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Nicht zufällig ist identitäres Gedankengut eng mit Moral verflochten. Die Guten und die Bösen haben feste Rollen, die schwarze Lesbe ist heilig, der alte weiße Hetero per se ein Verbrecher – oder umgekehrt. Wenn sich dieser ideologische Stuss ins Strafrecht ergießt, so zeigt Thomas Fischer implizit auf, mündet das in faschistoide Willkür.

Es geht wie so oft um den pseudolinken Sexismus der protestantischen Mittelschicht. Die Sexsucht ist dieselbe wie zuvor bei der katholischen Variante: Wo früher alles Sexuelle aufgespürt und unterdrückt werden musste, wird heute wieder aufgespürt, vermessen, benannt und bewertet. Dabei soll alles früher Normale abgewertet und jetzt auch kriminalisiert werden.

Schmutzige Sünde

Es sei besonders sündig, verwerflich, schuldhaft, was mit Sexualität zu tun hat, sofern man es insgesamt als falsch, konkret: strafwürdig erkannt hat. Ganz gleich, ob es dabei überhaupt mit sexuellen Handlungen zu tun hat, geht es um Gedanken, Motive. Klar: Es geht darum, die Bösen (Männer, Heteros) härter zu bestrafen. Fischer weist zunächst auf eine wohl nicht bedachte Konsequenz hin:

"Die weitaus meisten Gewalttaten werden von Männern gegen Männer begangen und sind vielfach ebenfalls »geschlechtsspezifisch«."

Wie immer haben die Identitären keinen Schimmer von den Konsequenzen ihrer Ideologie. Sie meinen es gut mit den Guten, also schreiben sie es auf. Wie schon die Religiosität ihres Ansatzes ist auch ihr Verständnis vom Rechtsstaat bestenfalls mittelalterlich. Die Beurteilung der Tat wird von den handelnden Personen abhängig gemacht:

"Denn einerseits ist der Mensch als Opfer von Straftaten vor dem Gesetz nicht qualitativ unterschiedlich, je nachdem, ob einem seine Person passt oder nicht."

Fischer nennt die eingangs erwähnte Moralisierung des Strafrechts "Nebel-werfende Klientel- und Schaufenster-Gesetzgebung" und stellt fest: "Sie überträgt gesellschaftliche »Stimmung« und segmentarische Moralen ungefiltert in strafgesetzliche Regeln." Es handelt sich um Willkür, die schichtspezifische ideologische Moden ins Recht gießt, nach dem Motto: Die Rechtskultur interessiert uns nicht, wir bekämpfen das Böse.

Sexuelle Scharia

Worauf das hinausläuft, ist klar:
"Würde vorgeschlagen, die Strafgerichte sollten künftig »insbesondere staatskritische, antinationale und sonstige schädliche Beweggründe« beachten, würden wohl die meisten zu Recht meinen, das Ende des Rechtsstaats stehe bevor."

Ja, das würde dieselbe Klientel, die sich da bedient, mit größtem Furor ablehnen – weil sie nicht kapiert, dass die Axt, mit der sie im Recht herumfuhrwerkt, dieselbe ist. Sie haben absolut nichts mehr am Zettel mit Gleichheit. Für sie hat jeder Mensch einen speziellen Wert, der mithilfe ihrer Moral ermittelt wird. Dass man das auch mit anderen, ebenso willkürlichen Werten besetzen kann, kommt ihnen nicht in den Sinn.

Fischer lehnt das erwartungsgemäß ab und begründet süffisant:

"Schon um den Eindruck zu vermeiden, dass die Effekte symbolischer Klientelbedienung einem wichtiger seien als die Rationalität der Rechtsbegründung."

Die Wirklichkeit ist noch viel trüber, denn wie gesagt erkennt diese Charge weder eine symbolische Klientelbedienung, noch ist ihnen die Rationalität der Rechtsbegründung intellektuell zugänglich. Wo Moral die Handlungen bestimmt, ist Rationalität abgemeldet. Sie wird vollständig ersetzt durch Rationalisierungen, was zwar ähnlich klingt, aber das Gegenteil bedeutet.

 
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Es gibt gute und böse Angriffskriege und gute und böse Diktaturen. Gute Angriffskriege sind zum Beispiel die gegen Afghanistan, Irak, die Kurdengebiete, Jemen, Libyen und Jugoslawien. Gute Autokratien sind zum Beispiel die Türkei, Katar, Saudi-Arabien, Aserbaidschan und Ägypten. In der jüngsten Geschichte kommen noch dutzende, vor allem faschistische Diktaturen und Juntas, dazu (Südamerika, Afrika, Spanien, Griechenland).

