2023


 
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Vor geraumer Zeit hat mir jemand, den ich gut kenne, von einem Schadsoftware-Angriff auf seine Firma berichtet. Es handelt sich um eine Weltfirma, deren Namen ich hier genau so wenig nenne wie irgendetwas anderes, das zur Identifizierung der Beteiligten führen könnte. Es war ein Desaster. Fast alle Rechner weltweit waren betroffen, jedenfalls die in seinem Heimatland.

Das Bizarre an dieser Geschichte ist nicht nur, dass diese Firma, die von einer funktionierenden EDV-Infrastruktur noch abhängiger ist als viele andere, keine angemessene Vorsorge getroffen hat, sondern, woran das im Einzelnen liegt. Glück im Unglück, dass ein paar kompetente Leute innerhalb der Firma noch wussten, was nach dem Crash zu tun war, während sich die eigentlich Verantwortlichen und Zuständigen als Totalausfall epischen Ausmaßes erwiesen.

Kann man nix machen

Zur Ursache: Sowohl die Schadsoftware als auch die Schwachstelle waren seit Langem bekannt. Der Hersteller des betroffenen Betriebssystems hatte seit mehr als einem halben Jahr die Sicherheitslücke geschlossen – wenn man denn das Nötigste dazu getan hätte. Die zuständige externe Firma aber, ebenfalls eine Weltfirma, hatte es nicht für nötig erachtet, die Systeme zu patchen.

Derart als Komplettversager überführt, hielt sie es dennoch nicht für nötig, den Schaden wenigstens mit Priorität beheben zu helfen. Stattdessen kam vom Support im Kern nur ein Wort: "Caniclosedaticket?". Turbulente Verhandlungen führten dann zu etwas mehr Schwung in der Sache. Es hat dennoch Monate gedauert, alles wieder zum Laufen zu bringen.

Wozu der Stress?

Jetzt kommt aber das Beste an der Geschichte: Hat die betroffene Firma ihren IT-Dienstleister achtkantig vor die Tür geworfen, ihn in Grund und Boden verklagt und die horrenden Honorare zuzüglich Schadenersatz eingeklagt? Ihr ahnt es schon: Nein. Der Dienstleister wird vielmehr weiterhin für seine großartige Arbeit bezahlt. Er ist seinerseits Kunde der betroffenen Firma. Win-win!

Was lehrt uns das? Es gibt nicht nur keine Sicherheit in der IT, es wird nicht nur auf einem Weltniveau geschlampt, das selbst ich mir nicht leiste, es wird vor allem so getan als ob. Wir haben doch diese Riesenfirma, die das für uns erledigt; mehr können wir ja nicht tun. Das mit dem Geldverdienen klappt auch prima, selbst nach dem Worst Case. Wozu sollten wir etwas ändern? Wer sollte sich dafür mit dem Endboss anlegen? Wer sollte den ganzen Aufwand einer seriösen IT betreiben, wenn es so viel billiger geht?

 
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Quelle: Pixabay

"Wir gehen de facto all in", sagt Boris Pistorius und meint was? Fangen wir mal mit "de facto" an, einer Worthülse, die im Zusammenhang gar nichts besagt. Wenn etwa ein Unterschied besteht zwischen der gesetzlichen Grundlage und der Praxis, unterscheidet man in "de jure" und "de facto". Er wird nicht meinen, dass die Bundeswehr künftig noch krasser gegen das Grundgesetz verstoßen soll, was der einzig mögliche Sinn dieser Formulierung wäre.

"All in" kommt aus dem Poker und besagt, dass man alles einsetzt, was man hat. Meist ist das eine Verzweiflungstat. Wenn man das verliert, ist man raus. Pleite. Weg vom Fenster. Ob er die Vernichtung Europas meint? Wohl kaum. Der Mann labert einfach krudes Zeugs. Hoffentlich.

Künftig sollen 300.000 Soldaten für Nato-Einsätze "in hoher Bereitschaft" sein. Derzeit sind nur 131.000 überhaupt aktiv. Das einzig stabil attraktive an der Armee sind braune Seilschaften für braune Kameraden. Da das Töten und Sterben sehr real werden könnte, wird sich wohl wer künftig zur Verfügung stellen? Aber die Wehr ist ja bekanntlich zu blöd, ein paar Eimer Farbe zu bestellen. Da bleibt Hoffnung, zumal …

Schtzngrrrrbn

"Durch die Skalierbarkeit eingesetzter Software-Lösungen und die Möglichkeit, auf sicherheitsrelevante Entwicklungen schnell und flexibel reagieren zu können, ermöglicht das Konzept der SDD eine Steigerung der Resilienz der Bundeswehr insgesamt."

