geostrategie


 
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Während die einen Märchen erzählen, bei denen es extrem wichtig ist, Geschichte zu leugnen, zu verschweigen und zu verdrehen, ist es genau diese, die hilft, Propaganda inhaltlich zu zerlegen. Man kann das sogar unterhaltsam machen, wie dieser Vortrag oder Zusammenschnitt von Volker Pispers aus 2015(!) zeigt.

Die der Bürgerlichen Mitte geht stattdessen etwa so: Wir müssen verhindern, dass die Brutalität des Diktators zu einer Vernichtung der Demokratie führt. Sie werden hunderte von Konzentrationslagern bauen, um die Freiheitsliebenden zu vernichten.

Unsere Kinder und Enkel werden uns fragen, warum wir gezögert haben. Ob es wirklich Menschen gab, die gegen den Krieg waren. Die zu feige waren, zu verkommen, um das Böse aufzuhalten. Die tatenlos zusehen wollten, wie es sich Land für Land, Volk für Volk holt, um es zu unterjochen und zu vernichten. Wie konntet ihr nur!

Es war einmal ein Krieg

Das ist kein bisschen übertrieben, eher schon eine Kollage aus dem Geschwätz der Kriegstreiber, die wieder und wieder Auschwitze und Hitlers bekämpfen, wenn der Große Bruder sie schickt. Das kennt man ja: Wenn ein Krieg endlich vorbei ist, Millionen getötet, verwundet und ausgebombt, dann fragt man zuallererst diejenigen, die das von Anfang an scheiße fanden, wieso sie nicht mitmachen wollten.

Und selbstverständlich hat man diejenigen bejubelt, die nie gehungert haben, nie gefroren, nie Angst um ihr eigenes Leben haben mussten und fanatisch die Jugend aufeinandergehetzt haben, um sich gegenseitig zu verstümmeln und zu ermorden. Die hat man gefeiert und bewundert. Ihre Kinder und Enkel waren stolz auf sie.

Und auch die Moral ist immer auf der richtigen Seite. Nie hat eine Kriegspartei, die aus niederen Beweggründen fremder Länder Boden in Blut ersäuft hat, sich auf das Gute berufen, auf Moral, Sitte, Gott, Heiligkeit und Tugend. Daran erkennt man ja die Guten.

Das ewige Erwachen

Es ist wie immer egal, ob die Marktschreier des Gemetzels wirklich so besoffen und verblödet sind, an ihre eigenen Tiraden zu glauben, oder – was die Regel sein dürfte – so abgefuckt und desinteressiert, dass sie ihre gedungenen Lügen teilnahmslos im Auftrag ihrer Herren hinausposaunen, sei es für Champagner oder trockenes Brot.

So viel zur Chronistenpflicht. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese Charge aber nicht einmal mehr zu ihresgleichen spricht. Sie erfüllen ein hohles Ritual. Kaum einer glaubt mehr, aber alle machen mit. Dabei sind "alle" längst eine kleine Minderheit. Die Entourage des neuen Adels halt. Auch sie werden lernen, dass Gewehre in jede Richtung schießen.

 
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Der Kalte Krieg in seiner aktuellen Ausprägung hat keineswegs in diesem Jahr angefangen. Nicht nur die Unterstützung der Kiewer Nazis bei ihrem Putsch und dem anschließenden jahrelangen Bombenterror gegen die Ostukraine sind dabei zu nennen, sondern auch direkte Provokationen wie das NATO-Manöver im Juni 2016. Ich schrub damals:

Herr Steinmeier hat jüngst auf recht zurückhaltende Weise darauf aufmerksam gemacht, dass eine Konfrontation mit Russland nicht ungefährlich ist. Dabei hat er sogar brav den Dicsclaimer aufgesagt, dass er gar nicht die aktuellen Manöver der NATO infrage stellt. Egal, sie springen sofort aus den Büschen, die Bündnistreuen, und sind "empört". Er schwäche die NATO, so CDU und Medien, er erfreue die Linke und man dürfe jetzt "keine Nachgiebigkeit gegenüber Putin" zeigen.

