2021


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Als gemäßigter Linkterrorist bin ich enttäuscht. Die Nachbarschaft ist mir zu faul. Nach dem erheblichen Verlust von Sinn und Verstand blieben nur wenige übrig. Die müssen das jetzt kompensieren, hopphopp! Ach, und Frau Mühlstein: Bei allem, aber: Immer dasselbe Thema macht auch mürbe, wenn es inhaltlich stimmt.

Der Herr Rose schreibt was. Ich tue mich ja schwer mit dem Thema, denke aber oft: Wenn ich in die Zeitung will, haue ich einen Juden. Ich wurde zum Beispiel vor nicht allzu langer Zeit von einem Nachbarn beleidigt und bedroht. Das hat nicht mal die Bullen interessiert. Irgendwo ist das keine kluge Strategie, jedem Möchtegernnazi die Bühne zu putzen. Am Ende kriegen sie eh wieder raus: "Sachsen ist ein weltoffenes Land". Herrlich – sagt nicht, die sind humorlos!

Hate Speech mit Bauchschmerzen gegendert

Und sagt mal, Sprallos, seid ihr nicht auch enttäuscht von Big Big? Kam alles so, wie die Anderen das gesagt haben, hm? Nix mit Untergang der Menschheit, verdammt aber auch mal! Meine Hausschabe und der Garten finden das sehr sehr blöd. So viel guter Humus könnte das werden, stürbe der Erdparasit ein bisschen aus. Wäre das ein Auf und Amten, hach! Wozu ist diese Pandemie dann nützlich? Nein, ich will die Antwort nicht hören.

Wie man oben sieht, habe ich mich derweil im Internet turboradikalisiert. Ich suche jetzt einen Terrorexperten, der meine Rechte Hand findet. Obacht: "Rechte" ist aus Gründen großgeschrieben. Ich beabsichtige nicht einmal, mich unbeabsichtigt selbst zur Explosion zu bringen. Wer soll das denn nachher wegmachen? Wie eklig! Außerdem ist mein Ausweis abgelaufen. So wird das nichts.

Nachdem ich also in mehreren Berufen und sogar solchen, die ich nie ausübte, gescheitert bin, muss ich mich neu erfinden. Ich denke da an etwas, das meinen Talenten und Neigungen entspricht. Nixtun wird aber leider nur mit Hunger und Obdachlosigkeit vergolten, da braucht es Alternativen. Vielleicht ein Startup. Something fresh and new. Ich glaube, ich werde es einmal als Sexkritiker versuchen. Mit Echtzeitkommentar und Videoanalyse. Ihr könnt mich ab sofort buchen. Ich stehe schon vor der Tür.

 
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Weil er mir zuletzt quasi täglich begegnet, muss ich einmal mit diesem Begriff aufräumen. Fangen wir beim Bezugsspruch an: "Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden". Das ist Bullshit, gleich auf mehreren Ebenen. Es fängt damit an, dass Freiheit nicht bloß mit 'denken' (oder meinen) zu tun hat, und hört da auf, wo der Begriff "denken" falsch gewählt ist.

Oder haben "Andersdenkende" eine andere Logik? Funkeln die Synapsen in einem anderen Licht? Benutzen sie dafür ein anderes Organ? Hier ist eindeutig "meinen" gemeint; es geht um Meinungsfreiheit. Hätte Luxemburg gesagt "Freiheit ist ohne Meinungsfreiheit nicht möglich", wäre das diskutabel gewesen. Gemeinhin ist in den Ausführungen derer, die den Spruch missbrauchen, auch von Meinungen die Rede, nicht genuin von Denken.

Das ist relevant, weil es nämlich fürs Denken Regeln gibt, schon für den organischen Vorgang, der mit teils unkontrollierbaren Hirnaktivitäten verbunden ist. Daher auch die Regeln der Logik und deren Überprüfung sowie andere Kriterien, anhand derer man Inhalte überprüfen kann. Halten sie nicht stand, sind sie falsch. Man kann sie dann noch als Ausdruck verwenden, für Befindlichkeiten oder Ähnliches, aber sie taugen nicht mehr zum Austausch, weil sie völlig individuell und nicht übertragbar sind.

