, hast du diese Spackos eingeladen?
Keineswegs, lieber Todd.
Wie mögen sie dann wohl hierher gekommen sein?
Nun, es ist nicht völlig auszuschließen, dass sie durch diese Tür gekommen sind, auf der „Zutritt lebensgefährlich. Nur für die wichtigsten Wesen auf dem Planeten“ stand.
Klingt plausibel. Und wer mag ihnen wohl den Weg an diese Pforte gewiesen haben?
Putin?
Ha-ha. Ich denke eher, es war eine Entin.
Touché. Aber sind sie nicht putzig?
Bedingt. Ich kann mich nicht so recht ergötzen an – beinahe hätte ich es Hybris genannt – dieser elenden Mischung aus Dummheit, Stolz und Eifer.
Verstehe, verstehe, aber das ist ja das, was du heute kriegst. Sei froh, dass ich nicht die Inselaffen verführt habe. Gegen die hilft nicht einmal mehr dein Weihrauch aus Ibuprofen und Vicodin.
Soll ich jetzt dankbar sein?
(Habeck und Borbeck holen Luft)
(Todd und Geufel unisono:) Klappe!
Ich finde ja schon, wir sollten ab und an welche hier haben, bevor sie in den Fluss gefallen werden.
Wozu soll das gut sein?
Ich will ein bisschen spielen.
Und was schwebt dir da so vor?
Du kennst mich.
Aua. Sag an!
Ich habe mich von der guten Literatur inspirieren und mir für diese beiden Prachtexemplare je eine besondere Prozedur einfallen lassen. Also für das Strebermädchen gibt es ein paar lustige Runden im vergleichenden Durchblickstrudel.
Wasn dasn?
Das ist eine Variante des totalen. Der Clou: Sie bekommt dort in absoluter Reinheit den Unterschied zwischen ihrer Meinung von sich selbst und ihrer Relevanz im Universum präsentiert.
Klingt ganz nach dir. Und der andere Clown da?
Für den habe ich den vogonischen Poesiewürdigungsstuhl rekonstruiert, in dem er es sich gemütlich machen darf, um in Endlosschleife seiner jüngsten Sportpalastrede zu lauschen, bis der Fluss zufriert.
Geufel?
Ja?
Du bist eine Sau.
Liebst du mich?
Vor Jahren schrub ich:
Ein wenig Verstand könnte Abhilfe schaffen um zu begreifen, was gerade diejenigen auszeichnet, die abends nicht ins Bett kommen und morgens nicht heraus. Es gibt unterschiedliche Gründe, warum sich ein halbwegs gangbarer 24-Stunden-Rhymthmus einstellt, der eben nach hinten verschoben ist.
Vor allem ein Phänomen ist für mich aber das interessanteste, nicht zufällig, da es mich selbst betrifft. Seltsamerweise sind 24 Stunden einfach nicht genug. Am Wochenende, das kenne ich seit meiner Kindheit, werden die Tage und Nächte länger. Freitags geht es später ins Bett, samstags viel später raus. Samstagnachts wird es dann gern noch einmal später und sonntags wird bis mittags geschlafen.
Arhythmie
Aus einiger Erfahrung mit einem krisenhaften Leben erscheint mir das aus heutiger Sicht nicht bloß ein anderer Rhythmus zu sein. Es ist vielmehr doch Faulheit. Wer aber hätte sich je mit der Genese der Faulheit befasst? Dazu sind diejenigen, die Menschen mit ihrer vermeintlichen Faulheit identifizieren, noch immer zu faul gewesen. Holen wir das endlich nach:
Kern der Faulheit ist eine andere Form der Einsicht. Sie darf sich erstens mit Recht so nennen, weil sie die Dinge durchschaut. Sie ist häufig mit höherer Intelligenz gepaart. Grabe du mit den Händen, ich erfinde erst die Schaufel und dann den Bagger. Sei du fleißig, ich verzichte auf diese Form von Anerkennung. Ich weiß, was ich kann, beuge nicht das Knie und lasse mir nicht das Köpfchen tätscheln.