Kalter Krieg, reloaded

Das erinnerte mich an den im Original des Kalten Krieges geltenden Konsens, sich für Freiheit und Wertewesten verdampfen zu lassen, wenn der Große Bruder es so wollte. Wer dagegen sprach, wurde schon damals hart abgewatscht:

"Leute, die einen Atomkrieg für führbar und gewinnbar halten, die können niemals unsere Bündnispartner sein. Das sind Verrückte. […] Es gibt Bedingungen, zu denen eine Mitgliedschaft in der Nato nicht mehr tragbar ist, das heißt, wenn diese Nato uns auf ein Pulverfass setzt, bei dem die Lunte gleich mitgezündet wird", sagte Oskar Lafontaine 1983 und erhielt postwendend die Antwort seines Fraktionsvorsitzenden:

Hans-Jochen Vogel erklärte sofort die unbedingte "Bündnistreue der SPD" und Lafontaines Kritik für "nicht mehrheitsfähig". Nein, die Mehrheit der SPD (d.h. ihre Partei- und Fraktionsführung) würde sich niemals der Selbstvedampfung verweigern. Das macht ein anständiger Bündnisgetreuer nicht. "Das sind Verrückte"? Stimmt.

Inzwischen braucht es keine Parteiführung mehr, da alle relevanten politischen und publizistischen Strukturen von Bündnisgetreuen verseucht sind. Ein gutes Beispiel für die Unmöglichkeit eines Diskurses ist das Tabu über die Interessen der USA. Brandts heimlicher Außenminister Egon Bahr hat deutlich gemacht:

"In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt!"

La le lu

Was uns unisono heute erzählt wird, ist genau das Gegenteil. Moral, Menschenrechte, Demokratie, die Guten gegen die Bösen. Wir sind wieder im Mittelalter. Die Nutzung des Verstandes bedroht das Imperium, daher wird sie unterdrückt. Was liest man in politischen Analysen etwa zu der Frage der amerikanischen Hegemonie und der Versuche, sie aufrecht zu erhalten?

Die außenpolitischen und vor allem militärischen Handlungen der Großmacht sind ohne diese Frage nicht einmal diskutabel, geschweige denn zu beantworten. Die sogenannten 'Experten' für Außenpolitik und Ökonomie erzählen uns aber lieber Märchen von Gut und Böse. Für Geostrategie haben wir gar keine, denn das ist ebenfalls ein Tabuwort. Das sind Verrückte? Es ist ein einziges Irrenhaus.

 
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Die große Koalition der Nazileugner hat dem Erzfaschisten Andrij Melnyk stehend applaudiert. Sie alle können nicht mehr leugnen, dass sie wissen, wen sie da bejubelt haben. Gab es jedwede Erklärung dazu? Wie sähe die aus? Es muss richtig gewesen sein, dem Nazi zu applaudieren, weil sonst das Böse Recht hätte? Es war ein bedauerlicher Einzelfall? Es war falsch und wir müssen unsere Haltung überdenken?

Letzteres verbietet sich für die längst offene Kriegspartei. Blöde muss der Kurs aufs Riff beibehalten werden, wie auf einen unhörbaren Befehl hin. Die 'Sanktionen' Europas nützen den USA und vor allem Russland. Das ist widersinnig, aber am Beschluss wird festgehalten, weil er das Böse magisch bannen soll.

Die Ameise muss gewinnen

Die militärische 'Unterstützung' der Ukraine ist in das Stadium übergegangen, wo unausgebildete Menschen mit ihren Körpern Granaten abfangen. Es ist die Rede von einem "riesigen Fleischwolf". Hier hört man Fanfaren von der großen Gegenoffensive, derweil rückt die russische Armee an allen Fronten vor und zermalmt die wehrlose ukrainische Restarmee in ihren Bunkern. Der Vorteil für den 'Westen': Es sterben nur Ukrainer, und für Russland ist eine Ukraine, in der jede Familie Opfer verzeichnet, unregierbar.