Ich bin anders, ihr seid gleich

Dann gibt es wiederum eine hässliche Chimäre, die zwischen Denken und seinen Regeln einerseits und Meinen anderseits ihr Unwesen treibt: die Einschätzung. Sie ist oft notwendig, weil Entscheidungen auf unsicherer Datenbasis getroffen werden müssen oder ein Modell der Wirklichkeit erstellt wird. Selbstredend: Einschätzungen sind sehr oft falsch, und wer stets die erste verteidigt, hat ihren Sinn und Zweck nicht verstanden. Dafür steht gern der Satz "Glaub' ich nicht". Kann sein. Das aber ist das Gegenteil eines Arguments.

Was mich schließlich auf die Palme bringt, ist die Attitüde, die regelmäßig mit dem 'Andersdenken' verbunden ist: Ihr denkt alle gleich, ich denke anders. Ihr seid manipuliert, ich bin kritisch. So? Schon mal überlegt, ob nicht vielleicht jeder Einzelne eine andere Meinung hat als die anderen, auch wenn sie (vermeintlich) zu einer Gruppe gehören? Oder, noch einfacher: Dir gegenüber sind das die Andersdenkenden. Ja ja, Schlafschafe, die haben kein Recht.

Der Blödsinn mit dem Andersdenken ist dabei eine der leider beliebten Varianten des Identitären. Es werden Menschen in Gruppen zusammengefasst, mit Eigenschaften behängt und derart identifiziert. Die sind dann so, und zwar fast immer minderwertig. Von ihnen kann man alles Mögliche fordern, muss ihnen dasselbe aber nicht zugestehen. Die sind ja nicht andersdenkend. Die sind falsch.

 
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Dass es schon lange kein Geheimnis mehr ist, darin besteht eine der vielen Schichten des Skandals. Eine andere ist die Macht, die noch immer in den Händen der Verbrecher aus den religiösen Zirkeln liegt. Sie müssen den Staat nicht unterwandern und ihn nicht übernehmen; ihr Würgegriff hat nie nachgelassen. Sie entziehen sich noch weitgehend der weltlichen Gerichtsbarkeit und errichten lieber ihre eigene, in der ihre Verbrechen schlimmstenfalls als Sünden gelten.

Sie haben Millionen Menschen vergewaltigt, in erster Linie Kinder, und sie tun es nach wie vor. Wo immer sogenannte 'Untersuchungen' stattfinden, kommt das bekannte Grauen zum Vorschein. Sie üben Terror und organisiertes Verbrechen aus, und wir lassen sie das auch noch selbst 'aufklären'.

Damit nicht genug: Sie sitzen in Ethikkommissionen, Rundfunkräten, Parteien, und man hält sie wohl für die quasi natürliche Besetzung, wenn es darum geht, Kandidaten für das höchste Staatsamt zu finden. Es sind ausdrücklich christliche Parteien, unlösbar verfilzt mit dieser Mafia, die das politische System der Bundesrepublik Deutschland dominieren. In vielen anderen Ländern sieht es nicht anders aus.

Gesegnet

Wir sprechen, noch einmal, von Millionen Vergewaltigungen. Wir sprechen von Vorgängen, die nicht historischer Natur sind, sondern sich noch immer täglich ereignen. Die Organisationen, aus denen dieses entsetzliche Verbrechen hervorgeht, werden nicht geächtet, sondern geachtet und geschützt, anstatt sie endlich aufzulösen und die Verbrecher vor ordentliche Gerichte zu stellen.

Es ist ja nicht nur so, dass eine der Kirchen dem Nationalsozialismus den Weg geebnet hat und die andere einem pathologischen Männerkult frönt. Sie segnen Kriege, Terror und Folter. Diese verkommenen Vereine sind vor allem ein unverzichtbares Bollwerk des Kapitals gegen seine Feinde.

Nicht nur werden dessen ideologische Wurzeln im Christizismus durch die Kirchen weiter gepflegt; vor allem die Gegnerschaft zu den Gottlosen, den Sozialisten und Kommunisten, hat alles erfolgreich aus dem Weg geräumt, das das Dogma des Profits infrage stellen könnte. In Kirchen, Schulen, Kommissionen und Medien hetzen die Hüter der Horte des Verbrechens unentwegt gegen jede Emanzipation. Wo ist eigentlich die 'Linke', die sich dagegen wehrt? Ach ja, auf dem Kirchentag.