Deprimierend dumme Maschine
Es gibt aber noch einen anderen Aspekt, der damit in enger Verbindung steht. Wenn man erkennt und durchschaut, sind Belastungsstörung und Depression nicht weit, und die gehen ähnlich. Man kommt nicht rein in den Schlaf und nicht raus, kann sich kaum motivieren und die einfachsten Tätigkeiten kommen einem vor wie ein Marathonlauf.
Das wiederum ist eines dieser Signale, die protestantisch gehirngewaschene Menschenfreunde brauchen, um über das Pack herzufallen, das es selbst schuld ist in seiner Überheblichkeit, das sich weigert, seinen von Gott gegebenen Platz einzunehmen und artig zu spuren. Selbstdisziplin und Gehorsam sind gefragt, nicht Eigensinn und Renitenz. Kreativität ja, aber in geordneten Bahnen! Dann geht auch Irgendwasmitmedien®, und zwar staatstragend, wie sich das gehört.
Darüber hinaus ist die Bundesregierung nach sorgfältiger Abwägung zu dem Schluss gekommen, dass weitere Auskünfte aus Gründen des Staatswohls nicht – auch nicht in eingestufter Form- erteilt werden können.
Keine weiteren Fragen. Die Antworten muss man sich zusammenreimen.
Was derzeit in Großbritannien passiert, ist zugleich ein Ausblick auf die hiesige Entwicklung und die Essenz der politischen Strategien eines Kapitalismus im Endstadium. Ob da noch etwas zu retten ist, wird sich zeigen. Es wird um die Frage gehen, ob das Land wirtschaftlich und sozial stabilisiert werden kann oder beim Versuch scheitert und im Chaos versinkt. Die Alternative zu Letzterem ist Faschismus.
Die Trickle-Down-Ideologie des Thatcherism und der Reagonomics war von Anfang an zum Scheitern verurteilt und nur ein Gewand, in dem Profite gesichert werden mussten. Keynes war gescheitert, die Idee, die Mehrheit am Zuwachs der Produktivität zu beteiligen und Konsum anzukurbeln, wurde aufgegeben. Seitdem wird geplündert und ausgequetscht. Vor allem Infrastruktur ist der Renner. Energie, Wohnen, Wasser, eben alles, worauf niemand verzichten kann.
Flow up
Eine ganze Weile gelang es, Kapital an Börsen zu binden und den Zuwachs durch Gelddrucken zu sichern. Solange mehr dem Kapitalmarkt zuwächst, gibt es halt Zuwachs, mithin können Profite verbucht werden. Zudem wurden Modelle aufgesetzt, Phantasiekapital zu erzeugen wie zum Beispiel durch Immobilienkredite an mittellose Schuldner.
Doch das Aufpumpen von Blasen und das Ausquetschen von vitalen Bedürfnissen kommt auch an seine Grenzen. Zudem schläft die Konkurrenz nicht. Fatal, wenn man bei der auch noch Energie und unverzichtbare Waren wie Platinen einkaufen muss. Ganz dumm, wenn man dann auch noch meint, man käme ohne die Handelspartnerschaft aus, die einem jahrzehntelang genützt hat, und z.B. die EU verlässt.
In UK hat die neoliberale Religion die eifrigsten Jünger, mithin die inkompetentesten Verwalter der Krise. Nur unter diesen gibt es noch solche, die ernsthaft an Trickle-Down glauben und sprichwörtlich zu dumm sind, aus dem Fenster zu gucken. Die Zeiten sind vorbei, da man völlig ungeniert die Reichen noch reicher und die Armen noch ärmer machen kann. Nicht bloß, weil das auf der Straße explodiert, sondern, weil das Kapital längst andere Strategien fährt.
Voll im Trend
Es geht ökonomisch schon lange nur mehr darum, irgendwie noch mehr Geld auf die großen Haufen zu schaufeln und dafür vermeintlich gute 'Gründe' zu finden, damit sich die Kannibalen nicht gegenseitig fressen. Politisch geht es nur mehr darum, irgendwie die Ordnung aufrecht zu erhalten, mithin einen dauernden Ausnahmezustand. Der Krieg mit Russland ist ein Mittel dazu.
