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Das Schöne an Verschwörungstheorien ist, dass man seiner Kreativität freien Lauf lassen kann und dass sie umso schöner blühen, je weniger klare Fakten zur Verfügung stehen. Sie sind zudem – ähnlich wie Rationalisierungen und Mythologie – eine Erscheinung, die Ereignisse stets im Nachhinein interpretiert. Man kann das dann schön passend machen.

Sie können aber durchaus auch einem rationalen Zweck dienen, ähnlich dem Brainstorming, in dem auch jeder Unfug erlaubt ist. Die Frage heute: Wie erklärt es sich, dass für eine Ukraine, die im Rest Europas niemanden auch nur einen Dung interessiert, sich eine ganze, ehemals extrem potente Kontinentalregion in Geiselhaft nehmen lässt?

Totale Demokratie

Um das Kind mit dem Bade auszukippen, gefällt mir die wirre Idee, das sei alles so geplant, um der unvermeidlichen Verarmung ganzer Bevölkerungen in der Endphase der aktuellen Kapitalherrschaft einen vermeintlichen Grund zu verleihen. Wir sind im Krieg, die Bösen haben sich gegen uns formiert: Russland, China und ihre Kumpane. Seht nur, wir wehren uns verzweifelt und zahlen bereitwillig den Preis für unsere Freiheit®.

Genutzt werden dazu die korrupten Strukturen der Atlantiker, die unter dem Einfluss eines Filzes von Lobbyisten ihre Direktiven aus Washington D.C. erhalten. Ein Konglomerat von Profiteuren wie Merz und Guttenberg bis hin zu ausgesuchten Eiferern, deren Karrieren auf Unterwürfigkeit beruhen, wie Habeck und Borbeck, angereichert durch langjährig geförderte Hofschreiberlinge, die inzwischen selbst ehemals linke Medien wie die TAZ völlig verseucht haben.

Die Entwicklung wurde extrem begünstigt durch das Entstehen einer Mittelschicht mit ihrer protestantisch geprägten Moralität aus Eigenverantwortung und persönlichem Verdienst. Hier konnte sowohl die neoliberale Ideologie als auch die Alternativlosigkeit des westlichen Liberalismus einfließen wie Öl. Der Preis der Einheit von konservativ-christlich bis ex-alternativ-christlich sind die Akzeptanz sexueller Perversionen durch den Konservativismus hie und der Verzicht auf jegliche 'soziale' Forderungen der Ex-Linken da.

Herren, Sklaven

Das Resultat ist ein Einheitsbrei, in dem die Interessen der Arbeiter rücksichtslos überfahren werden. Die vitalen Interessen, wohlgemerkt. Heizung, Wohnung, selbst Nahrung muss man sich halt leisten können. Keine parlamentarische Fraktion stellt das mehr infrage. Die politische Herrschaft des Kapitals über die Arbeit ist total und firmiert dabei als freiheitliche Demokratie.

So, jetzt muss man nur noch hingehen und die Verschwörung herausfiltern. Niemand hat das geplant. So etwas kann man nicht planen, und die ausführenden Funktionsmöbel sind so inkompetent, dass sie ja nicht einmal erkennen, was sich da ereignet. Einzig ihre Angst aka "Volksaufstände" verbindet sie noch schwach mit der Realität. Der Rest ist ein System, das auf Ereignisse reagiert. Ihm ist egal, was genau passiert und warum. Profit ist das, was zählt und sich immer durchsetzt.

 
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Quelle: Pixabay

Wir erinnern uns: Als die Gewerkschaft der Lokführer streikte, war Aufruhr in den Massenmedien. Wie können sie nur, diese hinterhältigen roten Horden unter Kommando dieses Ossis – der ist doch sicher die letzte Bastion der Stasi, um unser schönes Deutschland zu entwirtschaften. Die Hetzpresse gab gar die Privatadresse des Gewerkschaftsvorsitzenden bekannt und damit ihn zum Abschuss frei. Der Dutschke-Effekt blieb aus, was sie mutmaßlich bedauern.