 
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Vorweg: Ich bin ja für Meinungsfreiheit, aber. Das hängt nämlich damit zusammen, dass wir es hier mit einer klärungsbedürftigen Vokabel zu tun haben. Diejenigen, die gern lautstark eine solche für sich beanspruchen, haben oft gar keine Ahnung, was das ist. Dabei wäre es ganz einfach: Es handelt sich hierbei um den Titel für ein Recht, das im Grundgesetz wie folgt formuliert ist:

Art 5 
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.


Die Schranken

Das ist schon eine deutlich eingeschränkte Freiheit, und dabei geht es nur um die, irgendeinen Stuss von sich zu geben. Selbstverständlich bedeutet dies nicht, Äußerungen müssten ernst genommen werden oder wären in jedweder Hinsicht gleichberechtigt. Nein, davon steht dort absolut nichts.

Jenseits dieser gesetzlichen Regelung findet das echte Leben statt, und da gilt dieses Recht noch nicht einmal. Will heißen: Der Staat darf Schranken jenseits geltenden Rechts nicht setzen. Privatleute dürfen das. In meiner Wohnung gelten meine Regeln. In der Fankurve hast du mit den Farben des Gegners nichts zu suchen. Kein Publikationsorgan muss irgendetwas veröffentlichen, das den Verantwortlichen nicht gefällt.

Das alles aber ist nur der Rahmen. Ich frage mich immer wieder, warum viele Menschen zu der impertinenten Einstellung kommen, soche Rahmenbedingungen herbeizuzitieren und das auch noch falsch, wenn es darum geht, einen Gesprächsinhalt zu füllen. Eine zielführende Diskussion ist nämlich deutlich mehr als der Austausch irgendwelcher Parolen.

wahr und falsch

Inhaltlich muss ein Beitrag sich auf die Sache beziehen und er muss validen Kriterien folgen. Das ist das Schlimme. Es hat sich in dieser meinungsverseuchten Kultur depperter Einzelkämpfer durchgesetzt, dass die meisten Diskutanten einen imaginären Wettstreit gewinnen wollen und dafür Mittel einsetzen, die es ihnen ermöglichen, sich als Sieger zu fühlen. Eine gute Alternative zu dieser Handlungsweise wäre es, sich einen Finger in den Arsch zu stecken.

Diskussionen, wo sie sinnvoll, zielführend oder zweckdienlich sind, drehen sich um die Frage, was ist, um in einem gemeinsamen Lernprozess zu einem besseren Verständnis der Wirklichkeit zu kommen. Solche Diskussionen kennen nur Sieger. Wenn du widerlegt wirst, hast du unmittelbar etwas gelernt. Du kannst dann ggf. dem Nächsten über diese Stufe helfen.

Die Unart schließlich, Fakten zu Meinungen zu degradieren und Meinungen mit Fakten gleichzusetzen, ist die tiefste Stufe, auf die jemand herabsinken kann. Das geht ohnehin einher mit der Eigenschaft jeder Dogmatik, dass nämlich das innerste Prinzip von Erkenntnisprozessen umgekehrt wird. Der Meinungshaber sucht immer Bestätigung und kennt kaum Anderes. Erkenntnisprozesse hingegen schreiten voran, indem man sich korrigiert. Nur wer an seinem Wissen zweifelt, kann lernen, und nur, wer das erkennt, tut es auch.

 
Gehet hin und höret! Und sprechet darüber! Und leset Befehle! Und befolgt sie! Empfehlt mich! Bitte! Lasst mich erklären, ihr macht einen Fehler … ach so, ich meine natürlich das hier – ein weiterer rüder Nachtritt zur Wahl im Potzkasten.