Der Große Bruder tourt derweil durch Asien und geht nach demselben Muster vor, das in der Ukraine zum Krieg geführt hat: Die Nachbarn einer konkurrierenden Macht militärisch ausrüsten, ihre Innenpolitik manipulieren und zu einem Kampf aufhetzen, den sie nicht gewinnen können. Völkerrecht ist ihnen egal. Da wird gern auch mal eben eine Insel, die sie selbst nicht als Staat anerkennen, behandelt wie einer. Politische Treibsätze abladen und nachher von "unprovozierter Aggression" faseln. Politics made in USA.

Verdammte dieser Erde

Der Pöbel in Europa soll derweil hungern und frieren, damit der Pöbel in Russland und China frieren und hungern muss. Das geht nicht einmal auf, ist aber ja die Forderung der höheren Moral, der Exorzismus gegen das Böse (Putin, Kommunisten). Realitätsabgleich nicht erwünscht. Hier sei aufgemerkt!

Wenn der Kurs für jeden Verstand offensichtlich die behaupteten Ziele nicht erreichen kann, dient er einem anderen Zweck. Er dient vor allem einem nicht: irgendeinem Volk, den Menschen diesseits oder jenseits von Grenzen. Arbeiter schießen nicht auf Arbeiter. Arbeiter hungern nicht, damit Arbeiter hungern müssen. Hier hetzt die Funktionselite in Dienste eines Kapitals am Rande des Zusammenbruchs.

Und jetzt zu dir, Putinerkenner, Unterstützer, solidarischer, nimmer kriegsmüder: Du selbst fragst, auf welcher Seite ich stehe. Ich biete dir ausnahmsweise eine Antwort an: Auf der der Arbeiter. Der Ausgebeuteten. Der Verheizten. Des Menschenmaterials. Meinesgleichen. Und du so?

 
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Quelle: Pixabay

Europa stürzt sich allen voran in die Wirtschaftskrise: erschreckende Inflation, nicht zuletzt bei Gütern des täglichen Gebrauchs, Rezession, Einbruch der Exporte, schwächelnder Euro, Energiekrise. Da kann man nichts machen. Daran ist ganz allein Vladimir Putin schuld.

Die Energiekrise bedeutet nicht nur, dass die Kosten explodieren. Ob überhaupt annähernd genug Energieträger zur Verfügung stehen, ist zweifelhaft. Sehr ernsthaft ist die Rede von einem "kalten Winter". Die Menschen sollen frieren. Stromausfälle drohen. Man bereitet sich auf Situationen vor, die bislang nur aus Drittweltländern bekannt sind. Da lacht Putin.

Höhere Moral

Soziale Verwerfungen scheinen unvermeidlich. Schon jetzt kommt der Unmut der Fleißigen und Geizigen auf: Langzeitarbeitslose bekommen die Warmmiete vom Amt. Noch. Es ist zu erwarten, dass die Kosten gedeckelt werden. Mehrkosten können aber unmöglich vom Bedarfssatz geleistet werden. Zahlungsausfälle, Sperren und bittere Armut sind zu erwarten. Soziale Unruhen in nie gekannter Weise drohen. Putin reibt sich die Hände.

Das ausbleibende Gas gefährdet die Chemieindustrie in Deutschland. Produkte, Exporte, Arbeitsplätze schwinden. Man kann das russische Gas nicht ersetzen. Das wussten wir nicht. Auch das russische Öl hat eine besondere Qualität, die man nicht durch anderes ersetzen kann. Schwedt ist pleite. Das ist halt der Preis der Freiheit.

Düngemittel aus und über Weißrussland, Weizen und Getreide aus Russland haben bislang die Welt ernährt. Wer hätte das wissen können? Die Ermutigung zum Krieg statt zu Verhandlungen führen zur Verminung von Häfen, die Getreideexporte auch aus der Ukraine extrem erschwert. So geht Putins Hungerkrieg.