Nun, es hat in den vergangenen Monaten (!) Streiks der Pflegekräfte gegeben. Als man diese noch missbrauchen konnte, um mit Aufrufen zum Applaus vom Balkon Auflage zu machen, waren die Jungs und Mädels quasi heilig. Als sie dann ein Minimum an Korrekturen ihrer miserablen Arbeitsbedingungen forderten, war hingegen Schweigen im Walde. Aber das ist noch nicht alles.

Klatschen

Das ZDF versucht, sprichwörtlich am Rande seiner Kriegspropaganda, die Heuchelei auf ein neues Allzeithoch zu schrauben und besingt scheinheilig den "vergessenen Streik der Pflegekräfte". Man fragt sich freilich, wie man vergessen soll, was man gar nicht erfährt. Wörtlich quillt es da aus dem Schmierlappen:

"Es ist schwer zu sagen, warum ein Bahn-Streik – wie aktuell in Großbritannien – schon Tage vor dem Start hohe Wellen schlägt, der Protest von Mitarbeitern in einem Bereich, der jedem von uns potenziell das Leben retten kann, aber auch nach acht Wochen noch mehr oder weniger unter dem Radar bleibt."

Verstehen wir gar nicht

Ja, Bernd, wie kann das denn?! Wieso berichte ich denn dauernd über unverschämte Forderungen linksextremer Arbeiterführer, halte aber artig den Rand, wenn unsere wichtigste Symbolfigur Kleinekrankenschwester® auf der Straße ihre bittere Not beklagt? Warum bloß? Bin ich so ein Zyniker?

Ach was, ich bin nur ein kleiner Angestellter, der einmal ein großer werden möchte. Aber dann! Dann sorge ich für Sofas von Gerechtigkeit! Bei mir werden alle eine Stimme haben, die unter den Verhältnissen leiden. Also gut, die Fleißigen. Die Fleißigen, die wirklich ganz schlimm dran sind. Die wir dringend brauchen. Also zumindest ab und zu. Wenigstens am Rande. Ach, das hab ich ja schon erledigt. So, und jetzt ein schönes Glas Relotius halbtrocken.

 
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Es gibt gute und böse Angriffskriege und gute und böse Diktaturen. Gute Angriffskriege sind zum Beispiel die gegen Afghanistan, Irak, die Kurdengebiete, Jemen, Libyen und Jugoslawien. Gute Autokratien sind zum Beispiel die Türkei, Katar, Saudi-Arabien, Aserbaidschan und Ägypten. In der jüngsten Geschichte kommen noch dutzende, vor allem faschistische Diktaturen und Juntas, dazu (Südamerika, Afrika, Spanien, Griechenland).

Böse Angriffskriege aktuell: Ukraine. Böse Autokraten: Putin (legal gewählt, bestätigt und beliebt, aber dämonisch), Assad, Lukaschenko.

Was sind jetzt genau die Unterschiede? Wie lauten die Kriterien? Für Sanktionen gegen Russland reichte es aus, dass angeblich ein Giftanschlag auf einen Oppositionellen stattgefunden hatte. Im Falle Saudi-Arabiens, einer islamistischen Steinzeitautokratie, lässt man die Zerstückelung eines Journalisten unsanktioniert. Wie kann man angesichts solcher Fakten leugnen, dass 'Sanktionen' Teil des amerikanischen Wirtschaftskriegs sind, wie er strategisch ausdrücklich in den Planspielen der RAND-Corporation, Stratfor und anderer Think-Tanks entworfen wurde?

Ökonomie mit anderen Mitteln

Man muss das zunächst einmal zur Kenntnis nehmen, weil es auch nie anders war. Die USA haben seit ihrem Bestehen ein rücksichtsloses Kapitalregime geführt und ihr Militär stets im Interesse ihres Kapitals eingesetzt. Während ihre Armee noch die Wehrmacht bekämpfte, kooperierten deutsches und amerikanisches Kapital weiterhin äußerst fruchtbar.