Böse Angriffskriege aktuell: Ukraine. Böse Autokraten: Putin (legal gewählt, bestätigt und beliebt, aber dämonisch), Assad, Lukaschenko.

Was sind jetzt genau die Unterschiede? Wie lauten die Kriterien? Für Sanktionen gegen Russland reichte es aus, dass angeblich ein Giftanschlag auf einen Oppositionellen stattgefunden hatte. Im Falle Saudi-Arabiens, einer islamistischen Steinzeitautokratie, lässt man die Zerstückelung eines Journalisten unsanktioniert. Wie kann man angesichts solcher Fakten leugnen, dass 'Sanktionen' Teil des amerikanischen Wirtschaftskriegs sind, wie er strategisch ausdrücklich in den Planspielen der RAND-Corporation, Stratfor und anderer Think-Tanks entworfen wurde?

Ökonomie mit anderen Mitteln

Man muss das zunächst einmal zur Kenntnis nehmen, weil es auch nie anders war. Die USA haben seit ihrem Bestehen ein rücksichtsloses Kapitalregime geführt und ihr Militär stets im Interesse ihres Kapitals eingesetzt. Während ihre Armee noch die Wehrmacht bekämpfte, kooperierten deutsches und amerikanisches Kapital weiterhin äußerst fruchtbar.

Nach einer kurzen Irritation (Morgenthau-Plan) haben sie daran angeknüpft, wenn auch unter klarer Führung und Befehlsgewalt der USA. Die IG Farben, Weltkonzern und treuer Partner des amerikanischen Kapitals, wurde zwar zerschlagen, aber ihre Nachfolger blieben Partner und die BRD als Staat wurde der amerikanische Brückenkopf in Europa – wirtschaftlich wie militärisch.

Daraus konnte sich die BRD auch nach dem Anschluss der DDR nicht lösen. Vielmehr haben die USA sämtliche 'Bündnispartner' so in ihre Netzwerke eingebunden, dass die politischen Funktionseliten in Europa längst US-Interessen auch gegen die der eigenen Bevölkerungen durchsetzen.

Dazu bedarf es des inzwischen völlig maroden und unhaltbaren Narrativs einer 'Wertegemeinschaft' – mit Mördern, Potentaten und Kriegstreibern, sofern es eben nützliche sind. Irgendwie dient dann jede Schweinerei, von Krieg über Mord bis zur Folter, Freiheit und Menschenrechten.

Intellektuelle Implosion

Aktuell werden wir von einer Riege Abhängiger regiert, die dieses Narrativ in dümmstes Geplapper einbindet, mit dem offensichtlich hirnrissige Entscheidungen begründet werden. Da ist der Bösewicht, der Freiheit hasst und deshalb Länder überfällt. Mit dem darf man nichts mehr zu tun haben, aber er muss gefälligst seine Zusagen einhalten. Das ist kein Narrativ mehr, das sind blanke Wahnideen.

Das Einzige, das bleibt, ist die Verachtung für alle, die es innerhalb der Hierarchien des Endzeitkapitalismus nicht in den sicheren Hafen geschafft haben. Heizung runterdrehen, am Brot sparen, unters Existenzminimum gejocht werden. Diese Gesellschaft ist unrettbar zerstört.

Die Konditionierung, in sogenannten "Wahlen" noch die eigene Unterdrückung als Demokratie zu legitimieren, funktioniert auch nicht mehr wirklich. Wir müssen jetzt gut aufpassen, dass wir die Aufrührer unschädlich machen, die im Sinne Putins und anderer dunkler Mächte die Situation ausnutzen und Chaos stiften wollen.

 
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Vor vielen Jahren schlug ich einmal vor, die Erbschaftssteuer auf 100% zu erhöhen. Man könne ja schöne hohe Freibeträge lassen, die für ein Leben reichen, damit die faulen Säcke, die von ihrer Erbschaft leben, weiterhin leistungslos herumlungern können. Aber selbst das ist im Kapitalismus natürlich schon Linksextremismus, der eingeknastet gehört.

Stattdessen hört man sogar seit Jahren nichts mehr von einer Vermögenssteuer. Die Propaganda der INSM und ihrer Repeater hat ja beschlossen und verkündet, dass sich das nicht lohnt – bei obszön wachsenden Vermögen in obszönen Höhen. Außerdem wäre das Doppelbesteuerung wie bei sonst nur den Renten. Geht gar nicht. Ja, und auch diese Kapitalertrags- oder Aktiensteuern, da darf man nicht so brutal sein und das belasten wie mittlere Einkommen. Dann scheut nämlich das Reh und weint aus großen dunklen Augen.