Ich habe mich ja gefragt, wer auf diesen Komplettschwachsinn nicht mit spontanen Kopfschmerzen reagiert. Gibt es wirklich Leute auf diesem Planeten, die solchen Bingobullshit ernst nehmen? Allein das Wort "Resilienz" geht mir schon seit Jahren auf den Wecker. Absolut null Aussage. Und die steigert man also durch die Möglichkeit der Möglichkeit der Flexibilität.

"Zudem können im personellen Bereich mithilfe von Automatisierungen und mit dem Einsatz von Machine Learning und KI sowie im Bereich der Logistik und Materialerhaltung durch aufwandsarme Softwareanpassungen Ressourcen eingespart werden." Und was ist mit Cloud und Blockchain?

Bla. Bla. Bla.

"Erste Tests zeigten, dass bestehende Systeme rein softwarebasiert verbessert werden konnten. Durch Edge Computing und Einbindung von KI wurden die Objekterkennung und -lokalisierung, die Sensordatenfusion und die Präzision optimiert. Auch die Update-Fähigkeit der Software over the air ist möglich und fördert Flexibilität und Schnelligkeit."

"Rein softwarebasiert" – heißt was? Gewaschen am Computer? "Edge Computing", soso. Da macht dann jeder Sergeant seine eigene Base auf oder was? Klingt aber schon mal echt fresh! "KI", ja nee is klar. Siri, wie besiege ich den Feind? Und wo ist der überhaupt? Ach, der spielt "over the air" mit unseren dollen Tarnkappenbomben? Zeig mir lieber den Heimweg!

Blender, Schwätzer, Schwachmaten und ihre Lautsprecher. Wer? Was? Wie? Wann? Ach komm, hör auf, immer dieser extremistische Realitätscheck! Aber Fun Fact am Rande: Eine mögliche Feindberührung haben sie schon ausgemacht. Im Baltikum, da droht der Russe. Die Russenhasser aus der Gegend haben schon einmal laut mit dem Gedanken gespielt, Kaliningrad von Russland abzuschneiden. Das ist immer noch eine prima Option, den endgültigen Weltkrieg zu verlieren – die deutsche Kernkompetenz.

 
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Bundesarchiv B 145 Bild-F065187-0032, Bonn, Pressekonferenz der Grünen, Bundestagswahl

Göttchen, da war ja eine Wahl; nein, zwei sogar. Hätte ich noch vor einigen Jahren wohl Prognosen abgegeben und noch am sogenannten "Wahlabend" meinen Senf auf die parlamentarischen Würstchen gestrichen, bin ich inzwischen äußert mäßig interessiert. Ein bisschen Analyse darf trotzdem sein.

Arnold Schölzel hat schon viel Richtiges gesagt. Betonen möchte ich dazu, dass es keine Linke mehr gibt, was ich auch bereits in die Gebetsmühle eingetragen habe. Was rechte Paranoiker an Linksgrünsiff über das deutsche Volk stets hereinbrechen sehen, kommt auf ein Viertel bis ein Drittel der Stimmen. Aber das ist ohnehin selbst rechts.

Circenses sine panem

Die schwindende Spezialdemokratie muss längst nichts mehr verraten; Arbeiter wählen sie nicht. Für die anderen sind sie bloß miefig und vielleicht ein Instrument, ihre CDU zu bestrafen. Das braucht niemand. Die AfD, teils sehnsüchtig, teils zornig angekreuzt, repräsentiert die laute Ablehnung woker Militaristen. Deren Kernvertretung sind die Grünen, als protestantisch-kleinbürgerliche Partei autoritätshöriger Reaktionäre eine Art NSDAP ohne Auschwitz. Das hat hier eine stabile Basis.

Hinzu kommt eine Medienlandschaft aus derselben Charge, die das Kapital anbetet, außenpolitisch aus NATO-Kriegstreibern und innenpolitisch aus Neoliberalen besteht. Deren Konzept, von Maggie selig auf die Formel gebracht, "There is no such thing as society", pflegt die identitäre Zersplitterung der Gesellschaft. Die Linke, damit vergiftet, hat sich derart selbst zerstört, weil sie auf breite Solidarität angewiesen wäre, wo Spaltung längst ihre Leidenschaft ist. 50 Gender statt zwei Geschlechter, da wird selbst Weihrauchluft wieder attraktiv. Früher war weniger irre.

