politik


 
fx

Über Schuld wurde viel geschrieben und diskutiert. Im Zusammenhang mit Moral ist sie der Dreh- und Angelpunkt sozialer Beziehungen, auf denen Moral aufsetzt. Schuld ist vor allem ein archaisches Machtverhältnis. In jemandes Schuld zu stehen, wird heute zumeist als Folge einer Handlung gesehen, eine Art Pflicht zur Wiedergutmachung. Das ist aber schon eine mehr oder minder moderne Abstraktion eines simplen, u.a. feudalen Machtverhältnisses.

Die Pflicht gegenüber einer Person oder Institution, dem Fürsten etwa, ist ursprünglich nicht abhängig von eigenen Taten. Das Vergehen in diesem Kontext besteht schon in jeder Form des Aufbegehrens oder auch nur Anzweifelns des Machtverhältnisses. Jemand macht sich mithin schuldig, indem er das Grundverhältnis seiner Schuld nicht anerkennt.

Schuldgefühle, das 'schlechte Gewissen', Erröten und Ähnliches, werden oft als unmittelbar mit Schuld korrespondierende Phänomene betrachtet, quasi als Beweis für die Existenz von Schuld. Schon allein aber, dass Peinlichkeiten aller Art sensibleren Menschen mehr zu schaffen machen als die übelsten Ränkespiele dem routinierten Intriganten, ist ein deutlicher Hinweis darauf, das der Atavismus keinen Zugang zur Wirklichkeit hat.

Tragende Säule

Hier reagieren Menschen mit Reflexen aus fernster evolutionärer Vorzeit auf Situationen, in denen jene ganz nutzlos sind. Schuld ist in der Moderne nur mehr eine durch religiöse Vorläufer überlieferte Konstruktion ohne Realitätsgehalt. Erst als Angriffsfläche für das Management der Macht wird sie wieder zu einem relevanten Phänomen.

Wer nicht schuldig ist, kann nicht auf die damit verbundene komplexe Weise beherrscht werden. Einen Schaden kann man oft nicht wiedergutmachen, worin die moralische Abhängigkeit im Machtverhältnis besteht. Das vermeintliche Opfer wird in der moralischen Hierarchie über den Täter gestellt wie generell die mit höherem Status über die mit niedrigerem. Das kann kompliziert werden, wenn sich Erstere an zweiteren schuldig machen.

Damit das nicht zu kompliziert wird, hat sich die Struktur der Klassenjustiz etabliert, ohne die eine auf Moral basierende Hierarchie nicht aufrecht zu erhalten wäre. Insofern ist Klassenjustiz eine tragende Säule in einer solchen Gesellschaft, zumal im Kapitalismus.

 
fx

Der Kollege vom Biokiez hat einen inspirierenden Artikel über Europa geschrieben, dem ich meinen Senf hinzufügen will. Ehe ich auf etwas komme, was ich mir ggf. unter "Europa" vorstelle, werde ich von einer Begegnung in Griechenland vor vielen Jahren berichten:

Ich war Anfang 20 und mit ein paar Leuten irgendwo auf dem Peloponnes unterwegs. Wir sind getrampt und wollten von einer Straße zum Strand hinunter, dazwischen aber lag die Mutter aller Barrieren: Ein Privatgrundstück, mit Haus, und zwar offenbar bewohnt. Wir haben also versucht, möglichst ungesehen um das Haus herum zu schleichen und uns zu trollen. Der Besitzer hat uns aber sofort erwischt und getan, was ein Grieche damals tat, wenn jemand unbefugt sein Grundstück betrat, zumal wenn die Eindringlinge ziemlich abgerissen aussehen: Er lud uns zum Essen ein. Der Mann konnte gut deutsch, weil er lange an der Ruhr gearbeitet hatte, was ihm unter anderem sein Häuschen finanziert hatte. Es gab einen wunderbaren Gemüseeintopf, kaltes Bier und Geschichten aus unserer gemeinsamen Heimat.

Gepflogenheiten

Noch eine andere Anekdote, eine, die nicht ganz so schwelgerische Erinnerungen weckt: Einige Jahre zuvor war ich in England gewesen. Ich ging damals einmal auf einen kleinen Supermarkt zu und sah schon aus ca. 100 Metern Entfernung eine Frau, die die Tür zum Laden aufhielt. Ich konnte das nicht einordnen, war aber recht verwundert, dass sie die ganze Zeit dort stand. Als ich den Laden betrat, sie mich grüßte und die Tür schloss, wurde mir klar, dass sie mir, einem langhaarigen Schnösel, die Tür aufgehalten hatte. Sie war übrigens keine Angestellte, sondern eine Kundin. Britische Höflichkeit scheint manchmal keine Grenzen zu kennen. Wir hatten damals einen dabei, der es nicht drauf hatte mit "please" und "thank you", und jedesmal, wenn er ein Pint bestellte und mal wieder den Satz nicht voll kriegte, halfen wir mit einem dreistimmigen "Please!" aus. Kann ich nur empfehlen, danach waren wir gern gesehene Gäste.