Nach einer kurzen Irritation (Morgenthau-Plan) haben sie daran angeknüpft, wenn auch unter klarer Führung und Befehlsgewalt der USA. Die IG Farben, Weltkonzern und treuer Partner des amerikanischen Kapitals, wurde zwar zerschlagen, aber ihre Nachfolger blieben Partner und die BRD als Staat wurde der amerikanische Brückenkopf in Europa – wirtschaftlich wie militärisch.

Daraus konnte sich die BRD auch nach dem Anschluss der DDR nicht lösen. Vielmehr haben die USA sämtliche 'Bündnispartner' so in ihre Netzwerke eingebunden, dass die politischen Funktionseliten in Europa längst US-Interessen auch gegen die der eigenen Bevölkerungen durchsetzen.

Dazu bedarf es des inzwischen völlig maroden und unhaltbaren Narrativs einer 'Wertegemeinschaft' – mit Mördern, Potentaten und Kriegstreibern, sofern es eben nützliche sind. Irgendwie dient dann jede Schweinerei, von Krieg über Mord bis zur Folter, Freiheit und Menschenrechten.

Intellektuelle Implosion

Aktuell werden wir von einer Riege Abhängiger regiert, die dieses Narrativ in dümmstes Geplapper einbindet, mit dem offensichtlich hirnrissige Entscheidungen begründet werden. Da ist der Bösewicht, der Freiheit hasst und deshalb Länder überfällt. Mit dem darf man nichts mehr zu tun haben, aber er muss gefälligst seine Zusagen einhalten. Das ist kein Narrativ mehr, das sind blanke Wahnideen.

Das Einzige, das bleibt, ist die Verachtung für alle, die es innerhalb der Hierarchien des Endzeitkapitalismus nicht in den sicheren Hafen geschafft haben. Heizung runterdrehen, am Brot sparen, unters Existenzminimum gejocht werden. Diese Gesellschaft ist unrettbar zerstört.

Die Konditionierung, in sogenannten "Wahlen" noch die eigene Unterdrückung als Demokratie zu legitimieren, funktioniert auch nicht mehr wirklich. Wir müssen jetzt gut aufpassen, dass wir die Aufrührer unschädlich machen, die im Sinne Putins und anderer dunkler Mächte die Situation ausnutzen und Chaos stiften wollen.

 
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Einen etwas zähen, aber inhaltlich interessanten Artikel hat Christiane Voges auf Telepolis veröffentlicht. Es handelt sich bei der vorgestellten Nicht-Studie, die schon in der kurzen Zusammenfassung belegt, dass sie den einfachsten Kriterien von Wissenschaftlichkeit nicht standhält, um eine Projektion der extremen Mitte.

Was hier deutlich wird, ist, dass vor allem Abweichung registriert wird, nämlich vom Konsens der radikalen Mitte. Der ist neoliberal, NATO-hörig, dementsprechend russenfeindlich und reklamiert für sich, das Ideal freiheitlicher Demokratie zu verkörpern. Abweichungen sind daher extremistisch, antidemokratisch bis totalitär und vor allem falsch. Die Abweichung, das ist der Befund, identifiziert ihre Vertreter als 'alles dasselbe', hier als "Querfront" benannt.

Querfrontextremisten

Ausgerechnet dieser Quark kommt mit einem Vorwurf mangelnder Differenzierung daher und markiert schon olle keynesianische Kamellen als "radikal". So muss er es sehen, denn die Einheitsfront ist eben angebotsorientiert. Die Ablehnung von Krieg und Russophobie gilt ihm als "diktaturaffiner Putinismus"; ein Portal, in dem sich unterschiedliche Strömungen vernetzen, ist nicht etwa pluralistisch, sondern Querfront. Die Abweichung ist nicht etwa Kritik, sondern per se überzogen und daher "delegitimierend".