Und das sind die Symptome innerhalb. Von außen betrachtet, ist diese Form der Stellvertretung bestenfalls lächerlich, im Kern aber schlicht gescheitert. Arbeiter, Kriegsgegner, Arme, Mieter, Leute, die gern eine Familie hätten, sich aber keine leisten können – diese Mehrheiten haben keine Vertretung mehr im System. Was soll das also? Für wen wird dieser Zirkus aufgeführt?

 
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WTF? Ihr hattet mich schon bei "Institut für Digitale Resilienz". Das ganze Bullshitbingo schon im Firmenschild, damit ist man ganz weit vorn! Dann noch fresh die Leser duzen, schon bist du auch noch hip. Du hast es allen gezeigt. Wow!

Worum geht es? Sogenannten "Journalismus", und zwar "non profit". "Qualitativ hochwertige journalistische Produkte" – die zu etikettieren selbstverständlich denen überlassen bleibt, die das bislang für Profite machen – oder im Fall der doch durchaus existenten öffentlich Finanzierten für unverschämte Gehälter im Rahmen kreativster Korruption.

Was wollt ihr? Kommen wir doch direkt zum Schuss am Schluss: zweitens eure Leute gar nicht mehr bezahlen und erstens Steuern sparen. Spiegel, FAZ und TAZ sind doch eigentlich gemeinnützig, oder? Sagen, was sich gehört, marschieren brav in der Reihe und kennen das Wetter von morgen. Dafür kann man doch keine Umsatzsteuer erheben!

Non rettet den Profit

Und, um es nicht zufällig gleich noch einmal zu wiederholen: Es gibt bereits einen riesigen Nonprofitsumpf. Die ARD mit all ihren Regional- und Spezialabteilungen, ZDF, arte, Film, Funk und Fernsehen. Dafür gibt es eine Kopfsteuer in diesem Land, die zu entrichten nicht nur mich erheblich schmerzt. Ihr wollt mich also vereimern, okay. Versuch macht kluch. Geht wieder spielen!

Ich bin ja noch übrig aus der digitalen Retrozeit und erinnere mich nur zu gut, wie der Q-Journalismus gegen die schlimme Bedrohung durch die bösen Blogs und ihre Betreiber aus der Hölle gekeilt hat. "Digitale Klowände" haben sie das genannt und sich bitterlich beschwert, da mache ja jeder, was er wolle. Gut, dass die wirklich geschäftstüchtige Konkurrenz von Twitter über Facebook bis Instagram euch die Hacken gezeigt hat und ihr ihnen seitdem hinterhechelt.

Was habt ihr daraus gelernt? Nichts. Noch mehr Stellenabbau, Schwafelbots und am Ende Blockwarte, die für euch aufschreiben, was ihr ihnen auftragt. Für lau. Das wird jetzt ganz sicher den Kahn wieder flottmachen für euch Experten von FAZ bis SPD. Tut mir doch einen Gefallen und erzählt das auf einer Bühne. Als Comedy ist es nämlich gar nicht so schlecht.

 
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Was braucht es eigentlich, damit Menschen sich ihre Grundrechte nehmen – Menschen, die man hungern und frieren lässt? Identifizieren sie sich mit ihrer Rolle als Nutz- und Rechtlose oder sind sie in der Lage, aufzubegehren?

Das gilt für Menschen überall auf der Erde. Egal, unter welcher Regierungsform oder Flagge sie gehalten werden, lassen sich ganze Bevölkerungen von Minderheiten drangsalieren. Haben sie keine Ambitionen, das zu ändern?

Nach allen Erfahrungen in Geschichte und Gegenwart warten viele vielleicht immer noch auf den Retter, den richtigen am Ruder® oder ernsthaft eine neue (bürgerliche, sich dann wieder einmal als volksnah ausgebende) Partei, die jetzt aber endlich das Gute für alle bewirkt. Da kann man auch gleich beten, das hat die gleichen Erfolgsaussichten.