Nicht beirren lassen

Geschäfte mit dem Mörder von Riad, Kotau vor dem Sklavenemir von Katar, Abhängigkeit von fanatischen Islamisten. Was soll man machen? Putin hat es so gewollt. Umstieg auf LNG-Gas: Nicht nur eine Kostenexplosion. Die neue Konkurrenz um das schlechtere, weil erst verflüssigte und aufwendig transportierte Gas führt zum Hauen und Stechen. Eines der ersten Opfer: Bangladesch, eines der ärmsten Länder der Erde, hält nicht mehr mit. Danke, Putin!

Die Sanktionen sind alternativlos. Putin muss bestraft werden, alles andere ist Unmoral. Man macht keine Geschäfte mit Russen mehr. Sie hassen unsere Freiheit. Wir brauchen jetzt keine Kriegsmüdigkeit oder Defätismus, wir brauchen Heldenmut und Stehvermögen. Koste es, was es wolle.

 
Russland hat eine verdammt große Kampfkraft, viel mehr als die Ukrainer. Und die Ukrainer haben keine Chance, die Russen jemals zu zerstören oder zu besiegen. (…) Die Ukrainer werden niemals genug Kampfkraft haben, um die Russen aus der Ukraine zu vertreiben.

Stephen Twitty, Putinist

Original: "Russia has a hell of a lot of combat power, much more than the Ukrainians. And there is no way the Ukrainians will ever destroy or defeat the Russians. And I will say more, the Ukrainians will never have enough combat power to drive the Russians out of Ukraine."

Die Lieferung von Waffen an die Ukraine ist Beihilfe zum Massenmord.

 
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Kapitalistische Wirtschaft ist seit ihrem Aufkommen ständig im Krieg. Es ging immer um Herrschaft, Hegemonie, die Sicherung der Interessen der Starken gegen die Schwachen. Kolonialisierung, Abhängigkeit, Ausbeutung – Globalisierung der Herrschaftsverhältnisse. Dabei sind sogenannte Kriege stets der militärische Teil des Wirtschaftskriegs.

Um diesen einzudämmen – nicht zuletzt, um die Sicherheit der Profiteure zu erhöhen – gab es eine Phase, in der internationales Recht durch ein dichtes Geflecht von Handelsbeziehungen die militärischen Phasen eindämmen konnte, vor allem der großen Nationalkapitale gegeneinander. Dies wird derzeit von Seiten der USA und ihrer Gefolgschaft zerstört.

Das Recht der Anderen

Eine chinesische Quelle zu ihrer Sicht auf die NATO:
"NATO was never meant to be a so-called regional security organization, but rather an aggressive military bloc and political instrument set up in Europe to help maintain US global hegemony."

(Die NATO sollte nie eine sogenannte regionale Sicherheitsorganisation sein, sondern vielmehr ein aggressiver Militärblock und politisches Instrument zur Aufrechterhaltung der amerikanischen Vorherrschaft.)

Dieselbe Quelle äußerst sich zu Sanktionen, Meta-Sanktionen quasi, weil sich Firmen aus China nicht dem Sanktionsdiktat des Westens anschließen. Es ist ein indirekter Hinweis auf die schon selbstverständliche Arroganz der USA, die von den NATO-Partnern unkritisch geteilt wird:

"The US' unilateral sanctions and long-arm jurisdiction have neither the basis of international law nor the authorization of the UN Security Council. They are completely illegal."

(Die unilateralen Sanktionen und weitreichende Jurisdiktion der USA stehen weder auf der Basis internationalen Rechts noch der Autorisierung des UN-Sicherheitsrats. Sie sind völlig illegal.)

Legal, illegal …

Die 'Sanktionen' sind illegal nach dem Verständnis des Nicht-Wertewestens. Sie sind, wie hier schon oft gesagt, Aggressionen in einem Wirtschaftskrieg. Ständig fabulieren die Westler etwas von "Rechten" und meinen dabei stets ihre Interessen, ihre Forderungen und dass der Rest der Welt sich dem gefälligst zu beugen hat. Es sind die 'Rechte' eines Potentaten.