Warum das so sei, erfahren wir nicht. Es bleibt also der Befund: Abweichung vom Status Quo und dessen Verteidigung ist Extremismus. Diese Haltung definiert die reaktionäre Ideologie. Diese äußert sich gern aggressiv, propagandistisch und im Rahmen eines Freund/Feind-Schemas. Dass die extreme Mitte, die Medien und Politik absolut dominiert, in ihrer aktuellen Kriegspropaganda die Polemiken der Nazis und Stalinisten wieder aufleben lässt, ist kein Zufall.

Die Guten

Es geht um Machterhalt. Diesmal sowieso nicht um einen der Kommunistischen Partei und auch nicht um den der Rasse und Nation. Es geht darum, mit sprichwörtlich allen Mitteln, bis hin zum nuklearen Holocaust, die Machtstrukturen, das Eigentum, die politische Vertretung und die Funktionseliten zu erhalten. Dafür wird wieder dämonisiert, gelogen, einseitig 'berichtet', Durchhalten und Verzicht für die große Sache gepredigt, zensuriert und geschossen. Im Namen von Freiheit und Demokratie, wohlgemerkt.

Wie es, selbst nach einem möglichen Ende des Ukrainekriegs, je anders weitergehen könnte, wer sollte das erwarten? Die Mitte hat sich bis aufs Blut radikalisiert, sich sämtliche Strukturen angeeignet, erfolgreich jede Abweichung unterminiert und herrscht in allen politischen Parteien. Allein deshalb schon empfindet sie Abweichungen zunehmend als Bedrohung, die sie immer härter attackiert. Solange die Lumpen sich nicht zu organisieren wissen, wird das auch nicht besser werden.

 
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Das Folgende ist durch diesen Vortrag von Richard D. Wolff inspiriert. Für die Meisten hier nichts Neues, aber ggf. eine Argumentationshilfe.

Es ist nicht nur ein Missverständnis, sondern durchaus auch liberale Propaganda, Sozialismus sei gleichbedeutend mit staatlicher Dominanz und Lenkung. Die ausdrücklich sozialistischen Staaten waren so ausgerichtet, aber das erklärt sich selbstverständlich bereits dadurch, dass sie Staaten waren. Historisch sind Sozialismus und Staat eng verknüpft, aber weder in der grundlegenden Theorie noch in den Konzepten.

Ohne das im Einzelnen durchzudeklinieren, gibt es einige Gründe für die Verbindung von Staat und Sozialismus: Der Leninismus war in seiner Epoche stabil, dominierend und eben organisiert als Staat mit Staatspartei. An dieser Stelle war er freilich schon lange kein Marxismus mehr; Kommunismus schon gar nicht. Als revolutionäre Kraft in einem bürgerlichen Staat mag eine KP noch Sinn machen; als Establishment ist sie nur mehr Staat und kein Kommunismus mehr.

Kommunismus kennt keinen Staat

Die Absurdität liberaler, kapitalistischer Bezichtigung des Sozialismus, ein Staatsmonster zu sein, bricht sich bereits im Angesicht der faschistischen Regime, die aus bürgerlichen Staaten hervorgehen und als Endstadium des Kapitalismus diesen autoritär verteidigen. Der autoritäre Staat ist demnach weder sozialistisch noch kapitalistisch, sondern Machterhalt. Er ist ein reaktionäres Vehikel.

Der real existierende Sozialismus entwickelte sich historisch in einer Epoche, in der er von außen in kapitalistische Konkurrenz gedrängt wurde. Derart im permanenten Verteidigungsmodus, kippte das Konstrukt schnell ins Autoritäre, die Diktatur. Er war das Schlechteste aus beiden Welten: Staatsdoktrin mit Geldwirtschaft und Lohnarbeit.