 
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Echt jetzt? Scholz? Weil er …? Was eigentlich? Ein guter Freund jeder Art von Schacher ist, von Cum-Ex über Wirecard bis hin zum klassisch Schröderschen Neoliberalismus? Weil er, ausgerechnet dieser Aal, einen auf "Mietenkanzler" macht? Habt ihr euch mal die Entwicklung in den Großstädten angeguckt? Sagen wir … Hamburg, wo er Regierender war, oder Berlin, wo er die Finanzen ministrierte?

Ja sicher, der Mann steht für Soziale Gerechtigkeit. So wie ich für warmes Bier und korrektes Gendern. Wo zur Hölle wart ihr in den letzten Jahrzehnten? Okay, bei den Spezen ist das fast wie bei der anderen 'Volkspartei', die schon die Farbe des Autos trägt, in dem ihre Kernwählerschaft demnächst eine lange Reise antreten wird. Zu viele Alte, von denen zu viele wählen gehen und dann zu viele von denen das, was sie schon immer angekreuzt haben – weil sie sich noch nie einen Dung dafür interessiert haben, was daraus folgt.

Altdoof vs. Jungblöd

Und dann diese Jugend. Seid ihr wirklich auch schon zu blöd, euch mal anzugucken, was ihr da wählt? Die Grünen sind die übelsten Verräter aller Zeiten. Dafür müsst ihr nicht Jahrhunderte Geschichte pauken; da reichen die letzten paar Jahrzehnte. Ist zu viel verlangt, ja? Weil Botox-Anna so schön grinst oder was? Kommt aber noch besser: F.D.P.?! What the hell? Seid ihr alle so reich oder wie? Wollt den Kahn mit Extradiesel an die Wand fahren? "No Future", gelle? Ach, ihr habt euch mit denen auch nicht beschäftigt. Ihr findet die Anjatanja und den Christian und das Design nur so fresh? Sicher, prima Grund.

Wisst ihr was? Geht kacken! Ihr seid so dämlich, da läuft jeder Appell in die Leere. Nächstes Mal gewinnt der bei euch, der die hippsten Emojis plakatiert. Der euch auf Insta (ich krieg jedes Mal explosive Hasspickel, wenn ich das nur höre) die schönsten Einhörner präsentiert, richtig? Wieso ist mein Köter eigentlich nicht wahlberechtigt? Die Olle trifft eigentlich fast immer die richtigen Entscheidungen.

Nuja, dann kann Scholzomat ja mal so richtig zeigen, was "sozial" bedeutet. Schade für alle, die kein Eigentum haben, aber hey, wen interessiert schon der Plebs? Den haben wir erfolgreich so verblödet, dass er auch noch um seine Räumungsklage bettelt. Check! Soll ich jetzt noch 'die Linke' erwähnen? Was noch an linkem Potential da war, habt ihr aber sowas von erfolgreich in Schutt und Asche gelabert, Freunde. Respekt!

Und das noch

Bleibt zum Schluss noch das Eklige vom Rand. Ist diese Weidel eigentlich ein Bot aus einem Horror-Game? Die vergiftet doch sicher den halben Tag die Blumen der Nachbarn und schubst Kleinkinder auf die Straße. Von Bernd Adolf Höcke fange ich gar nicht erst an. Der war hier allerdings ziemlich unsichtbar; hatte sicher Angst vor den ganzen Charismatikern wie Füllmich und Schiffmann.

Im Osten reicht das aber immer noch für den Sieg. Heil! Kann man da bitte mal wieder diese Mauer hochziehen? Dieses verstrahlte, von autoritären Regimes wie Nazis, DDR und Lutherismus in ewigen Hass getunkte Pack sollte vielleicht mal überlegen, ob es nicht woanders schöner ist. In Syrien zum Beispiel. Oder in einem Flüchtlingslager. Die kriegen ja alles. Alles kriegen die umsonst. Von meinem Geld!!!

 
Ich danke mir. Und euch.

 
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Eine Art Quereinstieg zur Kapitalismuskritik hat Fefe neulich hervorgebracht. Ich finde das sehr begrüßenswert, auch wenn da nicht von Produktionsbedingungen die Rede ist. Auch dass er offenbar von der Lagerung auf der Straße noch nicht gehört hatte, stört mich nicht. Es ist nämlich ebenso wenig die Rede von Einhegen oder sonstwie verkürztes Zeugs, sondern eine nette Aufreihung von dem, was ist.