Warten auf das Gute

Es wird viel versprochen, immer wieder auch "soziale Gerechtigkeit". Worin soll die bestehen? Es gibt ja nicht einmal juristische Waffengleichheit zwischen Armen und Reichen, und völlig zurecht sagt Raul Zelik: "Das Drama der bürgerlichen Gesellschaft ist ja, dass sie Gleichheits- und Freiheitsrechte postuliert, die sie aufgrund ihrer Eigentumsverhältnisse gar nicht einlösen kann."

Obendrein werden Menschen, die systematisch ausgesiebt und benachteiligt werden, noch als "Prekariat" und "bildungsferne Schicht" bezeichnet, als seien sie qua Geburt irgendwie nicht voll zurechnungsfähig, wo nicht eben Sklaven aus eigener Schuld.

Dabei sind sie, egal ob in Metropolen oder irgendwo auf dem Land, in Europa, Asien oder Afrika, die große Mehrheit der Gesellschaften. Daraus müsste sich eigentlich eine entsprechende Macht ableiten lassen, wenn sich diese Werktätigen und Lohnarbeiter organisieren würden. Sie müssten allerdings verstehen, dass sie dafür kämpfen müssen – nicht nur für sich, sondern auch gegen die Klasse ihrer Ausbeuter.

Ende der Übersetzung aus dem Deutschen.

p.s.:/Update: Wie ich neulich im Podcast bereits sagte, finde ich die Zeilen:

Es rettet uns kein höh’res Wesen
Kein Gott, kein Kaiser, noch Tribun
Uns aus dem Elend zu erlösen
Können wir nur selber tun!

besonders weise. Schade, dass daraus der GAU einer hierarchisch-zentralistischen Partei wurde.

 
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Ordnen Sie die abgebildeten Individuen politisch ein!

Hadmut Danisch ist ein mutmaßlicher Vollnazi. Er strebt den Holocaust gegen Ricarda Lang an, die er wie ein Mengele in schlimmsten Zeiten als "dick" bezeichnet. Die wehrhafte Demokratie hat daraufhin Staatsanwaltschaft, Verfassungsschutz und willfährige Bankangestellte aktiviert, um eine antifaschistische Aktion gegen diesen Dickenhasser in Gang zu bringen.

Wie kriege ich jetzt die Kurve? Ist Danisch ein mit einem entzückend simplen Weltbild ausgestatteter Mensch, der durch strenge Fokussierung, Personalisierung und sein einem Feindbild nicht unähnlichen Ansatz ein rechtsdrehendes Klientel bedient, das mangels eigener Ressourcen seine Texte in virtuosem kognitiven Limbo zu ergänzen weiß? Das ist eine rhetorische Frage.

Strafe bei Verdacht

Ist er dann dafür verantwortlich – und ist es vor allem für Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden relevant, ob irgendwelche Sprallos das gut finden, die ihrerseits ein geschlossen rechtes Weltbild spazieren führen? Die dafür übrigens keineswegs behelligt werden? War ich auch Nazi, weil ich wen verlinkt habe, der ihn verlinkt? Oder bin ich jetzt erst einer?

Und was sind eigentlich die ganzen schönen Rechte wert, die das Strafrecht kennt, wenn überzogene Beeinträchtigungen von nicht einmal Beschuldigten bereits in Form von Ermittlungen und deren Konsequenzen erfolgen? Aufgrund einer verdammten Meinungsäußerung? Das muss dieser Kampf gegen die Diktatur sein.

Wo kein Nazi jemals war

Derweil erlaubt sich die Wertegemeinschaft ein Oopsi, an dem Anjatanja ausnahmsweise einmal nicht beteiligt ist (nur eine ihrer Untergebenen). Was mag das für ein Ukrainer sein, der im Zweiten Weltkrieg auf Seiten der Nazis gegen die Sowjetunion gekämpft hat? Egal, der war sicher gegen Putin. Aufstehen. Tosenden Applaus! Stellt sich ganz überraschend heraus: Der war bei der SS.

Die erste Reaktion des anwesenden Staatschefs: Der war kein Nazi. Es gibt gar keine Nazis. Und überhaupt konnten wir das nicht wissen, Jeder, der jetzt "Nazi" sagt, arbeitet für Putin. Dessen Propaganda, die Ukraine hätte in ihren staatstragenden Strukturen ein Naziproblem, soll dadurch befeuert werden. Wer da mitmacht, ist ein Ostspion.