Liz Truss wäre in anderen Zeiten eine heißgeliebte Nützliche Vollidiotin gewesen. Ihr Vorgänger war noch so einer, der Superreiche wortwörtlich heiligsprechen wollte. Aber diese Zeiten sind vorbei. Es braucht wieder einmal starke Männer mit einem direkten Draht zum Kapital und der Fähigkeit zu erstklassiger Demagogie. Woher kenne ich das nur?
Neues vom Weltwirtschaftskrieg
Posted by flatter under kollateralschaden[31] Comments
13. Okt 2022 12:45
Putin und seine schwarze Bestie (Symbolfoto)
143 Staaten haben die Annexion der russischen Gebiete in der Ostukraine verurteilt. Friss das, Russe! Der Russenversteher als solcher trübt die Freude. Warum? Weil er versteht, was die Russen interessiert. Und das wäre?
Erstens: Sie können die annektierten Gebiete nicht verlassen, weil dann ukrainische Truppen, die noch immer von Nazis angeführt werden, dort säubern. Wer es wissen will und nicht bloß Tagesschau glotzt, weiß, was das bedeutet.
Zweitens: Putin und Lawrow haben es geschafft, die Repräsentanten der wichtigsten nichtwestlichen Staaten hinter sich zu bringen. Diese repräsentieren nicht nur die neue ökonomische Weltmacht BRICS, sondern auch mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung.
Drittens: Der russische Antrag auf geheime Abstimmung wurde abgelehnt. Wie bitte? Eine solche Abstimmung ist offen, damit jeder potentielle Sanktioneur sich angucken kann, wer da wie stimmt? Feine Demokratie hab ihr da in der UNO!
Viertens: Die Russen haben vorher gewusst, dass es für die meisten Länder Gründe gibt, Annexionen ungut zu finden. Sie haben dennoch so entschieden. Kurzum: Symbolpolitik des Westens für den Westen und alle, die ihn nicht vor der Tür haben wollen.
Triumphal
Dazu passt auch solche Symbolpolitik. Das erinnert mich irgendwie an die Experten im Internet, denen es um nichts anderes geht als die Triumphpose, wenn sie sich an ihren vermeintlich dummen Feinden abarbeiten. Beispiel: Der Ausweis des Attentäters.
Angeblich hat 'Russland' den Ausweis eines Attentäters präsentiert, der wiederum angeblich eine Bearbeitung des Ukraine-Musterausweises aus der Wikipedia sei. Als Beweis wird einer präsentiert, der selbst schon bearbeitet ist und eben nicht das Muster aus der Wiki. Haha, so blöd sind die Russen! Haha, so blöd sind die Russenversteher! Ein Spiel von Trollen für Trolle.
Will uns sagen was? Gegenbeispiel: Ich nutze Quellen, u.a. Youtubekanäle, die sich wiederum auf Telegram beziehen, um mir ein Bild der Lage zu machen. Warum? Weil deren sachlich begründete Prognosen bislang präzise und zutreffend waren. Der eine braucht halt das große Gefühl, der andere will wissen, was ist. So einfach.
Nachdem wir eine ganze Folge wegen Unzufriedenheit weggeworfen haben, fiel uns "Demokratie" zum Opfer. Ob wir uns dabei wohl grob daneben benommen haben? Keine Ahnung. Jedenfalls ist es eine Jubiläumsfolge: die pfümpfundzwanzichste.
Jubelt, ihr Perser!
Bitte hier entlang!
Da die Datei sehr groß geraten ist, hier noch eine als .ogg (45,4 MB)
Viel Spaß!
Kapitalistische Rezession und Depression
Posted by flatter under kapital[31] Comments
07. Okt 2022 13:27
Rezession gibt es nur im Kapitalismus. Und schon schreit er auf, der Fachexperte 'Ökonom'. Wohl, wohl, wohl habe es doch im Sozialismus schlimme Rezession gegeben und Schlimmeres. In welchem Sozialismus? Dem mit Geldwirtschaft, Lohnarbeit und kapitalistischem Außenhandel? Gemach!