Die anarchistischen, kommunistischen (kommunalen) und syndikalistischen Ansätze etwa haben ganz andere Vorstellungen entwickelt, die sich bis heute nicht in der Welt globaler kapitalistischer Staatsgewalten durchsetzen konnten. Dabei ist die Idee tatsächlich ganz einfach: Weder der kapitalistische Eigentümer noch der Staat sollen über die Früchte der Arbeit der Menschen verfügen. Diese müssen selbst entscheiden, was mit der über den simplen Selbsterhalt hinausgehenden Produktion geschehen soll. Das allein wäre wirkliche Demokratie.

 
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Das Beispiel wird hinken, zumal sogenannte "Sanktionen" im Rahmen bestehender Verträge und Abhängigkeiten gern zu nicht geringem Teil Augenwischerei sind. Man tut halt was, um etwas zu erreichen – bis hierher ist das richtig. Allerdings werden Sanktionen nicht verhängt, um einen Staat oder dessen Regierung zu einer Verhaltensänderung zu bewegen. Nein. Das hat es noch nie gegeben.

Sanktionen, insbesondere die des Wertewestens gegen den Rest der Welt, sind Teil des Weltwirtschaftskriegs. Die USA zwingen ihren 'Partnern' dabei mithilfe eines ganzen Eimers an Mitteln ihre Interessen auf und liefern im Gegenzug 'Gründe', mit denen die Willigen ihren Wahlvölkern das als alternativlos aufschwätzen. Es geht dann, wie schon in den Angriffskriegen des Wertewestens, je um Menschenrechte, Frieden und Gerechtigkeit.

Die tun was

Die Wirkung der Sanktionen, zumal die kurzfristige, ist kontraproduktiv bis nicht vorhanden. Langfristig geht es darum, Konkurrenz aus dem Weg zu räumen. Am Rande spielt die Hoffnung auf einen Regime Change eine Rolle, aber das hat noch nie geklappt; im Gegenteil schließen sich die Reihen der Sanktionierten unter den Sanktionen erst recht.

Aber all das soll nur am Rande bemerkt sein. Es geht mir um etwas Anderes, nämlich um die Zerstörung des Restes an Demokratie, die in einem kapitalistischen Parlamentarismus noch übrigbleibt. Die Bürger dürfen keine politische Entscheidung selbst treffen. Was sie eigentlich wollen, wird von einem Cluster an Vertretungsvertretern zu Tode verwaltet, dafür können sie alle paar Jahre einige Namensschilder an den Amtstüren austauschen lassen.

Einzig als Konsumenten haben sie die Wahl, so sie denn flüssig sind. Da können wir dann nehmen, was uns gefällt und was wir bezahlen können. Wer aber hat nun den Hammerwerfern, die uns nicht einmal angedeutet haben, dergleichen zu beschließen, das Mandat verliehen, darüber zu entscheiden, was ich kaufen darf und was nicht?

Der Staat weiß das besser

Wenn doch alle sich so einig sind, dass sie für das Gute und gegen das Böse frieren wollen, dann können sie ja die Heizung abdrehen. Wenn sie meinen, der Russe solle sein Gas behalten, dann können sie es bei Anbietern kaufen, die es von dem nicht nehmen. Endlich kann einmal jeder für sich die politische Entscheidung treffen, die ihm zusagt. Mehr Demokratie geht nicht.

Das aber verbieten sie mir, damit sie es mir am anderen Ende (Versorgungsengpass!) doch wieder aufzwingen, um mir mittel- und langfristig die Gaspreise zu vervielfachen, Frackinggas zu fördern und ein Chaos an den Weltmärkten anzuzetteln, das nur noch mit ihrer nuklearen Vernichtung internationaler Diplomatie zu vergleichen ist. Okay, und mit dem endgültigen Abstieg des Journalismus zur Gossenpropaganda.

