Januar 2024


 
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Quelle: Pixabay

Im Rahmen von Covid19 hat die Welt erfahren, dass es Langzeitfolgen von Viruserkrankungen gibt, insbesondere Chronische Erschöpfung. Aktuell läuft ein Ferkel durchs Dorf und quiekt, das habe womöglich mit den Mitochondrien zu tun, was aber keineswegs neu ist. Auch nicht neu ist, dass Covid19 nicht der einzige Erreger ist, der solche Folgen zeitigt. Das wiederum veranlasst mich zu einigen Bemerkungen über sogenannte "Faulheit".

Schon vor Jahren schrub ich Folgendes:
"Fleiß ist eine jener ‘Tugenden’, die in einer Sklavengesellschaft den Unfreien zugedacht ist. Wer sich selbst knechtet, mehr noch als die Herrschaft es verlangen würde, gilt als tugendhaft. Diese Grundmoral der Ausbeutung ist ein Herrschaftsinstrument, das darum den Herrschenden schlicht nützt. Seine Übernahme als Ideologie der “Arbeiter” selbst grenzt an Irrsinn. Der Arbeiter, der stolz ist auf seine Arbeitsleistung, ist ein Sklave, der seine Unterwerfung vollständig verinnerlicht hat."

Radfahrer

Dabei bleibt die Sklavenmoral bekanntlich nicht stehen. Wer nicht arbeitet, sich drückt, Müdigkeit vorschützt, ist ein fauler Sack, mithin im Grunde lebensunwert. Ist er obendrein arbeitslos und entzieht sich seiner Aktivierung®, ist er Abschaum. Nun sollte man doch spätestens angesichts der Erkenntnis, dass viele Menschen durch solche Ansätze nicht aktiviert werden können, sehr wohl aber gequält werden, vielleicht differenzieren? ME/CFS ist dabei wahrlich nicht das einzige Syndrom, das fröhlichem Fleiß im Weg ist, sondern u.a. Depression in diversen Formen und manchmal auch einfach der verdammte Biorhythmus.

Wer aber nicht bei drei die entsprechende Diagnose zückt (und dafür noch immer verachtet wird), wird unterschiedslos gestresst und gequält, was z.T. die Depressionen oder Suchtkrankheiten erst auslöst, die den Teufelskreis in Schwung bringen. Obendrein sind viele undiagnostizierte Burnout-Opfer dabei, die man für ihr vergangenes Engagement doppelt bestraft. Eine feine Gesellschaft ist das hier.

Wenn ich höre, wie vermeintlich Fleißige und Wohlverdiener auf die Aussortieren herabspucken und sich erhöhen mit ihrer selbstverdienten Unmündigkeit, möchte meine Faust gern in ihr Gesicht und wird womöglich nur dadurch gebremst, dass die andere auch will und die beiden sich nicht rechtzeitig einig werden. Ich mache dann also darauf aufmerksam, dass diese Ideologie nur einen Zweck hat: nämlich sie, die Wohlverdiener, immer unter Druck zu halten, bis man sie eventuell auch ausspuckt. Du hast zwei Möglichkeiten: Entweder du solidarisierst dich mit den Opfern oder du du fettest die Peitsche, die dich selbst antreibt. Das Spiel heißt "Klassenkampf".

 
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Ich lese jeden Tag zuerst tagesschau.de. Warum? Weil ich dort die jüngste Westpropaganda, atlantische Geopolitik, neoliberale Wirtschaftspläne und aktuelle Ereignisse erfahre. Warum Tagesschau? Weil ich dort nicht in Mittelschichtsmüll versinke wie gesunde Ernährung, gesundes Leben, Häuslebau und Hecke Schneiden. Ein paar Beispiele dafür von heute, aus drei Webauftritten großer Medienhäuser:

"Größte Fehler beim Joggen" "Kann man in 45 Minuten 1000 Kalorien verbrennen?". "Kraftzuwachs schon nach drei Sekunden", fehlt nur noch "Diese Übung für Rentner macht ihren Orthopäden sauer". Weiter geht es mit "83 Männer in 17 Jahren" (irgendwas mit Sex – soll mich das beeindrucken?) und "Saufen ist keine Rebellion". Ach was? Hätte ich das nur früher gewusst, ich hätte mir den Alkoholismus gespart. Nächste Woche erfahre ich, dass der Booze nicht mal gegen Burnout hilft.

Gesund und munter

Zum Thema "Flut" gibt es beim nächsten Kandidaten Tips zur Versicherung. Einfach gut versichert sein, dann ist der Klimawandel gar nicht mehr schlimm. Spocht auch hier, mit Zen gar: "Beim Tennis bin ich ganz im Hier und Jetzt". "Sechs Rezepte für Faule" folgen. Der 'faule' Mittelschichtler spart in der Freizeit an Kochzeit, da bleibt er fit fürs Roboten. Außerdem: was wir immer schon über Wärmepumpen, Fettleber und Muskellähmung wissen wollten. Nachrichten®, die man einfach kennen muss, wenn man mitreden will.

Eins noch, reicht dann: Immobilienstress bei der Scheidung, Aktien mit Rendite, KI in Las Vegas, "Bin ich gut genug im Bett?". Das ist dann die 'konservative' Variante. Allüberall geht es Tag für Tag um dasselbe: das wohlverdiente höhere Gehalt gut anlegen, sich körperlich stählen, dem Bösen (Müßiggang, ungesunder Genuss) abschwören und meinen, was alle meinen.

Das Ende vom Lied: Obwohl sie doch schon so geschickt ihre Werbekunden im sogenannten Inhalt bedienen (Versicherungen, Immobilienbranche, Autohersteller, Freizeitindustrie), reicht es nicht vorn und nicht hinten. Ein Vögelchen flüstert mir dann und wann, dass die Sorgen groß sind in den Verlagen und selbst bei den Werbekunden. Seriös wollen sie sein, relevant und attraktiv, aber kaum jemand zahlt noch für ihren hart erarbeiteten Content. Woran kann das nur liegen?

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