Lassen wir einmal beiseite, dass sogenanntes "Wirtschaftswachstum", aka steigende Profitraten, ein rein kapitalistisches Ziel, vielmehr der Systemzwang, sind und daher Rezession als sinkende Profitraten ein kapitalistisches Phänomen. Fokussieren wir auf das, was passiert:
Alle Räder stehen still
Aus welchen Gründen auch immer stellt sich in einer kapitalistischen Wirtschaft ein stabiles Wachstum ein, d.h. es werden Profite gemacht, das Inlandsprodukt steigt, es gibt reichlich Lohnarbeit, die Steuereinnahmen reichen aus, Vermögen steigen. Dass das bis hierher schon nur funktioniert, wenn sich irgendwer dafür verschuldet (siehe volkswirtschaftliche Gesamtrechnung), sei auch noch geschenkt.
Es arbeiten alle für Geld, die einen für ihres, die anderen für das der anderen, es wird produziert, verkauft und als Nebeneffekt(!) die Bevölkerung versorgt. Was aber passiert, wenn die Profite einbrechen?
Es ist immer noch genug da, vor allem für das Wichtigste, nämlich Energie, Nahrung, Gesundheitsversorgung, Mobilität. Nicht auf dem Niveau und in der Art wie bei profitorientiertem Wirtschaften mit Millionen verzichtbarer Produkte, aber auf jeden Fall für das Wichtigste und sogar mehr. Oft sind sogar reichlich Ressourcen für Luxus übrig.
Kein Geld, kein Brot
Es wird aber nicht mehr produziert, weil kein Profit mehr möglich ist. Bäckereien, Geschäfte, Nahrungsproduktion, Energiewirtschaft, Versorgung, die ganze Arbeit, die das Überleben sichert, wird eingestellt, weil nicht mehr genügend Geld da ist. Die Eigentümer melden Konkurs an, weil sie es nach dem Gesetz sogar müssen. Wer clever ist, hat sein Geld vorher rausgezogen und woanders gebunkert.
Die Brotfabrik wird abgeschlossen, die Mühlen auch. Privateigentum hat nicht die Aufgabe, die Bevölkerung zu versorgen. Es kann das nicht einmal, weil alle Strukturen – einschließlich der Gesetzgebung – auf Profit basieren. Wenn es so weit kommt, ist die Revolution unausweichlich, denn niemand wird aus Treue zum Gesetz und den Eigentumsrechten freiwillig verhungern.
Der naive Humanismus glaubt an einen freien Willen, der sich in Gesellschaften zu einem Gesamtwillen ausbildet. Was in einer ('demokratischen'/parlamentarischen) Gesellschaft geschieht, wird ausdrücklich (etwa im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland) als Ergebnis von Willensbildung und Willensäußerungen betrachtet.
Demnach entscheidet eine Mehrheitsmeinung über die politische und gesellschaftliche Wirklichkeit. In dieser Vorstellung wird die ältere, religiöse Überzeugung von Gottes Willen und Allmacht in die Allmacht des Menschenwillens überführt. Es ist eben nicht mehr Gott, sondern der Mensch, dessen Wille geschieht.
Gut und Böse
Dieser Humanismus ist Folge und Basis einer moralischen Weltsicht. Die Existenz von Gut und Böse erfordert ideelle Mächte, die sich in der Wirklichkeit nicht erklären lassen. Etwas oder jemand ist böse, weil er es eben ist, daher ergeben sich seine Handlungen nicht aus seinen Lebensbedingungen und seiner Vorgeschichte, sondern aus Eigenschaften, die ihm innewohnen. Er handelt so, weil er so ist.
Das Böse kann von ihm allerdings abfallen, wenn er ihm entsagt, sich läutert, bereut und büßt. Dem Guten wiederum muss er sich zuwenden, ihm dienen wollen und sich der Gemeinschaft der Guten und Moralischen anschließen. Das Böse kann ihn derweil verführen oder ihn völlig korrumpieren.
Die Menschen sind so
Diese Weltsicht ergibt sich aus den Vereinfachungen, die ein Alltagsverstand zwangsläufig leisten muss, um sich nicht zu überfordern. Das hat wenig mit den Fähigkeiten des Einzelnen zu tun; hochintelligente Menschen machen das grundsätzlich gar nicht anders als intellektuell begrenzte. Es funktioniert ja im Alltag und im Kleinen so. Die Beurteilung von Menschen im persönlichen Umfeld, Sympathien, Gefühle und das Durchsetzen eines Willens gegen den anderen prägen diese Sphäre.