Wo sind eigentlich unsere Schönschwätzer von den 'Liberalen', wenn man sie ein Mal gebrauchen könnte? Lasst ihr euch das ernsthaft aufzwingen von diesen Staatssozialisten, dass jetzt ein Scheiß-Bundestag bestimmt, bei wem ihr eure Energie einkauft? Das beleidigt meine Konsumentensouveränität bis ins Mark.

 
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Foto: Kathrin Möbius / Münchner Sicherheitskonferenz

Diese Russen beflaggen nicht nur das ganze Land mit dem Banner weißrussischer Kriegstreiber; sie zensurieren nicht bloß allgemein alles, was sie "Hassbotschaften" nennen, und durchsuchen private Wohnungen von 'Trollen', sie stellen inzwischen sogar die Benutzung einzelner Buchstaben unter Strafe. Brutal, diese Russen! HELFT DEN OPFERN DES DIKTATORS!

Versprecherfehler, bedauerlicher, bundeskanzlerischer: Nur Verschwörungstheoretiker nehmen wörtlich, was ein Scholzomat ausplaudert, wenn er ins Schwärmen gerät: "Über Monate hinweg" hätten sie die Sanktionen geplant, die atlantischen Menschenrechtler und ihre Freundesfreunde, um den schrecklichen Krieg zu beenden, der noch gar nicht begonnen hatte. Und wenn der Verschwörungstheoret einmal in Schwung ist, liest er womöglich noch Pläne des wichtigsten Think Tanks der weltweit obersten Demokratieverteidiger.

Nur mal so angedacht

Dieser hat 2019 einen Plan vorgelegt, dessen quasi penible Umsetzung derzeit abzuhaken ist. "Russland überstrapazieren und ins Ungleichgewicht bringen" ist das Ziel der Veranstaltung. Besonders delikat: Es ist dort die Rede von Sanktionen, möglichst "umfassend und multilateral". Warum, wofür oder wogegen, das ist offenbar egal. Es ist nicht die Rede von einem Anlass, sondern ausschließlich von der erwünschten Wirkung.

Einen feinen Kollateralnutzen wittert derweil Heil, Hubertus, nach dem Ausscheiden von Andy Scheuer die Speerspitze der Intellektuellen in der deutschen Politik:
Der Herr Arbeitsminister betont, in der Krise dürfe man "nicht Rente gegen Rüstung ausspielen". In dieser Reihenfolge. Das ist sicher auch so ein Sprechfehlerchen wie bei Scholzens, aber wir sind hier so, wir lesen wörtlich. Demnach soll niemand auf die Idee kommen, Rentenerhöhungen zu erwarten, die auch nur annähernd an die Spendierfreude der 100 Mias für die (amerikanische) Rüstungsindustrie herankommen. Wir wollen positiv bleiben:

"Die Menschen bräuchten als erstes Soforthilfe, aber auch eine Bleibeperspektive. Dafür müssen und werden wir einen Zugang zum Arbeitsmarkt schaffen". Pflege, Erziehung, Drecksjobs – da können wir jeden brauchen, der nicht unangenehm auffällt (dunkle Haare, Augen, Haut). Sollte der Krieg, was entsetzlich wäre, schnell zu Ende gehen, sollten wir sie keinesfalls einfach wieder gehen lassen.

p.s., Disclaimer, für Idioten: Wer aus diesem Text eine "Rechtfertigung" liest, soll sich bitte etwas unappetitlich Großes südlich einführen. säzzer

 
sn

Ich muss hier einmal einen Kommentar wiederholen, in dem ich eine schöne Verschwörungstheorie entwickelt habe. Diese haben es ja so an sich, dass sie immer im Nachhinein aus dem Hut gezogen werden, weswegen sie inhaltlich so gut wie nie zutreffen. Andererseits können sich Entwicklungen ergeben, die niemand geplant hat, weil etwas, das eigentlich völlig anders geplant war, neue Gelegenheiten hervorruft, die dann genutzt werden.