Das arme Tierchen

Die Sozialdemokratie, die längst die Optimierung ihrer eigenen Lebenslüge darstellt, schützt das Kapital vor solchen Anschlägen. So wie die Grünen es vor Umweltstandards und Lumpenpazifisten schützen, die FDP vor Sinn und Verstand und die CDU vor der Aufklärung (Der Leib Christi!). Ich wäre gern ein Kapital in Deutschland. Am liebsten im Schlafsaal bei der SPD.

Das, was derweil noch irgendwie politisch provokant auftritt, ist aus derselben Mittelschicht wie alle anderen Funktionsmöbel und nervt die Alten (Ü30) und Uralten (Ü31) mit identitärem Dung. Jesus war eine Fummeltranse und der Wert des Menschen bemisst sich neben seinen sexuellen Irritationen an seiner Hautfarbe. Religiöser Sexismus statt Politischer Ökonomie – friss das, SDS!

Wie gut, dass wir jetzt diesen Krieg haben. Da kann jeder auf der richtigen Seite (gegen den Bolschewiken) stehen, und die Flüchtlinge sind endlich mal weiß und gut genährt. Wir, die Guten aus NATO und EU, werden zwar selbst immer ärmer, aber das heißt ja nicht, dass wir Minderrassische einladen. Wir sparen und frieren jetzt für den Sieg, beschweren uns nicht und bleiben unter uns. Friss das, Jugend: Die Richtung im Rassismus bestimmt immer noch, wer die Kapelle bezahlt.

 
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"Jana aus Kassel haben sie wenigstens von der Bühne gejagt."
(Unbekannte Philosophin)

Was wir da als Außenministerin haben, ist das Übelste, das man sich ausdenken kann. Seit George W. Bush und seinen Brüllaffen wie John Bolton ist Diplomatie schwer auf dem Rückmarsch, aber man konnte immer noch tiefer schießen. Jetzt nicht mehr.

Fangen wir aber in den Zeiten an, in denen sie noch die eifernde Karrieristin im Parteiamt war. Sie verbreitete stets den Eindruck eines Mädchens, das auf die Bühne hüpft, es völlig vergeigt, mit dem tosenden Applaus der Elternschaft bedacht wird und sich fortan für eine ganz große Nummer hält. Wer das für übertrieben hält, wurde längst korrigiert.

In Anwesenheit ihres Kollegen Habeck packte sie die unvergessenen Worte aus:
"Vom Hause her kommt er Hühner, Schweine, weiß nicht – was haste? Kühe melken. Ich komm eher aussem Völkerrecht."

Eifer und Narzissmus

Über ihr merkwürdiges Studium gibt es reichlich Kommentare, ebenso über ihr zusammenkopiertes 'Buch'. Habeck ist promovierter Literaturwissenschaftler. Außerdem ein Kollege und Konkurrent. Ich Chef, du nix wäre da noch freundlicher gewesen. Baerbock ersetzt Souveränität durch Narzissmus und mangelnden Intellekt durch Eifer. Von Fingerspitzengefühl wollen wir gar nicht erst anfangen.

Als Syrien bombardiert wurde, konnte sie noch in Deeskalation machen und meinte:
"Das Ziel darf niemals Vergeltung sein. Das Ziel muss sein, Menschen zu retten und Frieden zu stiften."
Ihre Bereitschaft, Sprüche aufzusagen, ist eine Kernkompetenz. Deren Bedeutung ist ihr egal, es geht immer nur um den Effekt. Daher nimmt es nicht wunder, dass sie zum Ukraine-Konflikt im Stakkato das Gegenteil trompetet:

"Sie [Die Russen] wollen den Frieden in der Ukraine zerstören. Deswegen darf die Ukraine auf keinen Fall verlieren – das heißt: Die Ukraine muss gewinnen."

Bis zum bitteren Ende

Dies sagt sie zu einem seit acht Jahren tobenden Krieg. Dies sagt sie angesichts der sprichwörtlich hoffnungslosen Unterlegenheit der ukrainischen Armee. Diese muss gewinnen – was nichts anderes heißt als Kampf bis zur Vernichtung. Weiter im Text:

"Es ist wichtig, sich immer wieder zu vergegenwärtigen, dass das nicht nur Fernsehbilder sind, sondern, dass das in einer Distanz von uns passiert, wo wir sonst in den Urlaub fahren würden."
Und zu den Opfern:
"Das jüngste war erst wenige Wochen alt."