Das mit dem Nazitum wird entsprechend allmählich korrigiert. Während bei der traditionellen UN-Resolution gegen das globale Nazitum sich bislang nur die USA und Kanada quergestellt hatten, ist Deutschland inzwischen auch dagegen, gegen Nazis zu sein. Hieße das doch, es gäbe welche. Dann sucht nachher noch wer und findet sie. Wie bringen wir das jetzt nur mit den eingangs erwähnten Ermittlungen in Einklang? Ach, diese lästigen Fragen.

 
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Da ich stetig genötigt werde, anderen Menschen zu Willen zu sein – nichts als dieser Altruismus treibt mich an; ich nenne das auch "dienende Führung" – verweise ich an dieser Stelle noch einmal auf ein Gespräch mit Friederike Spiecker. Wenn ich so etwas höre oder lese, erinnert mich das an die Anfangszeiten, die ich auch im Rahmen meiner geistlichen Tätigkeit "das grüne Blog" nenne. Zum Beispiel der hier, fast genau vor 18 Jahren der dritte Opener ever:

"Der Dummquatsch dieser Tage aber verkauft immer wieder Kostenminderung als “Sparen”. Stellen Sie sich vor, wie herrlich es sein muß, alle Mitarbeiter zu entlassen! Was könnte man damit sparen! Nichts, denke ich Naivling, hege ich doch die Vorstellung, Mitarbeiter hätten die Aufgabe, durch ihr Wirken Produkte herzustellen, mit denen erst Gewinne erzielt werden können, mit denen man dann erst das Sparschwein füllen könnte. Aber es ist wohl anders. Die globalen Sitten werden rauher, und offenbar werden zunehmend Menschen in Schweine gesteckt. Mal sehen, was passiert, wenn man sie da wieder herausholt."

Der Kerngedanke findet sich in den Ausführungen Spieckers wieder. Überhaupt war bei Weitem nicht alles falsch, was wir in den Jahren schrieben und diskutierten, auch wenn mir hier und da nachgesagt wird, ich hätte so eine Art heimliche Wende vollzogen quasi vom Reformisten hin zu einer deutlich radikaleren Position. Ich versuche, das mit einem publizistischen Ansatz zu erklären, der nicht von außen kommt und vom Neuen kündet, sondern aus der bestimmten Negation des bestehenden die Analyse betreibt. Mein Lieblingsbeispiel dafür sind die 100% Erbschaftssteuer aus 2009.

Seid realistisch, fordert das, was nur unmöglich ist, weil es am System scheitert. Wir haben das hier in den Folgejahren durchdekliniert, über Besteuerung, Alternativmodelle, Analysen der politischen Landschaft bis hin zu so etwas wie Philosophie.

Am meisten Spaß hatte ich freilich an Texten, die zunächst unter "Hintergrund" und später "kunstlyriklamauk" firmiert haben. Vielleicht die wichtigste Ressource einer schrumpfenden Therapiegruppe. Es lesen nach wie vor viele mit, aber es scheint in einigen Bereichen alles gesagt zu sein. Sicher sind wir jetzt austherapiert und fit für die Front.

Wie dem auch sei; Feynsinn ist 18. Da wundert man sich, wenn man seine Kinder anguckt und denkt: Hey, die sind ja älter als ich! In den letzten Wochen und Monaten war ich bekanntlich recht müde und frage mich oft, wie lange ich noch muss. 25 hatte ich mal angepeilt, das ist noch ein langer Weg. Vom Rand winken Uena und Ani, die eine 7 Jahre, die andere sieben Monate nicht mehr da. Ich sichere von daher zu, auf jeden Fall die nächsten sieben Monate noch zu machen. Danach können wir ja den Rest angehen.

 
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Woran, frage ich mich derzeit häufig, ist eigentlich Rom zugrunde gegangen? Die Römer, ihre Barbaren und Sklaven hatten doch alles, sogar Heizung und fließendes Wasser. Die größte Armee der Welt. Das Selbstvertrauen, dass alles gut ist und immer so bleiben kann. Gigantische Goldreserven. Eine höchst entwickelte Verwaltung. Die besten Philosophen und Schriftsteller. Genau wie wir.