Russland überfällt die Ukraine, provoziert damit die 'Sanktionen' und lockert so die Bindungen zwischen Europa und den USA – indem es diese nämlich überstrapaziert und Europa zur Aufrüstung provoziert, was es wiederum unabhängiger von den USA macht. Die EU muss sich fragen, was sie noch mit der NATO will, wenn diese nur US-Interessen dient oder Europa als Vasall in militärische wie wirtschaftliche Zwänge und Abenteuer verwickelt.

Feedbackschleife

Vor allem aber erzeugen die Sanktionen einen enormen Druck, Alternativen zum Handel in Dollars zu entwickeln. Russlands Geldflüsse zu stören, der Ausschluss von SWIFT oder auch nur die ernsthafte Drohung damit schließen auch andere Länder vom teils lebenswichtigen Handel mit Russland (und der Ukraine) ab. Zu viele sind abhängig von Öl und Getreide, und allein Indien und China können nur profitieren, wenn sie sich unabhängig vom Dollar machen.

Es ist vielleicht die Gelegenheit, die die USA Kopf und Kragen kostet, weil sie ohne die Vorherrschaft des Dollars auf den Weltmärkten nicht überleben können. Zu instabil ist längst deren 'Markt', der kaum mehr etwas produziert, was wirklich wer braucht. Ihr Exportschlager ist allein der Dollar. Jetzt gibt es obendrein auch noch Konkurrenz auf dem Kriegsmarkt.

Nur kein Neid

Derweil stützt Russland Leute wie Trump und ähnliche Hasardeure, um die USA zu destabilisieren. Russland hingegen ist in Sachen Lebensmittel und Energie autark und durch die autoritäre Ordnung mit Putin an der Spitze stabil. Das bringt mich zum letzten Punkt: Den Neid des Westens auf die Stabilität in China und Russland.

Träte Putin in den USA gegen Biden an, wen würden die Amerikaner wohl wählen? Ich wäre bereit, eine Menge Geld zu verwetten. Und selbst diejenigen, die ihn so eifrig verteufeln, bekämen wohl feuchte Höschen, träte er für die CDU an und verspräche eine wehrhafte Demokratie® unter seiner Führung. Es ist jedenfalls nicht ausgemacht, dass Russland wirklich etwas verliert durch diesen Krieg, und je hysterischer die Sanktionen, desto größer die Erfolgswahrscheinlichkeit.

 
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Es ist nicht nur so, dass Kapitalismus eine gewisse Qualität von Journalismus erzeugt, die nichts mehr zu tun hat mit Berichterstattung und Aufklärung. Die Aufmerksamkeitsökonomie, die verlangt, dass so schnell wie möglich so viel Reaktion wie möglich erzeugt wird – Empörung, Spannung, Heiterkeit oder Drama – reicht schon völlig aus, um nur mehr ein Produkt herzustellen, das verblödet.

Die Kommunikation im Kapitalismus ist auch ganz allgemein darauf angelegt, sich nicht mehr auszutauschen, sondern sich auszustechen. An einem Ende fördert sie deshalb jede Form von Konflikt, vor allem auch Kriege. Man muss eine regelrechte Militarisierung durch Lüge und Propaganda feststellen. Wohlgemerkt: Nicht erst im Krieg, sondern bereits im Alltag.

Manövriermasse

Kapitalismus kommuniziert rücksichtslos, zielgerichtet und mit einem ausschließlich instrumentellen Bezug zur Wahrheit. Vertrauen verkommt zu einem Produkt, einer Marke, die nichts mit der Substanz echten Vertrauens zu tun hat. Die Konstellation ist ausbeuterisch: Wer so kommuniziert, betrachtet den Empfänger nicht als Mitmenschen, sondern als Ziel.