Es führt hier zu nichts, die Quelle abzuwerten, weil sie ja nicht unabhängig sei von einem schlimmen diktatorischen Regime. Diese Ansicht wird in weiten Teilen der Welt geteilt, und wer die Konsequenzen absehen will, sollte sich anschauen, wie sich gerade die "BRICS" erweitern. Schon jetzt vertreten sie die Mehrheit der Weltbevölkerung.

Wirtschaftlich übertreffen sie das Potenzial des Westens bei Weitem und militärisch ist der einzige Vorsprung der USA ihre Flotte von Angriffsschiffen, vor allem Flugzeugträger. Das Imperium geht unter und es bildet sich etwas Neues. Die hiesige Arroganz, den Rest der Welt auszuschließen, ist so schlau wie eben jemand, der sich selbst isoliert, um alle anderen damit zu bestrafen.

So wie der Westen dabei gerade die Vertragssicherheit zerstört, indem er einfach Vermögen konfisziert, seinerseits Verträge nicht einhält, aber darauf besteht, dass die anderen pünktlich liefern, sah sich Russland ja schon dazu genötigt festzustellen, dass Verträge nichts mehr wert sind. Wenn das Schule macht und ggf. demnächst westliche Patente ignoriert werden (z.B. als Sanktion gegen den Westen oder zur Pandemiebekämpfung), was hat der Wertewesten dann noch? Ja richtig, Flugzeugträger.

 
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Bundesarchiv, Bild 183-1988-0318-312 / Häßler, Ulrich / CC-BY-SA 3.0

Große Worte. Pathos. Sätze, die glashart einteilen in Für, Wider, Freund und Feind. Totale Abwertung der Feinde – vor allem der im eigenen Land. Faschismus braucht Krieg, weil sein Vater, der Kapitalismus in seiner Endkrise, nicht mehr zu retten ist. Krieg braucht Mord und Mord braucht unwertes Leben. Die faschistische Propaganda bereitet den Boden dafür.

Während die Nazis offen von Untermenschen und Vernichtung sprachen, ist die durch Orwell und professionelle PR geprägte Variante auf Double Binds angewiesen – auf Botschaften, die in sich paradox, widersprüchlich oder absurd sind. Krieg für Frieden, Folter für Menschenrechte, Diskriminierung für Gerechtigkeit. Am Ende fällt aber auch hier zwangsläufig die Maske, dann ist die Rede von "Defätisten und Kriegsmüden" (FAZ), "Lumpenpazifisten" und "Drückebergern" (Spiegel).

Der totale Krieg ist längst ausgerufen, diesmal im Gewand der 'Hilfe': "Die Ukraine muss gewinnen" ist die Losung des Kampfes bis zum letzten Ukrainer, die NATO spricht von einem "Krieg, der Jahre dauern kann" und hofft, dass es so kommt, denn nur so kann der Konkurrent Russland maximal geschädigt werden, Ziel: dessen "Ruin". Die Strategie, Russland von Resteuropa zu spalten, entfaltet ihre volle Wucht.

Die dunkle Bedrohung

Da stellt sich ein Kanzler hin und spricht von "Zeitenwende". Ein großes düsteres Wort, das meint: Schluss mit Pazifismus, mit Diplomatie, Verhandlungen, Entspannung. "Zeitenwende", so will es die Giffey, bedeutet auch Wiedereinführung der Wehrpflicht aka "Dienst für die Allgemeinheit". Wehrbereitschaft. Die Welt braucht wieder Kanonenfutter. Des Kanzlers Rede dazu ein Orwellscher Wahn mit Anleihen an klassische Propaganda.