Das ist daher so eine Art latente Immanenzkritik – der Zustand wird anhand von Beispielen illustriert, die quasi automatisch zu einer Kritik führen. Die Absurdität wird zwar nicht mit dem Primat des Profits in Verbindung gebracht, es wird aber deutlich, dass sie aus Gründen, die dem System innewohnen, hervorgebracht wird. Das sind drei Viertel des Weges.

Besonders spannend ist der Aspekt, dass es hier um Ressourcen geht, genauer: den Mangel aus Überfluss. Es zeigt erstens, dass jede Form von Umwelt- oder Klimaschutz an den Produktionsbedingungen ansetzen muss, und eröffnet ganz nebenbei folgende Perspektive:

Globales Kapital, regionalisiert

Wenn Kapitalismus solche Zustände hervorruft, können sich die Kapitale auf die Dauer nicht mehr auf globale Lieferketten verlassen. Daraus folgt, dass sie sich regionalisieren müssen. Es braucht also besser verteilte Ressourcen – nicht durch Lagerung, sondern durch Produktion vor Ort. Es wird dabei zu einer harten Konkurrenz der Regionen kommen. Die einen trocknen aus, die anderen werden reich.

Politisch geht daraus die Möglichkeit hervor, auch die Verwaltungsmacht zu regionalisieren. Es wäre ein evolutionärer Schritt in die richtige Richtung – Weg von zentralistischen, hierarchischen Modellen, hin zu breiter verteilten. Ein Potential für Demokratisierung, das man noch kaum einschätzen kann.

Die großen Kapitale werden angesichts der Eigentumsordnung selbstverständlich in die Regionen 'investieren', die prosperieren werden – und umgekehrt. Dies wiederum wird den Konflikt zwischen Kapital und Bevölkerung erheblich verschärfen und in einer regionalisierten Form zu Lasten der Macht großer Kapitale gehen. Haltet also Ausschau nach Söldnerarmeen. Die können in den Konflikten der Zukunft eine sehr hässliche Rolle spielen.

 
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Reaktionen auf den Mord von Idar-Oberstein wie "Jetzt ist es soweit" halte ich für übertrieben. Irre wie der Täter werden mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auffällig, womöglich eben auch in Form von Mord. Ich will durchaus eingehen auf die Hintergründe in Form von Narrativen, zunächst aber kurz wiederholen, was ich bereits in den Kommentaren sagte:

In der Krise des Kapitalismus und allgemein Phasen der Dekadenz, des Zusammenbruchs von Ideologien, ist das zwangsläufig zu beobachten: Rückzug ins Private, rebellischer Chauvinismus und rechter Terror, gern belächelt und geduldet bis gefördert von denen, die sich am Status Quo festbeißen, der längst bröckelt. Eben daher auch alles andere als ein Zufall, dass Nazis mit den Wutbürgern marschieren. Der Mörder ist freilich ein Symptom – in der Tat ein Fall, der mit der gewissen statistischen Wahrscheinlichkeit auftritt.

Einer muss es tun

Hier erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von Gewalttaten auf mehreren Ebenen. Die eben genannte und diejenige, die sich durch eine Atmosphäre ergibt, die (ebenfalls in den Kommentaren verlinkt) sich durch fortgesetzte Entmenschlichung ergibt. Das kann die Erzählung von der "Umvolkung" sein oder die von einer Diktatur, deren ausführende Kräfte schließlich alle sind, die für die Einhaltung geltender Regeln sorgen. Sie sind keine Mitmenschen mehr, sondern Feinde.

Dazu gesellt sich eben das Muster, geliefert von einer US-geformten Kulturindustrie, in der der einsame Rächer gefeiert wird (ggf. auch in Kleingruppen mordend), der auf seiner 'gerechten' Vendetta inzwischen im Sekundentakt den Untermenschen (sie haben seinen Hund getötet!) ins Gesicht schießt. Solche Brutalität ist zwar Teil von Fiktion, aber eben durchaus auch ein (Männlichkeits-)Ideal. Frauen dürfen das im Zeitalter von Genderneutralität auch. Je effektiver sie töten, desto mehr Respekt wird ihnen zuteil.