Ich musste sowohl in England als auch in Griechenland Geld umtauschen, was keine Riesenkunst ist und eben seine Vor- und Nachteile für Reisende hat. Der Vorteil lag im Fall Griechenlands im billigen Urlaub. Ich fuhr aber nicht herum, um möglichst billig möglichst hohe Ansprüche zu stellen. Ich wollte Land sehen und mit Leuten reden. Die meisten Europäer, so konnte ich schnell feststellen, waren freundlicher als die meisten Deutschen. Carabinieri waren mindestens so miese Arschlöcher wie unkontrollierte Bullen anderswo. Geschäftemacher sind überall eklig. Wenn man erst mal mit Leuten einen trinkt, verträgt man sich mit den meisten und versteht sich mit vielen, und das bereichert ein Leben ungemein. Das ist meine Welt, das ist mein Europa, und was ich an ihm liebenswert fand, war, dass es nicht so deutsch ist. Nicht akkurat, nicht rechnend, nicht deklassierend, nicht diskriminierend. So habe ich es erlebt.

Der Herrenmensch spricht

Und was haben wir heute? Super, ich muss kein Geld mehr umtauschen. Umtausch ist kein Thema mehr, dafür ansonsten nur noch Geld. Der Ton ist nicht zufällig der vom deutschen Kasernenhof, autoritär und herablassend. Es wird akkurat gezählt, aufgerechnet, bilanziert und präsentiert. Es herrscht der Zwang der stummen Askese. Dieselbe Akkuratesse, die politische Gerichtsvollzieher bei der Auflistung ihrer Forderungen walten lassen, dieselbe Gnadenlosigkeit beim Vollzug, kennen wir noch von damals. Unsere Pflicht, eure Pflicht, da kann man nichts machen, das ist der Befehl, der muss vollstreckt werden. Hätten sie halt rechtzeitig ihre Hausaufgaben® machen müssen. So deutsch ist Europa.

Es ist auch so deutsch, dass es wieder Feinde gibt. Ich meine hier einmal nicht den Spuk des Terroristen, sondern den in Europa. Den Russen und alle, die ihm zur Seite stehen. Mit dem darf man nicht reden, den darf man nicht verstehen, und wer es doch tut, ist kein Europäer, sondern ein Versteher. Ein Verräter. Aber das ist das Europa des Kapitals und seiner Hetzer. Sie haben sicher ihre Mittel, vielen Menschen die Köpfe zu verdrehen und ihre Parolen nachzuäffen. Stellt denen aber mal einen Griechen vor oder einen Russen, stellt was zu essen und zu trinken auf den Tisch, dann hat sich das ganz schnell. Nichts in Europa ist so, wie es seine Herrenmenschen trommeln lassen. Es ist an der Zeit, sich das wieder zu erzählen.

Juli 2015

 
pn

Es ist die Zeit des Größenwahns. Aktuell erlebt vor allem ein Triumvirat von Versagern sein Kiew, bestehend aus den unbeliebtesten Staats- und Regierungschefs ihrer Länder: Macron, Starmer und Merz. Allen ist gemein, dass ihre Bevölkerungen ihnen nicht vertrauen, ihnen nichts zutrauen, was dem Volk nützt, und sie sicher nie wieder gewählt werden.

Nachdem sich Macron bereits durch ständiges Aufblasen seiner unbeeindruckenden Person heute für dies und morgen für das Gegenteil lächerlich gemacht hatte, trat ihm Kier Starmer zur Seite, der völlig desorientiert, ideenlos, in völliger Verkennung seiner Rolle sowie der Großbritannien durch die Landschaft marodiert und eigentlich nur einen Freund hat: Selenski. Dabei ist zu befürchten, dass er sich selbst darüber noch furchtbar irrt.