Die Katholische Kirche hatte ähnlichen Erfolg. Tausend und ein paar zerbrochene Jahre war alles paletti, dann haben diese Fuggers mithilfe der Gutenbergs erst den dollen Tempel in Rom finanziert und dann die Luthers und Calvins auf auf die schöne alte Welt losgelassen. Seitdem herrschen die Regelferengi mit ihrer wertebasierten Ordnung und einer Charge Nützlicher Idioten, die eine gemütliche Psychohygiene in Form der Beichte gegen eifriges Radfahrertum getauscht haben.

Regeln, Werte, ordnung

Wo du früher einfach dem Pfaffen schweinische Geschichten geliefert hast und der dir dafür alle Sünden erlassen hat, müssen sie heute immer wen finden, der noch übler ist als sie selbst und lauthals dessen erbarmungslose Bestrafung fordern. Lynchmob willkommen, Krieg und andere Leckereien aus der Massenvernichtungskonditorei sowieso. Lecker!

Was hingegen gar nicht geht: Feinde leben lassen, irgendeinem mühsam erpressten oder erfundenen Geständnis nicht die härtest mögliche Strafe folgen lassen oder dem Bösen ein Wort zur Verteidigung gönnen. Das würde nämlich subito durch Zaubersprüche die Weltherrschaft erringen. Von daher: Friede ist Verrat an Gott und Vaterland. Immer.

Zu guter Letzt sei noch darauf hingewiesen, dass die übelste aller Sünden nur durch die allerübelste getoppt werden kann, mithin Geldverschwendung durch eine Kombination von Gnade und Geldverschwendung. Wer sich also für die Freilassung von Julian Assange einsetzt, gehört mit ihm in dasselbe Loch geworden. Haben die sich einmal klar gemacht, was da ggf. an Schadenersatz fällig wäre? Werdet erwachsen!

Ceterum censeo Freiheit für Gonzalo Lira.

 
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Einer der Besten der Besten der SPD, der im Soge des freien Falls kognitiver Kapazitäten in der politischen Kaste heute tatsächlich wie ein Genie dasteht, hat sich aus dem Off gemeldet. Wenn die Sonne tief steht, werfen Zwerge lange Schatten. Peer Sparbrück stellt fest, dass "seine" Schuldenbremse, die ihren Gummigeruch bis ins Grundgesetz verbreitet, vielleicht doch nicht nur eine Superidee war.

Nullen unter sich

In diesem Zusammenhang fällt mir auf, dass ich viel zu selten wiederholt habe, wie es mit diesen Konten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung aussieht, bestehend aus Privathaushalten, Unternehmen, Banken/Versicherungen, Öffentlichen Haushalten und dem Außenhandelssaldo.

Die Summe ist nämlich immer eine schlanke runde Null. Das Vermögen der einen sind die Schulden der anderen. Verschuldet sich niemand, gibt es auch kein Vermögen. Verschuldet sich der Staat also ums Verrecken nicht, wird es sehr eng, zumal in Zeiten schwindender Außenhandelsüberschüsse. Bis dahin konnten die Großen komfortabel auf Kosten der Kleinen leben. Hätte uns doch bloß wer gewarnt:

Auf Kosten künftiger Generationen

(12/2019) Die Schuldenbremse tritt in Kraft. Das ist der glorreiche Sieg der Schwäbischen Hausfrauenhirne über jede Form ökonomischen Sachverstands. Selbst Marc Beise würde sich im Grabe drehen. Keine Schulden bei Nullzins, keine Investitionen der öffentlichen Hand, das ist Teufelszeug! Lang lebe das Schlagloch, hoch das digitale Mittelalter!

(12/2020, Corona) Geschockt von der Schuldenbremse aufs Subventionsgas umgestiegen, haben die Nützlichsten getan, was getan werden musste, und auf den größten Haufen geschissen. Autoindustrie, Lufthansa, Banken müssen sich keine Sorgen machen. Die mit den vielen Arbeitsplätzen werden jetzt auch versorgt – vom JobCenter. Es ist, wie es immer war. Großkapital lobbyiert sich in die Rettungskapseln, der Plebs wird durch die Luke entsorgt. Im Westen nichts Neues.

Gib dir die Kugel

(12/2022, "Russlandkrieg" ©Plappermädchen) Besonders absurd, dass diesmal obendrein nicht einmal die eigene vornehmlich profitiert, sondern die Milliarden in die USA fließen, von denen ohne ersichtlichen Nutzen Flugzeuge gekauft werden, die nichts verteidigen und selbst zur Abschreckung kaum taugen. Das strunzdumme Wort von der "dienenden Führung" begeistert selbst alteingesessene Verschwörungstheoretiker: Die Befehle kommen aus dem Ausland und ein autoritäres Regime setzt sie im Inneren um – oder was soll dieser Stuss sonst bedeuten?

