August 2023


 
xx

Todd und Geufel sitzen wie jeden Freitag mit den Kleinen am Ufer des Flusses und schauen Leichen beim Vorbeitreiben zu.

Geufel: Ich bin der Geist, der stets verneint.

Beelze: Konkrete Negation. Zuhören. Verstehen. Kritisieren.

Hades: Stimmt ja gar nicht!

(Sie gackern.)

Geufel: Und das mit Recht, denn alles, was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht.

Vladdy: Todd hat das ja so angelegt, dass es etwas mehr Materie als Antimaterie gab. Materie vernichtet Antimaterie, Antimaterie vernichtet Materie. Unentwegt. Unentwegt? Was ist denn das für ein Wort? Wo kommt das her? Wer hat mir das … ? Ich moniere das!

Lyllith: Das gibt es jetzt auch für Synapsen. Antisynapsen. Die kriegt man vom Bachelor.

Luzif: Den braucht man, wenn man bei der Bundeswehr Funker werden will. Aber so war das sicher nicht gemeint mit dem zugrunde Gehen. Ich hab seitdem immer Ohrwürmer.

Geufel: Drum besser wär’s, wenn nichts entstünde,

Lyllith: Yo, Nichts wäre da noch besser. Nichts macht nichts kaputt. Bachelor hat dem armen Luzif das Gehirn zerfickt. Und ich fürchte, dem armen Vladdy auch.

Geufel: So ist denn alles, was ihr Sünde, Verderben, kurz "das Böse" nennt, …

Hades: Genau. Moral. Wir sind die Guten. Die anderen sind die Bösen. Das Andere ist immer das Böse. Das, was nicht dazugehört.

Beelze: Das Nichtidentische. Das muss weg. Ausgemerzt. Wir sind das Antiandere. Die oder wir.

Geufel: … mein eigentliches Element.

Todd: Ich find’s toll. Wir hätten es vielleicht nicht an diesen Goethe verschwenden sollen, der hat das doch gar nicht kapiert: Der war doch noch nicht so weit.

Geufel: Ich mochte ihn.

Todd: Er war so ein Arschloch.

Geufel: Das mochte ich ja gerade an ihm. Oder glaubst du vielleicht, mir hätte seine Lyrik gefallen?

Todd: "Gedichte sind bemalte Fensterscheiben."

Beide: Uäääh!

Luzif:
Ich bin der Geist, der stets verneint
und nicht bloß jedes zweite Wochenende.

Denn was zerstört gehört, wird weichen,
ob leise oder über Leichen,
ob "gut" du oder "böse" heißt,
dein Anti in den Schlund dich reißt.

Ich bin’s und komme dich jetzt holen,
drum sprich getrost noch ein Gebet.
In mir bleibt keine Spur von dir.

Deine Singularität

Geufel: Hübsch. Wem schenken wir das jetzt?

Luzif: Ach, gib’s dem säzzer, der nimmt alles.

 
xx

Ich hatte jüngst eine Phantasie, wie der Seargent vor die Redaktion tritt und fragt: "Was seid ihr?" und die Angesprochene zurückbrüllt: "Der Durchschnitt des Durchschnitts des Durchschnitts, Sir!" Funktioniert genauso in einer Parlamentsfraktion oder einem mittleren Management.

Einen kleinen Schritt zur Seite: Neulich schrieb wer in einem Magazin, Chatbots verlören "den Verstand", wenn sie zunehmend mit Inhalten von Chatbots angelernt würden. Das ist in mehreren Aspekten unsinnig: Auch der beste Chatbot hat keinen Verstand. Large Language Models sind keine KI. Und schließlich: Er spricht quasi von informationeller Sebstkontraktion. Inzucht. Degeneration. Echokammer. Das gilt allgemein und nicht speziell für Chatbots.

Mia san mia

Eine Weile kann ein Wesen überleben, das sich von den eigenen Exkrementen ernährt, aber eben nur kurz. Wo immer im engsten Kreis herumgevögelt wird, leidet das Genom. Wer nur mit seinesgleichen kommuniziert, verblödet. Es bedarf erstens des Inputs von außen und zweitens einer Struktur allgemeiner Regeln, Kriterien und Prozesse, um Erfahrungen zu machen, zu lernen und nicht bloß Überkommenes ideologisch zu verwalten.

Was unsere inzüchtige Durchschnitts- und Mittelschichtsblase anbetrifft, so hat sie sich nachgerade eingemauert. Einen fatalen Beitrag dazu liefert die Ablösung evidenzbasierter Wissenschaft durch Ideologie. Medienschaffende studieren Fächer der Geschmacksrichtung 'Kannkeinmathe' und palavern dort auf der Basis moralischer Prämissen. Das ist dasselbe Niveau wie das des frühen Mittelalters, mithin das niedrigste, das die Kulturgeschichte kennt.

Um schlau zu wirken, müssen deshalb Referenzen her. Diese müssen nur benannt werden, nicht verstanden. Je mehr, desto besser, und am besten solche mit unzweifelhaftem Ruf – die Heiligen der Pseudowissenschaft.

Inhalt wird überbewertet

In der Öffentlichkeit muss man eh nur so tun als ob – wenn überhaupt. Otto Rehagel konnte Goethe ebenso souverän falsch zitieren wie Björn Engholm, um kurz zu illustrieren, worum es geht. Wo niemand etwas kann und keiner wirklich etwas weiß, fällt es nicht groß auf, und selbst wenn mal ein Einäugiger daherkommt und den Stuss korrigiert, gilt der sofort als Genie, das zu kennen man als Auszeichnung begreift.

Sogar der DJV hat übrigens bemerkt, dass die Medienlandschaft eine Blase der Mittelschicht ist. Der Deutschlandfunk erkennt gar ein Problem der Repräsentanz im Bundestag und in einem Buch der Otto Brenner Stiftung beklagt eine Autorin das "Verschwinden der Arbeiterklasse aus den Medien".

Selbst diese Sternstunden der Selbsterkenntnis finden sich aber eingerahmt von satirefähigen Kollateralaussagen. So hält der DJV sein Logo ernsthaft in den Farben der ukrainischen Flagge und die Autorin der Otto Brenner Stiftung beklagt in einer Fußnote, das "Arbeiterkind Gerhard Schröder" sei ein "Gazprom- und Putin-Lobbyist." Das völlig kontext- und sinnfreie Bekenntnis fällt ihr gar nicht auf. Auch diese Fische wissen nicht, was Wasser ist. Das gibt es nur, wo die anderen es verschmutzen.

 
Das große Nebenthema vieler Beiträge haben wir uns diesmal vorgenommen. Wer vertraut wem wann warum, ist das eigentlich schlau und was heißt das eigentlich? Ist es vielleicht etwas ganz anderes? Auch interessant: Wieso reden die zwei Tünnesse am Ende schon wieder von "Wissenschaft"?

Keine Ahnung.

Bitte hier entlang!

Viel Spaß!

« Vorherige Seite