Der Angriffskrieg entstand "aus einem einzigen Grund: Die Freiheit der Ukrainerinnen und Ukrainer stellt sein eigenes Unterdrückungsregime infrage." Ein einziger Grund sei diskutabel. Der besteht aus einer Unterstellung und der Dämonisierung eines Einzelnen. Das ist nicht mehr infantil, das ist schlicht schwachsinnig. Niemand aber soll auch nur die Geschichte der letzten acht Jahre betrachten. Es ist ein Urteil gefällt, die Schuld zugewiesen und jedes Hinterfragen Verrat.

Die Geschichtsklitterung geht auf dieser Basis weiter: "Mit dem Überfall auf die Ukraine will Putin nicht nur ein unabhängiges Land von der Weltkarte tilgen. Er zertrümmert die europäische Sicherheitsordnung, wie sie seit der Schlussakte von Helsinki fast ein halbes Jahrhundert Bestand hatte."

Geschichte wird gemacht

Gut, dass sich niemand erinnert, was die beinhaltet, so wie keiner das Minsker Abkommen liest. Die Schlussakte von Helsinki erklärt die "Achtung der souveränen Gleichheit und Menschenrechte, Unverletzlichkeit der Grenzen, friedlichen Konfliktlösung und Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten." Am 24. März 1999 war es damit vorbei. Die NATO startete ihren Angriffskrieg auf Serbien und legte durch schiere Machtpolitik die Grenzen (Ex-)Jugoslawiens neu fest.

Geschenkt, dass der Diskurs auf Europa und seine weißen Menschen beschränkt wird. Außerhalb sind Mord, Folter, Bombenterror und Angriffskriege bekanntlich Standard. In der Schlussakte von Helsinki hatten sich die 35 Unterzeichnerstaaten übrigens auf eine gemeinsame Zusammenarbeit in Wirtschaft, Technik, Wissenschaft und Umweltfragen geeinigt, in dem Wissen, dass Kooperation und gegenseitige Abhängigkeit Frieden sichern. Deshalb waren den USA die großenteils willkürlichen 'Sanktionen' gegen Russland auch so wichtig, die erst den Boden für den neuen Krieg bereitet haben.

Fragt man nach den Voraussetzungen und Rahmenbedingungen, nach den Prozessen, die zur heutigen Lage geführt haben, wird deutlich, wie der militärische Teil des Wirtschaftskriegs sich mit höchster Wahrscheinlichkeit genau so entwickeln musste. Damit das gar nicht erst so weit kommt, muss das monokausale Narrativ vom Russenhitler mit allen Mitteln verteidigt werden. In der Folge beraubt man sich jedes Zugangs zur Wirklichkeit und marschiert auf Befehl der USA willig ins Verderben. Wenn sich nicht irgendwie doch noch ein rationaler Diskurs entwickelt.

 
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Die Sanktionen sind im Wirtschaftskrieg gegen Russland das Wichtigste, wie die Rand Corporation schon 2019 festgestellt hat. Der Kollateralnutzen für den Militärisch-Industriellen Komplex der NATO, alte Rüstungsgüter an der Front zu verschrotten und neue zu verkaufen, wird gern mitgenommen.

Die Kriegsbereitschaft hilft dabei der politischen Möblierung, dass angesichts der Alternativlosigkeit keine Fragen gestellt werden. Warum war und ist für Sozialhaushalte und Infrastruktur nicht genügend Geld da, warum gab es eine Schuldenbremse, es kann aber unbegrenzt Geld für den Kauf amerikanischer Rüstungsgüter gedruckt werden?

Ewiger Krieg

Der Hauptnutzen liegt im Weltwirtschaftskrieg aber nach wie vor in den 'Sanktionen', um dem Konkurrenten Russland so weit wie möglich zu schaden und eine Blaupause für den kommenden Krieg mit China zu schaffen. Dabei geht die Strategie bislang voll auf: Russland soll den Krieg unbedingt verlieren, kann aber nicht gestoppt werden. Die angebliche 'Hilfe' in Form von Rüstungsspenden an die Ukraine eskaliert den Krieg aber trotz russischer Fortschritte.