Hold My Beer

Nun ist also auch Merz dabei, der Ersatz für Armin Laschet, der einer Koalition vorsteht, welche von einem Viertel der Wählerschaft ins Amt gehievt wurde. Aber schon das "Vorstehen" ist ihm nicht gelungen, dafür nämlich das Kunststück, als erster Versager in der Geschichte der BRD von einer satten Mehrheit nicht zum Kanzler gewählt zu werden. Dies gelang im zweiten Anlauf, immer noch verweigerten ihm mehrere die Gefolgschaft, aber durch viel Drohen und Mauscheln haben seine Handlanger den Job für ihn erledigt.

Wie reagiert er darauf – und auf den Niedergang der Bedeutung Deutschlands durch den Verzicht auf Außenpolitik und Diplomatie sowie einen fortwährenden wirtschaftlichen Suizidversuch? Er bläst sich auf und meint: "Unter meiner Führung wird die Debatte um Waffenlieferungen aus der Öffentlichkeit herausgenommen."

Schon bei "unter meiner Führung" schmiss der Prätorianer seinen Speer in die Ecke und brach lachend zusammen. Was führt er denn, der Fritz? Ersichtlich nicht 'seine' Koalition. Die Regierung? Ich halte dagegen. Europa? Ein Bündnis gegen Russland? Jetzt liegen wohl selbst die Ko-Versager auf dem Boden und halten sich die Bäuche vor Belustigung.

So lustig ist Faschismus

Derweil macht er keinen Hehl daraus, dass ihm der autoritäre Staat, in den sich Deutschland allmählich gewandelt hat, nicht schnell genug vorankommt. Der Regierungschef wird nämlich als Führer ab sofort darüber befinden, worüber in der "Öffentlichkeit" geredet wird. Der Wille zählt, vielleicht wird die massenmedial staatstragende Mischpoke dem sogar folgen. Ist da aber irgendwer, dem auch auffällt, wie sich hier einer zum sprichwörtlichen Diktator aufschwingt? Man muss hoffen, dass der Mann so lächerlich endet, wie er ist.

Diese ganzen Scheinriesen halten sich für umso größer, je weiter sie sich von der Realität entfernen. Janz kolossal jroße Männer! Flankiert wird das Elend durch die EU-Außenbeauftragte für Russenhass, Kaja Kallas. Die droht Russland mit einem "Tribunal", das irgendwie aus Europa kommen soll und auf die sichere Mehrheit der Kriegspartei EU baut. Das wird Russland dann auf Grundlage von nichts und Westwerten zu ewigem Jubiläum verbannen. Bis dahin wird dieses Europa nach anderen Aussagen derselben Freaks zwar ohnehin zu Russland gehören, aber das einen Widerspruch zu nennen, wäre Logik, und die ist unmoralisch.

 
pn

Eine interessante Betrachtung hat die Konrad-Adenauer-Stiftung da veröffentlicht. [via] Insbesondere mit Fokus auf die AfD kommt sie zu einem allgemeinen Befund, der deutlich entspannter klingt als die Schlüsse, die man daraus ziehen muss:

"In Anbetracht der tiefgreifenden Verunsicherung und Unzufriedenheit, die das politische Klima im Herbst 2023 in Deutschland kennzeichnen, stehen die politischen Parteien vor der zentralen Aufgabe, das erschütterte Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen. Der Pessimismus und die Resignation, die sich über alle Wählergruppen hinweg abzeichnen, sind nicht bloß als Reaktion auf bestimmte Ereignisse zu verstehen, sondern vielmehr als Symptome eines generellen Misstrauens gegenüber der Problemlösungskompetenzen der politischen Verantwortlichen."

Unfähigkeit als Chance

Nun greift auch dieses Ankratzen der Oberfläche viel zu kurz. Selbst, wenn man die ökonomische Situation, die Krise des Weltkapitalismus, zunächst außen vor lässt, ist schon in politischen Kategorien das Fokussieren auf Personen der Holzweg. Als seien "politische Verantwortliche" aufgrund ihrer Persönlichkeit, ihres Charakters oder ihrer Kompetenzen fähig, ein politisches Problem zu lösen.

Durchaus muss man ja konzedieren, dass die Auswahl des Personals oder der Charaktermasken ein aufreizendes Maß an Inkompetenz auf allen Ebenen präsentiert. Dass man da aber Leute in Ämter hievt, denen man nicht zutraut, allein einkaufen zu gehen, lenkt doch eher von den Grundproblemen ab, als dass es etwas mit den Ursachen zu tun hat.

Die jahrzehntelange Ignoranz gegenüber jeder tiefer gehenden Analyse hat vielmehr dazu geführt, dass sich nur mehr Personal findet, welches jener Hybris verfällt, die es ihm unmöglich macht, die eigene Inkompetenz zu erkennen, und kompetenteres abschreckt, das die Unmöglichkeit lösungsorientierten Handelns unter den gegebenen Umständen erkennt.