Die oberste Diplomatin (ja, das wäre ihre Aufgabe) malt Bilder. Kein Urlaub in der Ukraine mehr, weil dort Krieg ist. Getötete Säuglinge. Wer sagt da: "Brutkästen"? Doch, es sind exakt Fernsehbilder. Nichts davon ist aufgeklärt bis auf das, was sich nicht leugnen lässt: Es ist Krieg. Der sieht so aus, egal, wer gerade wen ermordet. Und der muss jetzt gewonnen werden.

"Butscha hat deutlich gemacht, dass wir um jeden Menschen dort kämpfen müssen, um jede Stadt dort kämpfen müssen."

Bis zum letzten Blutstropfen. Nehmen wir an, es sei so, wie die Westpropaganda es darstellt: Russen schlachten Zivilisten ab, wo immer sie kämpfen. Und deshalb sucht man also keinen Frieden am Verhandlungstisch, sondern kämpft bis zum Endsieg? Was folgt denn daraus? Wie so oft steht hier moralisches Lamentieren der Logik diametral entgegen.

Bodenlos

Noch ein letztes Zitat; es gäbe dutzende, aber dieses zeigt recht anschaulich, wie inkompetent sie für dieses Amt ist:
"Wir wurden eiskalt belogen. Der Kanzler wurde belogen, ich vom russischen Außenminister, die gesamte internationale Gemeinschaft."

Nehmen wir wiederum an, das sei inhaltlich korrekt. Im politischen Diskurs wird gemeinhin selbst angesichts der unverschämtesten Lügen von "Unwahrheit" gesprochen. Gegenüber dem Kollegen im höchsten diplomatischen Amt, der Regierung des größten Staates der Erde aber lässt sie alle Würde fahren. Was folgt daraus? Wer nimmt sie noch ernst? Es mag ihr ja egal sein, dass Lawrow sie verachtet, aber was glaubt sie, wie der Rest der Welt über sie und das Land, das sie vertritt, denkt?

Doch wiederum erfolgt Applaus, diesmal von deutschen Medien, die in ihrer Kumpanei keinen Ekel mehr kennen und diesen Totalausfall ernsthaft noch bejubeln. Es geht ja nur mehr ums Durchhalten und die gleichnamigen Parolen, da stellt der gute Deutsche die Führung nicht infrage. Der neutrale Beobachter kommt derweil nicht umhin, sich Guido Westerwelle zurück zu wünschen. So tief ist der Fall.

 
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Ich habe nichts gegen die Cheyenne oder die Shoshone. Ich habe nicht einmal etwas gegen Joe Doe. Was ich zutiefst ablehne, ist hingegen der Staat U.S.A., seine kapitalistische Verrohung, die von ihm ausgehende Korruption, die Rücksichtslosigkeit seiner Außenpolitik, seinen Bellizismus, seine Propaganda, sein aufreizendes Ausnützen der Menschenrechte als Vehikel, seine perfide Art zu foltern, seine Morde, seine Massenmorde, sein reaktionär machistisches Verhältnis zu Gewalt, seine Frauenverachtung, seine Grundverlogenheit und vieles mehr.

Der Staat, der nur mehr von Multimillionären politisch repräsentiert wird, hat eine vorsintflutliche Einstellung nicht nur zu internationaler Politik, sondern auch und vor allem zur Diplomatie, die er vollständig durch Gebrüll, infantile Lügen und permanente Gewaltdrohungen ersetzt hat. Seine Vasallenstaaten – hier vor allem der Nachfolger Nazideutschlands – sind durch und durch von einem Netz an Günstlingen durchzogen, durch Jahrzehnte perfide eingesetztes Kompromat gefiltert und werden von Dutzenden Clubs für jede politische Frage beherrscht, die wiederum eng mit Medien und ihren Eigentümern verknüpft sind.

Kurzfassung

Das Ergebnis sehen wir immer dann, wenn es darauf ankommt: Zunächst werden produzierte Medienereignisse lanciert (Brutkastenlüge, Massaker von Rugova, WDM im Irak, Giftgas in Syrien), dann die öffentliche Empörung darüber organisiert und dann militärisch gehandelt, wobei gern selbstverständlich gezielte (Massen)Morde, Folter und Zerstörung ganzer Staaten im Namen der Menschenrechte zur Anwendung kommen.

Innenpolitisch sind die USA der verkommenste Staat der Welt, der die Mehrheit seiner Bürger in Armut und Ausbeutung hält, sie flächendeckend bewaffnet hat und eine Ideologie pflegt, die es für eine der höchsten Prioritäten hält, dass Menschen dazu ausgerüstet sind, sich gegenseitig zu erschießen. Sie sind zudem der Staat mit dem am tiefsten verankerten und großenteils staatlich sanktionierten Rassismus.