Fatal wirkt sich dabei der Umstand aus, dass Menschen sich zu Narrativen verhalten, nicht zu Analysen. Entscheidungen sind fast ausnahmslos eingebunden in Glauben, Vertrauen, Meinungen, mithin in über Erzählungen vermittelte Rollen. Entscheidend sind hier Autoritäten, Weltbilder (bis hin zum Wahn oder einer Märchenwelt) und Moral. Klare rationale Einsichten sind Mangelware und werden höchstens als Wertung von Autoritäten in Meinungen umgewandelt.

Helden, Schurken, Taten

In dieser Struktur gibt es Helden (Hildmann, Schiffmann, Bhakdi, Wodarg, Fuellmich) und Schurken (Merkel, Drosten, Lauterbach, Spahn). Die Helden riskieren alles, um Gutes zu tun (aufklären, Menschen retten, Freiheit erkämpfen), während die Schurken Untaten begehen (lügen, Kinder quälen oder ermorden, Diktatur errichten, Menschen versklaven). Das ist die Erzählung, die inhaltlich je nach Grad des Realitätsverlusts ausgeschmückt wird.

Wie so oft ist das auch ein Folge der Herrschaftstechniken, die sich wiederum daraus ergeben, dass der Erhalt (je)der Macht stets durch Transparenz gefährdet wird. Nicht zuletzt weiß auch die Propaganda, dass Gegenpropaganda sich der Schwächen der herrschenden bedient. Zudem hat der Kapitalismus wie die Herrschaftsformen vor ihm einen guten Grund, die Realität zu verschleiern: Er muss, um ideologisch nicht zu scheitern, seinen Kern verbergen. Der ist nämlich irrational, unethisch und in seiner Zerstörungsmacht unerreicht effektiv. So kommt eines zum anderen.

 
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Da ist es wieder, dieses hässliche Gewäsch eines alten reaktionären Paschas aus dem Hinterwald mit Zweitwohnung in Berlin. Zweitwohnung in Berlin – allein dafür muss man ihn lieben. Kauft sich in ein Viertel ein und nennt sich fortan "Kiezschreiber". Wenn man alle zwei Wochen so einen Typen auf dem Marktplatz erhängen würde, gäbe es keine Gentrifizierung mehr. Je weniger einer geleistet und je mehr einer geerbt hat, desto dreister werden die Ansprüche.

Er will die kulturlose Gemütlichkeit seiner 80er-Jahre zurück. Was kommt als Nächstes? Werbung für Schlagende Verbindungen und eloquente Gründe, warum Weiber nichts dabei zu suchen haben? Der Hunsrück-Laschet leidet ja so unter der Moderne, er will zurück in die Bronzezeit. Anlass heute: die kulinarische Barbarei, die er seinen Geschmack nennt, gespeist aus bierrülpsenden Jugenderinnerungen.

Back to the Rotz

Eine Stammkneipe ist nicht mehr und wir erfahren es wie in einer Moritat oder einem dunklen Schicksalsroman. Erwin Courths-Mahler was here. Er will die Currywurst zurück und seine Männerschweiß atmende Räucherkammer einer Bierspelunke, wo jetzt ein Bioladen von der Ankunft des 21. Jahrhunderts kündet, kaum dass die ersten 20 Jahre rum sind. Wie schön waren dagegen die Anfangsjahre seines Alkoholismus, als der Körper das Gift noch symptomlos verstoffwechseln konnte!

Komm auf dein Leben klar, alter abgetakelter Mann, die Zeit bleibt nicht stehen für dich, und die Jugend kommt auch für Immobilienbesitzer nicht wieder, ungeachtet der aktuellen Preisentwicklung. Dein Reichtum kauft dir keine Zeit. Vielleicht sollten wir für frühvergreiste Anhänger aller Geschmacksrichtungen der Restauration ein Reservat einrichten, eine Art Dinosaurierpark. Dann dürft ihr noch einmal im Dunst eurer Kneipen durch Currywurstsauce waten und Herrenwitze über eure frigiden Weiber machen. Lasst uns einen Förderverein gründen!

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