Höhere Wesen

So endet jedes verkrustete System, das nur mehr reaktionär oder restaurativ 'Lösungen' anbietet, an die es selbst nicht glaubt, die aber gut klingen, weil sie in besseren Zeiten vielleicht funktioniert haben – als liege in den Ideen von vorgestern eine Magie, die man wiederbeleben könnte. Entsprechend wird das auch nur mehr lamentiert, aber irgendwie kommt man nie recht dazu, es auch zu tun.

Jede einzelne Partei geht so vor und die meisten sind sich darin einig, dass man lieber andere, höhere Instanzen entscheiden lässt, um sich selbst nicht im Spot der eigenen Inkompetenz verantworten zu müssen. Deshalb betreiben sie eine Kriegspolitik, die Befehlen folgt, welche längst nicht mehr gelten. Das Ganze verbinden sie dann noch mit einem Führungsanspruch. Begriffe wie "Farce" oder "Groteske" versagen angesichts des Befunds. Wir brauchen wohl eher etwas aus der Psychiatrie.

 
pn

Bild: Bundesarchiv, B 145 Bild-F041435-0028 / Engelbert Reineke / CC-BY-SA 3.0

Die Afd ist also jetzt Hitler. Wie kömmt dem? Lesen wir nach: "Konkret betrachtet die AfD zum Beispiel deutsche Staatsangehörige mit Migrationsgeschichte aus muslimisch geprägten Ländern als nicht gleichwertige Angehörige des durch die Partei ethnisch definierten deutschen Volkes"

Bis zum 01.01. 2000 war die Abstammung das einzige Kriterium für eine deutsche Staatsbürgerschaft. Deutsche waren Blutsdeutsche. Diese Jahrzehnte lang gültige Regelung ging mithin weit über das hinaus, was die AfD etwa dazu an Gesetzentwürfen formuliert hat. Zudem wird aktuell von den verfassungshütenden Demokraten offen diskutiert, ob Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft aufgrund von Äußerungen abgeschoben werden sollen.

Menschenwürde

"Äußerungen und Positionen der Partei und führender AfD-Vertreter verstoßen gegen das Prinzip der Menschenwürde", stellt der 'Schutz' fest, was ja durchaus eklig ist. Aber rechtsextrem? Gehen wir einmal nicht zu weit zurück, in die Zeit etwa, als Linke für Franz-Josef Strauß "Ratten und Schmeißfliegen" waren, aber vielleicht wenigstens in die Zeit der großen Asyldebatte?

Ein paar Beispiele für die Äußerungen beteiligter Diskutanten:

"Was soll ich den Leuten sagen, wenn in der Nähe eines Asylantenheimes ein junges Mädchen vergewaltigt wird?"

"Die Stadt wird nicht zulassen, daß [hier] die Zigeuner tanzen."

"Ausländer sind Gäste, nicht Bürger, und daher auch nicht Mitbürger."

"Vergleiche mit einem Heuschreckenschwarm, der überall, wo er durchzieht, eine Wüste hinterläßt, sind keinesfalls übertrieben. Die Lösung kann daher nur lauten: konsequente Abschirmung Europas vor der Zuwanderung aus den Entwicklungsländern."

Demokraten gegen Rechts

Zum weiter Durchekeln bitte hier entlang. Mit stolzen Grüßen ihrer CDU/CSU vom Anfang der 1990er. Das sind übrigens nicht nur Zitate irgendwelcher Hinterbänkler, sondern u.a. des damaligen Innenministers Alfred Dregger, hochgeehrt bis heute. Wer diese Herren damals als Faschisten bezeichnet hätte, wäre als Verfassungsfeind verurteilt worden. Wer es mag, kann diese Sauce noch durch Zitate von Thilo Sarrazin (SPD) anreichern.

So viel also zu den 'rechtsextremen' Inhalten, die von der AfD verbreitet und weitgehend von den aufrechten Demokraten in Gesetze gegossen werden. Diese Partei ist derzeit diejenige, welche die größte Zustimmung in der Wählerschaft auf sich vereint. Das Wahlvolk ist also gesichert rechtsextrem. Zieht irgendwer nachvollziehbare Schlüsse daraus?