Ich bin eigentlich noch lange nicht fertig, aber es macht mir keinen Spaß, hier Aufzählungen aufzuzählen, um diese Staat gewordene Geißel der Menschheit und ihres Planeten quasi tabellarisch zu beschreiben. Ich musste mich eben nur daran erinnern, wie ein Exblogger einmal schrub: "Ich liebe Amerika." Nun; ich nicht.

 
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Der Trend ist eindeutig: Nachdem der Kommunismus schon in den 70ern mit Stumpf und Stiel ausgerottet worden ist, hat es in den 2020ern den Rest linker Positionen abgeräumt. Wirtschaftsliberalismus und atlantischer Bellizismus haben den totalen Durchmarsch geschafft. Was sich heute noch "links" nennt, kann das nur wegen seiner kompletten Geschichtsvergessenheit. Wer linke Politik will, bleibt den Wahlen fern.

Pazifismus und Internationalismus, die Vorstellung einer allgemeinen Solidarität, der zufolge Arbeiter nicht auf Arbeiter schießen, ist von der politischen Bühne verbannt. Ausgerechnet ein überaktiver Teil der verwöhnten Mittelschichtsjugend hat das ehemals pazifistische und sozialistische Milieu zersetzt. Wo einmal antikapitalistische Solidarität gefeiert wurde, herrscht nunmehr Klassismus im Gewand eines "Anti", das im Kern selbst rassistisch und sexistisch ist.

Mittelschichtsterror

Einerseits versteigt sich die unreflektierte Sauce einer Pseudotheorie in die 'Kritik' einer "Meritokratie" – es soll niemand für seine Leistungen befördert werden – andererseits unterstützt die darunterliegende Religiotie die Ideologie des Leistungsträgertums, das eben nichts mit Leistung zu tun hat, sondern für Eigentum steht. Die Hierarchien der Parteien sind die perfekten Filter, um nur kapitalfreundliche Halbgescheite vorankommen zu lassen. Wer abweicht, wird niedergeschrieben und niedergeschrien.

Die Mehrheit der Bevölkerung ist nach wie vor gegen jeden Krieg, gegen jede Beteiligung und gegen Aufrüstung. Die letzten Jahrzehnte, vor allem der Angriffskrieg in Afghanistan, haben gezeigt, dass die politische Elite mit dem Gegenteil durchkommt. Die deutsche Kriegspolitik wird in D.C. bestimmt. Das ausführende Personal bestimmen die Atlantiker. Sozialpolitik wird vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall (INSM) entworfen, von Verlagseigentümern propagiert und dann exekutiert. Wer sich dagegenstellt, wird medial bis aufs Blut bekämpft.

Dennoch sind die Meisten nicht überzeugt. Während CDU und FDP noch echte Klientelpolitik machen wie eh und je, machen die ehedem Linken Klientelpolitik für CDU- und FDP-Anhänger. Die SPD mit Aktentasche, die Grünen schön bunt. Die sogenannte Partei "die Linke" hat sich zwischen faulen Ostwurzeln, Gendergeschwafel und Restradikalismus selbst zerlegt. Zudem haben reflektierte Linke längst erkannt, dass der korrupte Parlamentarismus kein Terrain für sie ist.

Syntax Error

Das Ergebnis sehen wir: Immer weniger Menschen gehen zur Wahl; es ist vollkommen egal, wer gewählt wird, die Inhalte sind festgelegt. Eine grundlegende Kritik der Zustände findet selbst in 'alternativen' Medien kaum statt, weil die Analysen grundfalsch sind. Obwohl sie einen anbrüllt, verbieten sie sich die Erkenntnis, dass die parlamentarische Demokratie systemisch bedingt im Würgegriff des Kapitals keine Alternativen zulässt. Da ist nichts zu reformieren.

Allein die Möglichkeit, abweichende Ansichten zu äußern, so dass sie gehört werden, ist schon beschränkt und wird durch waschechte Zensur ("Netzsperren") inzwischen auf Diktaturniveau unterdrückt. Selbst wenn es um Leben und Tod geht, hat allein die politische Aristokratie das Wort. Inzwischen verweigern sich die Massen, dem noch zuzustimmen. Was ist der nächste Schritt?

 
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Es klingt ein bisschen platt, mit Charaktermasken ohne Charakter einzusteigen, aber die Diskrepanz zwischen dem Personenkult im politischen Betrieb und der Qualität der Besetzung legt es nahe: Wir haben es mit leeren Gefäßen zu tun, die hohle Phrasen absondern und nicht einmal mehr versuchen, ihre roboterhaften Entscheidungen zu vermitteln.