Durch die Eskalation mit immer schwereren Waffen ist Russland gezwungen, den Krieg doch in Richtung Westen auszubreiten, um Lieferungen an die Front – zuletzt Raketen mit einer Reichweite von über 80 Kilometern – zu verhindern. Dazu muss Infrastruktur in der Ukraine zerstört werden, die selbstverständlich auch zivil genutzt wird. Schon das wird zu weiterem Gebrüll im 'Westen' über das grausame Vorgehen der Russen führen.

Mehr Tote, mehr Gründe

Sollte die Situation weiter erfolgreich eskaliert werden können – unter anderem, indem westliche Scharfmacher sich Verhandlungen verbitten oder ernsthaft die Kapitulation Russlands verlangen – wird es zu weiteren, womöglich schweren Zerstörungen kommen, damit verbunden immer mehr zivile Opfer.

Dieses Kalkül schadet den Menschen in der Ukraine ungemein, es nützt aber den Wirtschaftskriegern des Westens ebenso, während die ausführenden Vasallen – der Komiker und seine Kumpane – sich um ihre Zukunft irgendwo anders ohnehin keine Sorgen machen müssen. Wer hätte das ahnen können, dass die Waffenlieferungen gar nicht den Menschen in der Ukraine helfen?

 
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Natürlich, das einfache Volk will keinen Krieg. Aber schließlich sind es die Führer eines Landes, die die Politik bestimmen, und es ist immer leicht, das Volk zum Mitmachen zu bringen, ob es sich nun um eine Demokratie, eine faschistische Diktatur, um ein Parlament oder eine kommunistische Diktatur handelt. Das ist ganz einfach. Man braucht nichts zu tun, als dem Volk zu sagen, es würde angegriffen, und den Pazifisten ihren Mangel an Patriotismus vorzuwerfen und zu behaupten, sie brächten das Land in Gefahr. Diese Methode funktioniert in jedem Land.

Hermann Göring 1946

 
 
"Russische Soldaten sollen auch Männer und Jungen vergewaltigt haben."

Ehemaliges deutsches Nachrichtenmagazin 2022
 
"Auf der anderen Seite steht ein substanzieller Teil der Friedensbewegung, die ich den deutschen Lumpen-Pazifismus nennen möchte."

ebenda
 

"Wir können auch einmal frieren für die Freiheit. Und wir können auch einmal ein paar Jahre ertragen, dass wir weniger an Lebensglück und Lebensfreude haben."

Joachim Gauck, Pfarrer und ehemaliger Bundespräsident

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‘We do not target civilians’, says Nato spokesman Jamie Shea. Yet it stretches credibility to describe all Nato attacks on civilians as ‘accidents’. The bombs that hit Nis marketplace on 3 May, for example, were cluster bombs designed to kill and maim people with shrapnel, although the stated target was an airport runway. Similarly, when Nato hit a bus on 1 May, killing 47 people, was it also an accident that Nato aircraft returned for a second strike, hitting an ambulance and injuring medical staff at the scene? It is certain at least that the attack on the television building in Belgrade was carried out in the full knowledge that civilians were inside. Nato’s definition of a ‘legitimate military target’ is flexible enough to include homes, schools and hospitals.

Übersetzung:

"Wir zielen nicht auf Zivilisten", sagt Nato-Sprecher Jamie Shea. Dennoch ist es unglaubwürdig, alle Nato-Angriffe auf Zivilisten als Unfälle zu bezeichnen. Die Bomben, die beispielsweise am 3. Mai den Marktplatz von Nisch trafen, waren Streubomben, die dazu bestimmt waren, Menschen mit Granatsplittern zu töten und zu verstümmeln, obwohl das erklärte Ziel die Landebahn eines Flughafens war. Als die Nato am 1. Mai einen Bus traf und dabei 47 Menschen tötete, war es ebenfalls ein Unfall, dass Nato-Flugzeuge für einen zweiten Angriff zurückkehrten, einen Krankenwagen trafen und Mediziner verletzten?
Sicher ist zumindest, dass der Angriff auf das Fernsehgebäude in Belgrad im vollen Wissen um die Anwesenheit von Zivilisten durchgeführt wurde. Die Nato-Definition eines "legitimen militärischen Ziels" ist flexibel genug, um Wohnhäuser, Schulen und Krankenhäuser einzuschließen.