Was mag den Verfassungsschutz dazu veranlassen, die AfD jetzt so anzugehen? Womöglich , dass die aus den falschen Gründen das Richtige tun und diesen überflüssigen Haufen von Rechtsauslegern auflösen könnte. Der 'Schutz' hat immer auf die 'Beobachtung' der ganz Harten (NPD, NSU etc.) gesetzt und damit nichts erreicht, während die AfD den Job einfach erfolgreich gemacht hat. Damit entziehen sich ausgerechnet die Gesinnungsgenossen seiner Kontrolle.

Man darf aber darauf setzen, dass dieser Theaterdonner recht zügig verhallt, wenn die AfD erst ein bisschen Macht ausüben darf. Dann werden sie sich sicher schnell wieder vertragen und an einem Strang ziehen. Für unsere Demokratie, die Fortsetzung der Erfolgsgeschichte unseres geliebten Deutschland, einer jungen aufstrebenden Führungsmacht®.

 
nl

Wenn Propaganda zum Teil der Medienarbeit wird – erst recht, wenn sie sie dominiert – driften der Anspruch auf Wahrheit und die Glaubwürdigkeit auseinander. In einem stabilen autoritären System, in der gegenseitige Kontrolle bis in den privaten Bereich hinein wirkt, kann die Herrschaft durch Propaganda einspeisen, was die Untertanen zu glauben haben. In einem System, das Meinungsfreiheit auch nur behauptet, wirkt sie zersetzend.

Die westliche Medienproduktion ist aktuell in einem Cluster von Lügen und Propaganda gefangen, indem sie gleichzeitig Wahrheiten produziert, Inhalte als Wahrheit markiert und sich dabei selbst als kritisch labelt. Mit Letzterem wird also das Gegenteil dessen behauptet, was ihre Produktion ausmacht.

Aus dem Ganzen spinnt sie schließlich eine Metawahrheit, denn die Medien selbst halten obendrein die Diskurshoheit über die Frage, was Wahrheit sei und was nicht, was "Fake News" und was seriös®. Sie gerieren sich als "Vierte Gewalt" und fungieren dabei selbst als Ankläger, Richter und Komplize der Exekutive, die gegen von ihr als Unwahrheit erkannte Inhalte und deren Urheber vorgeht.

Wir sind wir

Möglich ist das, indem sowohl Medien als auch Politik von derselben, schrumpfenden soziologischen Charge besorgt werden: Angehörige der Mittelschicht, die das Narrativ verbreiten, unter dem sie selbst sozialisiert wurden; 'erfolgreich' genug, um keine Not zu leiden, daher überzeugt, jener beruhe auf ihrer eigenen Leistung, liberal wie die Ideologie, die dieses Narrativ transportiert, systemtreu in Innen- und Außenpolitik.

Es ist eine Identität, der identitäre Ideologie entspringt. Ursprünglich war identitäre Ideologie als solche der Rechten vorbehalten, da die Linke im Gegensatz zur reaktionär-nationalen Identität internationalistisch und offen war, für Veränderungen und fremde Kulturen.

Der Sündenfall der Linken besteht darin, dass sie einzelne Inhalte, die aus ihrer Haltung hervorgingen (Frauenrecht, Minderheitenschutz, Internationalismus) moralisch aufgeladen und durch den Zwang zum Bekenntnis kritische Theorie durch Gruppenidentität ersetzt haben. Die Werte, die dabei zum Tragen kommen, stehen keineswegs zufällig völlig im Einklang mit transatlantischer Geostrategie.

Der Uneinsichtigen Zähmung

Die einstmalige Radikalität, die linker Politik in kapitalistischen Systemen zwangsläufig zueigen war, wurde zunächst systemkompatibel geschleift, dann reaktionär. Minderheitenschutz wurde zum Angriffsmittel gegen beliebige Mehrheiten, Umweltschutz Profitinteressen untergeordnet und Pazifismus schlicht umgedreht. Die Arbeiterklasse wurde ideologisch zerlegt in Leistungsträger und Faulpelze.

Die nach innen identitätstiftend wirkende Propaganda wirkt nach außen lächerlich oder autoritär. Wer daran nicht glauben will, ist durch sie nicht erreichbar. Wie in allen dogmatischen Ideologien versucht die Propaganda, ihr Versagen durch mehr von demselben zu kompensieren. Wo auch das scheitert, müssen die unmoralischen Ungläubigen bestraft werden.