Sie kriechen seit Jahrzehnten aus denselben Faselfabriken, den "Young Leaders"-Programmen von WWF bis Atlantikbrücke e.V. und ihren Altherrenklubs, den Netzwerken der Neoliberalen und ihrer transatlantischen Verfilzung; sie sind Politiker, Vermögende, Ökonomendarsteller und Journalisten, die sich früh kennenlernen und ein dichtes Netz aus Kumpanei bilden. Willfährige Adabeis.

Netzwerke

Es kann sich jeder selbst auf den Weg machen und sich anschauen, wer sie sind und wie sie aufsteigen – oder auch abstiegen, wenn sie den Pfad verließen. Der Eine war "gefährlichster Mann Europas", die Andere vielleicht nur nicht distanziert genug von irgendwas. Prototypisch vielleicht die Karriere von Cem Özdemir, der erst einer Banalität wie der Bonusmeilenaffäre zum Opfer fiel, um später als glühender Atlantiker zurückzukehren.

Es ist noch immer nicht so, dass sie alle Befehle von der zentralen Weltregierung bekommen, aber die Strukturen sind so poliert und geölt, dass sich die Einheitsfront geschmeidig formiert, wenn der Große Bruder sie ruft. Die Peergroup verlangt Einigkeit; wer nicht dabei ist, ist dagegen und fliegt raus. Wer am lautesten brüllt, was alle brüllen, wird zum Vorbild verklärt. Ausgerechnet eine Stulle wie Anjantanja Borbeck wird zur großen Außenpolitikerin hochgejazzt.

Wirklich? Was hat sie denn so Großartiges geleistet? Welche diplomatischen Erfolge hat sie vorzuweisen? Ach so, die Schmierfinken haben in ihrem Bücklingsgehorsam schon völlig verdrängt, dass das Anjas Job gewesen wäre. Kriege verhindern, nicht anfachen. Gewalt vermeiden, nicht verlängern.

Ende der Politik

Oder was sind ihre Fähigkeiten, wenn es darum geht, eine politische Lage zu analysieren? Die Verflechtungen von ausgeübter Macht mit ökonomischen Zwängen, Strategien, Interessen und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten und Hemmnisse? Wann hat sie das wem wie erklärt? Ach, gar nicht? Nie? Kein Stück? Aber chic unterm Eiffelturm posen, das findet die Generation Insta geil. Wiederwählen!

Ich habe neulich ein Lob erfahren für mein "politisches Blog" (thnx, T.S.), was mich nachdenklich gestimmt hat. Ist das noch ein politisches Blog? Gibt es noch Politik da draußen? Es nagt der Zweifel ganz gewaltig an mir. Andererseits habe ich das hier schon lange als eine Art Trost empfunden. Irgendwie diese Zeiten aushalten, in denen Hoffnung wieder einmal die kleine feige Schwester der Angst ist.

 
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Das Narrativ vom bösen Russen, längst in der Verteufelung Putins personalisiert, wird inzwischen von kreischender Kriegspropaganda auf die Spitze getrieben. Was die publizistisch dominierenden Atlantiker im Kern kommunizieren, ist: Alles ist allein Putins Schuld. Der Krieg war unprovoziert, unprovoziert, unprovoziert, unprovoziert und vor allem unprovoziert.

An diesem Hebel hängt dann Deppengeschwätz wie das, eine unschuldige Ukraine hätte Russland weder gefährdet noch provoziert. Alles geschieht aus dem Willen eines Einzelnen heraus. Er hat die Macht, die Kraft und den dämonischen Willen. Wer diesem Kleinkindermärchen widerspricht, gilt damit im falschen, aber offiziell für wahr erklärten Umkehrschluss als Anhänger Putins, Versteher, Verharmloser, Lumpenpazifist. Mit Ihnen werden wir fertig!

Es wird mit allen Mitteln der Propaganda und Zensur verhindert, ausgerechnet angesichts eines Krieges, der zum Weltbrand zu eskalieren droht, auch nur zu differenzieren. Die Sicht einer Kriegspartei, vertreten durch den Feldherrn selbst und seinen in der Wolle gefärbten Nazi eines sogenannten 'Botschafters', wird ungefiltert mehrfach täglich publiziert. Die Sicht, ja, die Propaganda der Gegenseite wird mit eines Rechtsstaats unwürdigen Mitteln unterdrückt.