In dieser Hinsicht ist Kapitalismus von Krieg nicht zu unterscheiden, zumal die Ziele, Zivilisten/Bürger, im Krieg wie in der Konkurrenz nur Manövriermasse sind. Sich selbst zu optimieren heißt schon vor allem, sich in ein besseres und andere in ein schlechteres Licht zu stellen. Mitmenschen sind eine Bedrohung für das eigene Fortkommen und müssen aus dem Weg geräumt werden.

Selbst in ganz privater Kommunikation geht es andauernd ums Aburteilen, im Zweifelsfall Dritter, die als minderwertig erkannt werden müssen. Diese Haltung versetzt eine ganze Gesellschaft in einen permanenten Bereitschaftszustand, Konkurrenten, Minderwertige, Feinde auszumachen, die weder Wert noch Rechte haben sollten. Wird dann zum Sturm geblasen, ist der ideologische Boden längst bereitet. Kapitalismus ist Mord.

 
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Es geht mir in den letzten Jahren – für meine Verhältnisse – finanziell gut; das heißt, dass am Ende des Geldes nicht mehr Monat übrig ist, sondern umgekehrt. Das war oft anders und es ist ganz beruhigend. Dass ich noch verdrängen muss, was im sogenannten "Rentenalter" wird, versteht sich hingegen.

Ich bin damit so etwas wie allerunterste Mittelschicht, was bedeutet, dass ich mir eine nette Wohnung und täglich zwei Brötchen leisten kann. Dass mein Bäcker allerdings jüngst die schon unverschämtem Preise noch einmal unverschämt erhöht hat, ließ mich dezent erröten. Hab ich keinen Bock drauf. Das kostet bei täglichem Verzehr jetzt knapp 23 Euro im Monat. Kein Problem für mich, aber ich habe es ja auch. Nun, es muss ja auch nicht jeder essen.

Zieht euch warm an

Anhand solcher Entwicklungen wird deutlich, was es bedeutet, wenn sich die Inflation auf den täglichen Bedarf auswirkt. Bei den Mieten haben wir das schon lange, ich habe des Öfteren darauf hingewiesen. Das bleibt abstrakt, solange man nicht selbst aus der Wohnung erhöht wird. Man muss aber extrem naiv sein, wenn man glaubt, die Geldflut der Zentralbanken wirke sich nie auf den realen Bedarf aus.

Einen Schritt zur Seite noch: Das Fluten mit Geld dient dem Zweck, einen Kapitalismus im Endstadium aufrechtzuerhalten. Nur so sind im großen Rahmen noch positive Profitraten möglich. Das fällt dann auch auf, wenn es zu offensichtlich wird mit der Korruption, Beispiel Energiewirtschaft: Während sozialdemokratische Nichtökonomen munter von Einhegen® plappern, ist das Gegenteil der Fall, weil nötig. Wer einen guten Markt® vorweisen will, muss dem kranken Kapital die Krücken reichen und den Rollstuhl schieben.

TINA

Selbst einige in den großen Redaktionen haben das inzwischen bemerkt und nennen das Kind beim Namen. So viel Pluralismus® darf sein, während auf den Titelseiten weiterhin der neoliberale Muezzin singt. Der Artikel erschien übrigens im Kulturteil. Selbst die Interessen des Kapitals werden zur Parodie, wo ihre Durchsetzung denen nicht mehr dienen kann, die sie vordergründig haben. Sie sägen am eigenen Ast? Jemand muss ihnen helfen!

Gleichwohl plündern sie uns aus, vor allem über Mieten, auch über andere Lebenshaltungskosten. Ideologie löst aber wie immer gar nichts an den Problemen. Wie wir dieser Tage sehen, hat das Kapital keine tragfähigen Ideen fürs eigene Überleben und die Menschen keine politische Vertretung. Da, wo sie aufbegehren, gemahnt es an Hexenprozesse und Lynchjustiz. Wir könnten stattdessen einfach mal ein paar Monate die Mieten nicht zahlen, aber das wäre ja undeutsch.

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