Die liberale Ideologie ist unerhört dumm. Ihre Adepten verstehen nicht, dass ihre Ansprüche nur mehr mit den Mitteln des autoritären Staates durchsetzbar sind, die sie längst selbst nutzen, und dass weder die Nationalstaaten im Inneren noch der große Hegemon im Äußeren mehr die Macht haben, ihren Willen durchzusetzen. Ihr Glaube an die eigene moralische Überlegenheit ist ein weiteres Symptom dieser Dummheit.

 
dt

Längst ist es für die gesamte westliche Politik, die bis zur Ununterschiedbarkeit mit ihren Medien verwoben ist, wichtiger, Geschichten zu erzählen als Ereignisse zu beherrschen. So wie der Kapitalismus nur das Ziel Profit kennt und dem alles unterordnet, ist das Geschäft der Medien, vor allem unter der Ägide der Atlantiker und Neocons, das, Wahrheit zu produzieren – ohne Rücksicht auf die Realität.

Die kann man aktuell oder rückwirkend kurz- und mittelfristig darstellen, wie es einem gefällt, und die langfristige Geschichtsschreibung, die diese Fraktion immer(!) beim Lügen erwischt hat, ist in diesem Spiel keine relevante Kraft. Bemerkenswert, dass selbst das Wissen um diese Lügen (Brutkastenlüge, Saddams Chemiewaffen, Massaker von Rugowa) nicht dazu führt, dass die Lügenproduktion als solche erkannt wird.

In diesem Zusammenhang braucht man keine Verschwörungstheorie, um am Ende doch wieder nach Henne oder Ei zu fragen, um zu erkennen, wie fatal das Standard gewordene "Storytelling" im Restjournalismus wirkt. Dass einer der größten Lügner des Journalismus – Klaas Relotius – einer der meist ausgezeichneten ist, ist jedenfalls kein Zufall. Information und Wahrheit werden zwischen den Mühlsteinen Profit und Ideologie zerrieben.

Geschichtenerzähler

Nicht weniger klar wird das anhand der inzwischen längst völlig üblichen Praxis, Geheimdienste als Quellen zu verwenden. Deren Kernaufgabe, egal, welchen es betrifft, ist ausdrücklich Desinformation. Die Dilettanten in den Redaktionen bilden sich vermutlich ein, das beträfe deren Abwehr. Nein, die 'Dienste' sind Propagandaschmieden, und jeder, der sich mit deren Geschichte auch nur wenige Minuten lang beschäftigt, weiß das.

Wir werden also ganz ungeniert mit netten Geschichten und Desinformation beliefert. Das reicht aber ja noch nicht. Es wird, wie in jeder Religion und jeder Sekte der Vergangenheit, unter Drohung der Exkommunikation aufgefordert, dem Glauben beizutreten und ihn zu verbreiten. Die schlimmste Blasphemie ist dabei die, einem anderen anzuhängen. Das tun nur Ketzer und Lumpen.

Politik und Journalismus sind wie alle Kulturphänomene bisher religiösen Ursprungs und radikalisieren sich in Krisenzeiten. Die Begleiterscheinungen sind Aggression, Fanatismus und Barbarei. Die reaktionären Kräfte, denen die Anpassung an Veränderungen nicht mehr gelingt, treiben mit Eifer den Untergang voran und erkennen wie immer zu spät, dass es ihr eigener ist.

 
dt

Quelle: Pixabay

In Deutschland, Europa und den angeschlossenen Irgendwasmitmedien wird man nichts hören und lesen über geopolitische Zusammenhänge. Die Propaganda kennt die Guten, die gegen die Bösen kämpfen. Ökonomie? Interessen? Strategien? Notwendigkeiten? Das kennen die Märchenerzähler alles nicht. Daher im Folgenden einmal ein kurzer grober Rundumschlag:

Die ehemaligen "Entwicklungsländer" oder "Schwellenländer", u.a. Indien, China Brasilien usf., sind nicht nur in der Lage, selbst die Produkte herzustellen, die sie und andere brauchen, sie können das inzwischen besser oder billiger als das ehemalige Monopol in diesem Bezug, der Wertewesten. Besonders ärgerlich: Nicht nur sind diese Undankbaren der ehemaligen Kolonien längst zumindest als Gesamtheit überlegen, auch vom ehemaligen Ostblock hat der mächtigste Player überlebt und lehrt uns das Fürchten.

Aufstand der Unfreien

War die Sowjetunion noch unter der westlichen Produktivität militärisch eingeknickt, ist Russland allein inzwischen fähig, die gesamte NATO an die Wand zu produzieren. Geradezu unerträglich: Die Russen können das quantitativ wie qualitativ. Gern hätten vor allem die USA das verhindert; sie konnten es aber nicht und können es heute noch viel weniger.