Geschichtslos bis zur Gegenwart

Es soll nicht einmal die allerjüngste Geschichte betrachtet werden dürfen. Es herrscht der Zwang zu einer monokausalen Weltsicht im Rahmen jenes naiven Humanismus, der eben den Willen von Menschen an die Stelle des göttlichen gesetzt hat. Sein Wille geschehe.

Die Wirklichkeit wird nicht etwa von Kräfteverhältnissen, Ökonomie und Kapitalinteressen geprägt, die wiederum Gesetzen folgen, sondern spiegelt den Willen der Menschen und ihrer demokratischen Vertreter wider. Auf der anderen Seite eben den des dämonischen Diktators. So einfach muss es sein. Wer dem widerspricht, dem wird mit lautem Gebrüll unterstellt, er habe dieselbe primitive Weltsicht, nur andersherum. Er sei ein Jünger des Dämons.

Unprovoziert, ja? Das könnt ihr nicht jemandem erzählen, der die Vorgeschichte erlebt hat. Ich habe mich 2004 sehr gewundert, dass Russland nicht ins Baltikum einmarschiert ist oder zumindest damit gedroht hat. Das war bereits der Anfang einer ungeheuren Provokation durch die NATO, ihres Zeichens bekannt für Angriffskriege und ein aufreizendes Schulterzucken, wenn es ums Völkerrecht geht – um nur ein Detail zu nennen.

Heilige Pflicht

Die "Ukraine"? Was ist das? Ein heiliges Land, in dem "besonnene Helden" wachsen, die sich gegen "das Böse" wehren? Schon die orange Revolution unter der erfreulich korrupten Julija Tymoschenko war eine Provokation von EU und CIA. Die Spitze brutaler Einflussnahme dann der von Faschisten angeführte und einem Milliardär finanzierte Putsch gegen den russlandfreundlichen Janukowytsch. Die Folgen: Acht Jahre Krieg Kiew gegen Ostukraine.

Ein Land, in dem sich die Oligarchen gegenseitig bedrohen. In dem einer einen Putsch finanziert und der nächste eine Truppe von Clowns über eine TV-Serie an die Regierung bringt. Der Oberclown erklärt uns derzeit jeden Tag den Krieg und warum wir ihm Waffen schicken müssen, damit die Russen immer mehr seiner Landsleute umbringen. Krieg ist geil, wenn man der Held im Fernsehen ist und Menschen wie Bauern auf einem Schachbrett opfern kann.

Wirtschaftsinteressen, anyone? Geostrategie? Rüstungsindustrie, deutsche Waffenexporte, Verklappen von Schrott, Aufrüstung und Konjunkturprogramm? Win-win-win-win? Übelster kapitalistischer Zynismus im Gewand einer fucking "Hilfe", und das alles funktioniert prächtig, weil ja der Eine da schuld ist? Na klar, wer da noch differenzieren will, ist Vaterlandsverräter. Auch wenn das gar nicht 'unser' Vaterland ist, aber immerhin 'unser' Feind. Das ist der Putin. Der ist schuld am Faschismus.

 
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Der Widerstand gegen den neoliberal geprägten Endzeitkapitalismus ist eine Querfront, er ist national und sozialistisch. Noch verlieren sogenannte "Populisten" die Wahlen, aber das wird nicht immer so sein.

Zu viele Menschen sind abgehängt, chancenlos und werden von angepassten Mittelschichtsideologen, die als Kapos im Interesse des Kapitals fungieren, noch gedemütigt. Sie seien faul, hätten es nicht besser verdient, hätten die falschen Meinungen. Ihr kultureller und lebensweltlicher Hintergrund sei falsch.

Bei den ganz einfachen Rechten kommt es so an, dass Schwule, bezahlte Schwätzer jeder Art, Ausländer und Weicheier ihnen vorgezogen werden. Minderheiten aller Art werden gehätschelt, während die normale Mehrheit unterdrückt wird. Sie sind in dieses Weltbild nicht integrierbar.

Nationaler Widerstand

Ergänzt wird diese potentielle Opposition durch einen Vulgärsozialismus, der sich ebenfalls an vermeintlichen Eliten abarbeitet, die alles für sich wollten und dafür ungerechte Steuergesetze erlassen und Verhältnisse einrichten, die allein ihnen dienen. Diese 'Linke' will 'wieder' soziale Gerechtigkeit, gerechte Steuern und echte Chancen für alle.

Eine Linke, die fundamentale Einsichten in ökonomische und damit politische Verhältnisse hat und deren Leitfaden eine umfassende Solidarität ist, gibt es nicht mehr. Die identitäre 'Linke' ist rassistisch, sexistisch und vollkommen blind für die systembedingte Unterdrückung der Massen. Was sich überhaupt noch mit ökonomischen Verhältnissen befasst, hat gar keine Analyse dafür zur Verfügung.