Zudem ist sie das, was Menschen von Kindesbeinen so und kaum anders erleben. Wenn dann auf jeder gesellschaftlichen Ebene die Entscheidungen von Gesprächen und Handlungen begleitet werden, in denen diese Muster ebenfalls bedient werden, liegt es nahe, zu glauben, die Welt drehe sich um diese menschliche Dimension. Das aber ist ein fataler Irrtum. Wille und Moral sind nicht die Ursache der Ordnung, sondern eine Projektion, die Konflikte schürt und Rationalität unterdrückt.
Wer internationale Politik verstehen will, muss einige Voraussetzungen erfüllen. Die erste, für uns längst selbstverständliche, ist, dass es immer um Geld geht. Geostrategische Interessen folgen wirtschaftlichen. Im Kapitalismus herrscht das Recht des Stärkeren, was heißt: Der Starke diktiert dem Schwachen die Regeln. Daher auch das Wort von der "regelbasierten Ordnung".
Die zweite ist ideologischer Natur: Die politische Verfasstheit, kulturelle Ausprägung und ideologische Ausrichtung von Staaten darf nicht Gegenstand internationaler Konfrontationen sein. Sie ist das wichtigste Mittel von Propaganda und Moralisierung, mithin eine Waffe. Kein Land aber hat das Recht, einem anderen die Ordnung vorzuschreiben. Das ist oft schwer erträglich, aber die Alternativen sind desaströs.
Leben lassen
Daraus ergibt sich drittens im politischen Austausch das Primat der Diplomatie. Wer dieses missachtet, ist ein offener Aggressor, der ein friedliches Zusammenleben aktiv verhindert. Selbst, wo er durch undiplomatisches (beleidigendes, demütigendes, bevormundendes) Handeln nicht unmittelbar aggressive Gegenreaktionen erzeugt, zwingt er den Gegner, innenpolitisch auf die Feindseligkeit zu reagieren.
Die Globalisierung durch Kapital und Geostrategie der zuletzt einzigen Weltmacht USA hat dazu geführt, dass sie allein für die von ihr beherrschte Hemisphäre (NATO, EU) die ideologische Ausrichtung bestimmt. Ihre Regeln, ihr politisches System, ihre (neoliberale) Wirtschaftsordnung hat auf der ganzen Welt zu gelten. In ihrer Einflusssphäre hat sie die nationalen Regierungen so indoktriniert, dass die gesamte politische Elite diese Doktrin aggressiv vertritt – politisch, ökonomisch und zunehmend militärisch.
Ich hatte bereits darauf aufmerksam gemacht, dass im 'Westen' die letzte Opposition gegen diese Gleichrichtung nationalistisch ausgerichtet ist. Da die Eliten in Europa amerikanische Interessen gegen die eigenen vertreten, bleibt die rechte Schmuddelecke. Die Kommunisten und radikalen Sozialisten wurden erfolgreich vernichtet. Das Resultat sehen wir in immer mehr Staaten mit Rechtsextremen in der Regierung. Aber auch global verschärft sich dieser Trend, nicht nur in "MAGA", wie ich anhand von Putins jüngster Rede festgestellt habe:
Die Reaktion
Er wendet sich mit dieser Rede an die Russen, mithin zieht er alle Register eines religiös untermauerten Nationalismus, der die wichtigste ideologische Basis seiner innenpolitischen Macht sein dürfte. Interessant ist auch hier, dass die (in dem Fall internationale) Konstellation ebenfalls Nationalismus vs. Wertewesten ist. Die Globalisierung (Putin spricht von "Kolonialisierung") durch den Dollar, den IWF und die NATO erzeugt eine Art überschießende Immunreaktion.
Wenn man versucht zu verstehen, wie Formationen (politischer) Macht entstehen und sich stabilisieren, sind solche Entwicklungen Gegenstand der Betrachtung. Konkret ergeben sich daraus alternative Optionen. So z.B. ein reflektierter bürgerlicher Interessen-Nationalismus, wie ihn Klaus von Dohnanyi befürwortet, oder eine revolutionäre Abkehr vom Kapitalismus und den bürgerlichen Stellvertreter-Hierarchien. Ersteres ist realistisch, Zweiteres wäre wünschenswert.