Dies wiederum veranlasst die US Neocons und ihre dümmlichen europäischen Vasallen nicht dazu, die neuen Verhältnisse anzuerkennen und sich darin einzurichten. Nein, für sie gibt es keine Alternative zur Hegemonie, wie es etwa Boris Johnson wörtlich zu Protokoll gab, oder zum "Sieg", wie es Annalena "360 Grad" unablässlich in die eigentlich für Diplomatie eingerichteten Kanäle plapperte.

Die treibende Kraft hinter dem Globalismus der letzten Jahrzehnte, die Neocons, nehmen das schlicht nicht zur Kenntnis und sind deshalb mit Joe Biden und ihren europäischen Vasallen baden gegangen. Trumps Zirkus ahnt das zumindest, erliegt aber ob des Narzissmus des großen Führers derselben Hybris. Zur Strafe isoliert dieser die Welt von den USA. Die Folgen sind vermutlich verheerend, vor allem aber unberechenbar.

Derweil wird militärisch weiter gezündelt. Gezielt wird auf Taiwan, der Feind ist China und das nächste unprovozierte Opfer wahrscheinlich die Philippinen, das Muster dasselbe wie in der Ukraine, die bereits ökonomisch, politisch und demografisch zerstört ist. So sehen Siege aus, wenn der Wertewesten marschiert.

Tektonik

Afrika wirft seine Kolonialmächte aus ihren Ländern, wo ihnen das gelingt. In den BRICS findet eine neue ökonomische Weltmacht zusammen, welche die große Mehrheit der Weltbevölkerung repräsentiert. Sprichwörtlich alles ist in Bewegung. Der Westen reagiert darauf mit reaktionärem Starrsinn und lastet die selbst erzeugten Krisen fremden Dämonen an.

In einer solchen Zeit kommt es mehr denn je auf feine Diplomatie an; Europa verzichtet seit einigen Jahren vollständig darauf. Seitdem sie mit dem vermeintlich unbesiegbaren Verbündeten in den heiligen Kreuzzug gegen das Böse zogen, gelten nur mehr Phrasen und Parolen – nach außen infantile Schmähungen und nach innen Durchhalteparolen.

Ein ökonomisches Konzept gibt es ebenso wenig wie eine Analyse des aktuellen Niedergangs oder eine Abwägung möglicher Optionen. Russisches Gas war Europas Lebensexilir. Das aber darf nicht sein, also gilt jeder, der darauf hinweist, als Agent des Feindes. Auf diesem intellektuellen Niveau wird Politik gemacht. Lasciate ogni speranza.

 
dt

Union und SPD: "Wir werden verfassungsrechtlich prüfen, ob wir Terrorunterstützern, Antisemiten und Extremisten, die zur Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung aufrufen, die deutsche Staatsbürgerschaft entziehen können, wenn sie eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen."

Als nur angeblich auf einer der AfD nahestehenden Veranstaltung die Idee verklappt wurde, deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund abzuschieben, haben die Medien eine "Wannseekonferenz" herbei deliriert. Jetzt wird das zwischen CDU und SPD ganz offen diskutiert. Fremdrassige Deutsche abschieben, weil sie eine falsche Meinung äußern – um den Juden vor ihnen zu schützen.

Respekt!

Da ich es nicht so mit Moral habe, bin ich nicht empört, sondern extrem beeindruckt von so viel Chuzpe. Aber bleiben wir ernst und betrachten das Ganze im Rahmen des anstehenden Gesetzgebungsverfahrens. Was ist ein Gesetz? Was braucht es dafür? Und warum muss ich das fragen, wenn führende Abgeordnete des Bundestages doch wenigstens rudimentätre Kenntnisse davon haben sollten?

Ein Gesetz wirkt allgemein, für jeden gleich und in alle Richtungen. Soll es also möglich sein, deutsche Staatsbürger abzuschieben, dann alle. Die Staatsbürgerschaft ist nicht teilbar und nicht widerruflich. Eine weitere steht mit der deutschen nicht in Konkurrenz und schränkt sie nicht ein. Die implizite Annahme ist mithin nicht juristisch. Der Unterschied zwischen Staatsbürgern mit oder ohne eine weitere Angehörigkeit ist de jure nicht vorhanden. Er ist schlicht rassistisch.

Eine Abschiebung wegen einer Bagatelle ist ebenfalls ausgeschlossen. Es ist nicht die Rede von Mord oder Vergewaltigung, sondern von Äußerungen. Dies belegt grobe Ignoranz gegenüber geltendem Recht, vor allem dem Grundgesetz. Auch die Folgen werden nicht annähernd bedacht, bedeutete dies doch, dass erstens umgekehrt auch andere Länder ihre Staatsbürger nach Deutschland abschieben könnten, jedes Land die Aufnahme verweigern könnte und mithin auch Völkerrecht verletzt würde.