Die Regeln der Kriegspropaganda nach Arthur Ponsonby:

1. Wir wollen den Krieg nicht.

2. Das feindliche Lager trägt die Verantwortung.

3. Der Führer des Gegners ist ein Teufel.

4. Wir kämpfen für eine gute Sache.

5. Der Feind kämpft mit unerlaubten Waffen.

6. Der Gegner begeht mit Absicht Grausamkeiten, wir nur versehentlich.

7. Unsere Verluste sind gering, die des Gegners enorm.

8. Künstler und Intellektuelle unterstützen unsere Sache.

9. Unsere Mission ist heilig.

10. Wer unsere Berichterstattung in Zweifel zieht, ist ein Verräter.

 
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Foto: Kathrin Möbius / Münchner Sicherheitskonferenz

Diese Russen beflaggen nicht nur das ganze Land mit dem Banner weißrussischer Kriegstreiber; sie zensurieren nicht bloß allgemein alles, was sie "Hassbotschaften" nennen, und durchsuchen private Wohnungen von 'Trollen', sie stellen inzwischen sogar die Benutzung einzelner Buchstaben unter Strafe. Brutal, diese Russen! HELFT DEN OPFERN DES DIKTATORS!

Versprecherfehler, bedauerlicher, bundeskanzlerischer: Nur Verschwörungstheoretiker nehmen wörtlich, was ein Scholzomat ausplaudert, wenn er ins Schwärmen gerät: "Über Monate hinweg" hätten sie die Sanktionen geplant, die atlantischen Menschenrechtler und ihre Freundesfreunde, um den schrecklichen Krieg zu beenden, der noch gar nicht begonnen hatte. Und wenn der Verschwörungstheoret einmal in Schwung ist, liest er womöglich noch Pläne des wichtigsten Think Tanks der weltweit obersten Demokratieverteidiger.

Nur mal so angedacht

Dieser hat 2019 einen Plan vorgelegt, dessen quasi penible Umsetzung derzeit abzuhaken ist. "Russland überstrapazieren und ins Ungleichgewicht bringen" ist das Ziel der Veranstaltung. Besonders delikat: Es ist dort die Rede von Sanktionen, möglichst "umfassend und multilateral". Warum, wofür oder wogegen, das ist offenbar egal. Es ist nicht die Rede von einem Anlass, sondern ausschließlich von der erwünschten Wirkung.

Einen feinen Kollateralnutzen wittert derweil Heil, Hubertus, nach dem Ausscheiden von Andy Scheuer die Speerspitze der Intellektuellen in der deutschen Politik:
Der Herr Arbeitsminister betont, in der Krise dürfe man "nicht Rente gegen Rüstung ausspielen". In dieser Reihenfolge. Das ist sicher auch so ein Sprechfehlerchen wie bei Scholzens, aber wir sind hier so, wir lesen wörtlich. Demnach soll niemand auf die Idee kommen, Rentenerhöhungen zu erwarten, die auch nur annähernd an die Spendierfreude der 100 Mias für die (amerikanische) Rüstungsindustrie herankommen. Wir wollen positiv bleiben:

"Die Menschen bräuchten als erstes Soforthilfe, aber auch eine Bleibeperspektive. Dafür müssen und werden wir einen Zugang zum Arbeitsmarkt schaffen". Pflege, Erziehung, Drecksjobs – da können wir jeden brauchen, der nicht unangenehm auffällt (dunkle Haare, Augen, Haut). Sollte der Krieg, was entsetzlich wäre, schnell zu Ende gehen, sollten wir sie keinesfalls einfach wieder gehen lassen.

p.s., Disclaimer, für Idioten: Wer aus diesem Text eine "Rechtfertigung" liest, soll sich bitte etwas unappetitlich Großes südlich einführen. säzzer

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