Man trifft sich also auf einem gemeinsamen Boden, wo es gegen die falschen Eliten geht. Vulgärsozialisten und Rechte betrachten sich gleichermaßen – berechtigt – als ausgebeutet und benachteiligt. Da sie von einem personalisierten Politikbild ausgehen und an Willensentscheidungen glauben, wenden sie sich nicht gegen das System, sondern gegen das Personal.

Die richtige Seite

Unterstützt wird diese Querfront durch ein Establishment, das jedes Maß verloren hat. Empörung, Lüge, Hysterie, sogar kriegssüchtige Untergangslust bestimmen den Ton; die Verschwörungstheorien der Mitte werden tumultartig gegen die der Ränder verteidigt. Nichts ist mehr verboten, sofern es als 'richtig' gilt; das Falsche ist auszumerzen, zunächst durch Verbote, Strafen und Netzsperren.

Dagegen hält eine sich allmählich formende Querfront, die sich im Kern aus Überdruss speist. Sie haben die Schnauze voll von der Willkür einer Ideologie, deren Urheber selbst nicht wissen, wie sie zu ihren Einstellungen kommen, dafür aber umso besser, dass sie Recht haben. Die Querfront wird noch einmal befeuert werden, wenn die taktische Zurückhaltung gegenüber der Rechten nicht mehr hält.

 
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Die Decke über dem Faschismus in Deutschland war nie sonderlich dick; wie auch, da der Staat von Nationalsozialisten gegründet und regiert wurde, in allen Behörden und Gerichten noch die Täter saßen und die Geheimdienste gleich mit dem übelsten Mörderabschaum besetzt wurden?

Es hatte sich ein wenig beruhigt zwischendurch, im Kalten Krieg an der Leine der Amerikaner entwickelte die Bevölkerung eine pazifistische Haltung, während die Nomenklatura Terrain und Volk bereitwillig dem Erstschlag gegen den Russen geopfert hätte. Ja, es gab auch die DDR. "Gab" wie in "Präteritum".

Die Fratze

Als die RAF in den 70ern begann, Funktionseliten zu ermorden, folgte das dem Plan, dem Staat "die Faschistische Fratze aus dem Gesicht zu meißeln". Die zu erwartende – und eingetretene – Überreaktion des Staates sollte zum Aufstand der Massen gegen ihre staatlichen Unterdrücker führen. Hat ja bekanntlich prima geklappt.

Stattdessen rottete sich vor Stammheim ein Mob zusammen, der gern eigenhändig die "Terroristen" gelyncht hätte. Das war ein gutes Indiz dafür, woher der Faschismus einst gekommen war, woher er wieder kommen würde und wo er überwinterte – bis ziemlich genau heute.

Nationalismus war in Deutschland pfui und etwas für die rechte Schmuddelecke. Krieg fanden sie auch scheiße. Nicht nur, dass Deutschland da immer verliert; das mit den Feuerstürmen hatte dann doch auch Wirkung gezeitigt. Und schließlich hat auch Vernunft nichts gegen Pazifismus einzuwenden. Das ging sogar so weit, dass gegen Kriege in Vietnam, Irak und anderswo Großdemonstrationen stattfanden.

Die Saat geht auf

Derzeit erleben wir, dass all das zu einem erheblichen Verdruss in entscheidenden Teilen der frustrierten Mittelschicht geführt hat. Die besorgt, nachdem sie den Russen wieder endgültig zum Freiwild degradiert hat in ihrem publizistischen Schmierentheater, derzeit einen projizierten Nationalismus samt Mord- und Untergangslust. Der entspricht genau dem Profil, das zwischen Dekadenz und Abstiegspanik im Spätkapitalismus den braunen Bodensatz definiert.

Endlich wieder alle hinter einer Fahne, auch wenn es nicht die eigene sein darf. Endlich wieder ein Feind im Krieg, endlich wieder Tod und Verwüstung – und das Ganze nicht einmal im eigenen Land. Noch gerade nah genug, um sich einzureden, man sei dabei, und jeder Schmierfink spielt den kleinen General, der lustvoll Leben opfert für die große Sache. Da ist sie ja, die Fratze. Der eifrige Faschist ist ein losgelassener Nützlicher Mittelschichtsidiot.

p.s.: Dass Fahnenflüchtige und Feindesfreunde unschädlich gemacht werden (Das Schwein trägt ein Z!), ist nur konsequent.

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