Willkürherrschaft

"Antisemitismus" als relevantes Delikt ist schließlich der Gipfel des Missbrauchs der Geschichte des Holocaust für faschistische Zwecke. Wir müssen Juden schützen, darum führen wir ein Willkürregime, das Gesetze nur mehr als Maßnahmen kennt, die keinerlei Rücksicht auf rechtliche Standards nehmen. Seine Menschenrechte muss man sich hier verdienen, und wenn man sich als Ausländer Zugang zu unseren Privilegien erschleicht, entziehen wir die halt wieder.

Trotz des autoritäten rassistischen Eifers, der sich darin äußert, ist auch klar, dass ein solcher Rückfall in finsterste Zeiten keinerlei 'positiven' Effekt hätte. Wie viele Fälle mag es geben, in denen das relevant wäre? Zudem ist das ja gar nicht durchsetzbar. Es ist also pure faschistische Ideologie – und glaube niemand, Arier würden davon verschont.

Dazu passt auch, dass Strack-Zimmermann, die zu beleidigen mir nicht gelänge, faselt, "Putin" habe "hunderte Millionen Menschen unter die Erde gebracht". Einfach mal maximalen Schwachsinn verzapfen, irgendwas wird schon hängen bleiben. Und ganz en passant werden sechs mehr als zehn Millionen in den Konzentrationslagern ermordete Menschen zu einer Bagatelle.

 
dt

Ich bin nicht amüsiert. Über all die Leute, die jetzt ernsthaft die Welle machen, eine CDU, ein Merz, und obendrein eine Linke habe sie wahlbetrogen. Wo wart ihr in den letzten 30 Jahren? Ich wähle schon lange nicht mehr, wofür es viele und immer mehr Gründe gibt. Mein Standard: Ich habe 1998 die Grünen gewählt.

Sozialistische, teils 'kommunistische' Pazifisten, Atomkraftgegner und Basisdemokraten haben uns Hartz, Angriffskrieg und Laufzeitverlängerungen beschert sowie sich selbst die Führerpartei. Reicht nicht? Keine Arbeit, kein Essen-Münte? Niemals Mehrwertsteuererhöhung-Steinbrück? Keine Waffen in Krisengebiete-Baerbock? Und jetzt eben Schulden olé-Merz und Kriegskredite-'Linke'. Was muss man rauchen, um etwas anderes zu erwarten?

Ich bin doof

Es ist also nicht nur so, dass in der Quasselbude eh alle dasselbe machen – Neoliberalismus, Atlantizismus, Armenhass, Überwachung und autoritären Kapitalismus; man weiß nicht einmal, welche Geschmacksrichtung man kriegt, wenn man irgendwem zustimmt. Am besten fährt man noch, wenn man je das Gegenteil annimmt, womit man aber auch nur bekundet, sich gern verarschen zu lassen.

Und wer sich jetzt damit brüstet, vermeintlich irgendwas 'gewählt' zu haben, das aber mächtig im Widerstand ist, dir sei gesagt: Du hast ein Kreuz auf einem Scheißzettel gemacht, den man dir hingelegt hat, um zu zeigen, dass du einverstanden bist. Das ist kein Widerstand, das ist nicht einmal Opposition. Danke, der Nächste!

Fool Me Tenfold

Ihr wählt Leute, die allesamt kriegsgeil sind oder bei routiniertem Bauchschmerz mit den Wölfen heulen. Die von einer "NATO-Ostgrenze" zu Russland schwafeln. Fällt das niemandem auf? Und während also Russland deren Ostgrenze durch Existieren immer näher kam, ist jetzt gegenseitiges Zitieren von Phantasien und Wahnvorstellungen en vogue, wie der Russe bald übern Ku'damm flanieren wird. Das braucht das Kapital gerade für den letzten Akt.

Was erwartet ihr also von einer Charge von Charaktermasken, die in eurem Namen über die Bühnen des Endkapitalismus dilettieren? Dass sie die verdammte Wahrheit sagen? Dass sie euch mit intelligenter Politischer Ökonomie kommen? Dass sie eure Interessen vertreten? Ein "Ja" auf eine dieser Fragen reicht aus, um euch als genau die Wähler zu qualifizieren, die unsere Demokratie® jetzt dringend braucht.

« Vorherige SeiteNächste Seite »