Am Rande besteht ein kondebiler Finanzmini darauf, eine sogenannte "Schuldenbremse" einzuhalten. Wie sollen denn dann die hunderte Milliarden finanziert werden, wenn nicht durch das Auswringen längst trockener Bürger? Nach der Explosion der Mieten, der Energiekosten und einer Gasumlage®, die direkt Profite erzeugen soll – ohne Gegenleistung – werden die Steuern der Privathaushalte also angehoben für einen Krieg. Dieser schadet allen Europäern und wurde von vornherein so geplant, dass er möglichst großen ökonomischen Schaden anrichtet.
Da fährt selbst der Sparbrück aus dem Strumpf. Flieht, ihr Narren!

 
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In denn Kommentaren schrub ich: "Die CDU will (für Justiz und Verwaltung) "dringend benötigte KI-Fachkräfte aus dem Ausland gewinnen". Das ist so ein Clusterfuck, da ist wirklich alles drin: Kolonialismus, verpeilte Kenntnis des desaströsen Zustands der deutschen Wirtschaft, null Ahnung von Technik sowie deren Folgen, komplette Realitätsverweigerung und die potenzierte Blödheit der einzelnen Inkompetenzen. Ein Land, in dem man gut und gerne untergeht."

Ich will das einmal kurz genauer betrachten:
Was ist eine "KI-Fachkraft"? Was überhaupt "KI" ist, hat noch nie einer dieser Dexperten versucht zu erklären. Ich finde, das ist eine strafwürdige Vernachlässigung der zu erwartenden Komik. "Irgendwas mit …", meint auch dieses Exemplar vermutlich, ganz versunken in der Tätigkeit solchen Meinens, die das Denken vollständig ersetzt hat, also irgendwas mit … Elektronengehirnen sicher.

Elektronengehirne

Ein Leser wies darauf hin, dass man ja schon in den 70er Jahren Computer "Elektronengehirne" nannte. Wie dem auch sei, wir haben es wie so oft mit Magischem Denken zu tun. Es gibt Leute, die all die Zaubersprüche kennen, mit denen die neuen Superwesen beherrscht werden können. Diese Zauberer leben im Ausland und warten nur darauf, hier für freie Kost und Rabattmarken (auf die Wohnungsmiete wird selbstverständlich nicht verzichtet) mit ihrer Expertise dem Deutschen Volk und seiner Wirtschaft zu dienen.

Mit den Produkten dieser Zauberei ersetzen wir dann die lästigen Mensch zu Mensch-Begegnungen in Justiz und Verwaltung. Der Untertan kann durch Maschinen viel effizienter ignoriert, gedisst und gedemütigt werden als durch echte Leute, die man noch für irgendwas verantwortlich machen könnte – und so billig! Die Zauberer schmeißen wir nach getaner Arbeit natürlich auch raus.

Das ist keine Satire, das meinen die wirklich. Dieses Ausland ist voller Leute, die alle in den Wertewesten wollen, und die Bestens der Besten wollen nach Deutschland. In ihrer Meinung gibt es sehr viel Glauben und keinerlei Platz für Fragen. Zum Beispiel, warum in der BRD ganz offensichtlich niemand mehr so ausgebildet wird, dass er irgendetwas kann, oder was dann wohl den Anspruch berechtigt, fähige Leute woanders zu klauen.

Spardiktat

Wieso automatisieren wir eigentlich nicht zuerst einmal diese Regierungen, Parlamente und Parteien? Hat das mal wer durchgerechnet, was wir damit sparen? Auch die Folgenabschätzung ist absolut positiv: Da ist keinerlei Schaden zu erwarten. Vom ersten eingesparten Budget kaufen wir dann armen Kindern Schokoladeneis.

Sparen müssen wir auf jeden Fall, denn dieser Laden geht gerade den Bach runter. Kein Know-How, keine natürlichen Ressourcen, keine Absatzmärkte für keine brauchbaren Produkte. Alle Hoffnung ruht jetzt auf dem KI-Inder, denn sonst können wir uns selbst eine neue Heimat suchen – und europäische Flüchtlinge wird auf diesem Planeten niemand mehr aufnehmen.

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